Vernetzte Mobilität:Geld für Verrücktheiten

Verkehrsminister Andreas Scheuer stellt sich die Mobilität von morgen vor. Geld sei genügend da, um diese Ideen umzusetzen.

Von Max Hägler, Berlin

Der Aufruf ist einigermaßen ungewöhnlich für einen Politiker, zumal einen von der CSU: Nicht nur digitaler müsse Mobilität werden und elektrisch, sondern auch: "verrückter". Lufttaxis seien ja etwa gar nicht so fern, sagt Andreas Scheuer, auch wenn das eben verrückt klinge. Es wäre ja auch gut, wenn die vielen Autos in den Städten nicht nur mit einem Menschen besetzt wären. Und überhaupt: Mehr öffentlicher Personennahverkehr und nicht immer nur das Auto! Nun ist Scheuer mit seinem Dienst-BMW angereist zum Adlon, und zuhause hat er noch einen BMW aus dem Jahr 1987 stehen.

Aber der Ansatz ist dennoch neu in diesem Ministerium, das lange beinahe ein reines Autoministerium war - und der Umgang mit dem Thema ebenfalls: Als er ansetzt zu seinem Impulsreferat zum Thema Mobilität, da stürmen ein paar junge Leute die Bühne. Sie spannen ein Banner auf: "Wir kündigen den Generationenvertrag", steht darauf. Worum es genau geht, ist auf Anhieb nicht erkennen, aber Scheuer übergibt das Mikrofon, hört zu und antwortet hernach: Er würde sich wünschen, wenn niemand etwas kündigen würde, sondern wenn es heiße: "Mit uns zusammen Zukunft gestalten." Das ist schon ein Unterschied zu seinen Vorgängern: Ob Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt oder Christian Schmidt - alle waren zwar auch aus der CSU. Aber eine große Idee von dem Amt und eine große Diskussionsfreude hatte keiner der vorherigen so richtig. Da war meist große Stille und Tatenlosigkeit. Auch ein Grund übrigens, wieso in den deutschen Städten immer noch um saubere Luft gerungen wird - keiner hatte richtig Lust auf die Diskussion, die Scheuer "masochistisch" nennt. Er nun laviert auch zwischen den Wünschen der mächtigen deutschen Autoindustrie und den Wünschen der Bürger. Diesel-Nachrüstung sei höchst zweifelhaft, weil kaum umzusetzen, erklärte er über Monate. Um derlei jetzt einzufordern und einigermaßen konsterniert festzustellen, dass die Autohersteller ihm diesen Schwenk nicht so recht abnehmen. Immerhin ist der Dieselskandal - also die illegalen Manipulationen wie die formal legalen, aber allzu sportlichen Optimierungen - irgendwie auf dem Tapet. Mitunter zitiert der Minister Manager herbei, letzthin hielt er sogar eine veritable "Wutrede". Der messbare Erfolg lässt weiter auf sich warten, denn die Industrie macht kaum Zugeständnisse. Und dennoch scheint es, als nehme Scheuer das Amt zumindest halbwegs ernst. "Wir müssen die Sache in Ordnung bringen, sonst kommen wir nie in die Rolle, die spannende Zukunft zu gestalten", sagt er im Adlon. Und an den Adlon-Teilnehmer und früheren Finanzminister Hans Eichel (SPD) gewandt: Geld sei genügend da! Über neun Milliarden Euro stehen im aktuellen Haushalt für Baumaßnahmen bei Schnellstraßen bereit, über fünf Milliarden Euro für Investitionen in den Schienenverkehr. Geld für Asphalt und ein paar Verrücktheiten. Die Deutschen wären dafür übrigens aufgeschlossen. Acht von zehn Bürgern könnten sich vorstellen, irgendwann ihr eigenes Auto aufzugeben, wenn es intelligente Alternativen gäbe, sagt Felix Kuhnert vom Beratungsunternehmen PwC. Das passt zu der Veranstaltung: Mit dem Auto ist hier kaum jemand angereist.

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