"Vernachlässigtes Klientel":Österreichische Banken expandieren in Deutschland

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Österreichische Banken machen deutschen Instituten im süddeutschen Raum zunehmend Konkurrenz. Vor allem Mittelständler profitieren von der unkomplizierteren Vergabe von Krediten und der intensiven Beratung.

Von Wolfgang Simonitsch

Von den drei stärker in Bayern aktiven Banken aus Österreich ist die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich AG besonders engagiert. Die Linzer Genossenschaftsbank meldet regelmäßig neue Rekorde aus Bayern.

Der Almsee in Oberösterreich. Banken, die in dem Bundesland ansässig sind, operieren inzwischen zunehmend in Bayern. (Foto: Foto: ddp)

"Wir haben bereits 4000 bayerische Firmenkunden" sagt deren Vorstandsvorsitzender Ludwig Scharinger. Dazu kommen nach seinen Worten noch "1500 gehobene Privatkunden", eine Kundschaft, die er erst seit 2003 umwirbt. "Der Zulauf ist so hoch, dass wir uns die Kunden immer noch aussuchen können", erläutert Scharinger im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Zu einer Veranstaltung des österreichischen Instituts in Regensburg seien allein in der vergangenen Woche vierhundert Interessenten erschienen.

"Fehlverhalten" hierzulande

Die Hauptursache für den großen Zulauf deutscher Kunden sieht Scharinger im Fehlverhalten der Kreditinstitute hierzulande. Deutsche Banken würden sich immer weiter von ihrer mittelständischen Klientel entfernen, kritisiert er.

Wegen restriktiver Kreditvergaberegeln hätten sie inzwischen viele dieser Kunden verloren.Zugleich weist er in diesem Zusammenhang Vorwürfe zurück, sein Institut würde mit besonders günstigen Konditionen, etwa bei Krediten, Konkurrenten ins Abseits drängen.

Im ersten Halbjahr 2004 hat die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich ihr Betriebsergebnis um 16,3 Prozent auf 59,6 Millionen Euro gesteigert.

Geringe Zinsspanne

Die Zinsspanne - das ist der Abstand zwischen Zinssätzen für Spareinlagen und Krediten - fiel dabei mit 0,74 Prozentpunkten deutlich kleiner aus als der Durchschnitt österreichischer Banken mit 1,20 Prozentpunkten. Das Volumen der vergebenen Kredite erhöhte sich im ersten Halbjahr auf 13,1 Milliarden Euro.

Wie hoch das an bayerische Kunden vergebene Kreditvolumen ist, will Scharinger allerdings nicht näher beziffern - "wegen der Konkurrenz".

Die Linzer Genossenschaftsbank ist seit zwölf Jahren in Bayern tätig, wo sie mit 124 Mitarbeitern fünf Filialen in München, Nürnberg, Regensburg, Landshut und Passau betreibt.

"Das sollen die deutschen Banken machen"

Bayern sei wie Tschechien "der Zukunftsmarkt" der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich. Auf das Massengeschäft mit Privaten werde aber bewusst verzichtet. "Das sollen die deutschen Banken machen."

Das Erfolgsgeheimnis der Linzer Bank ist es laut Scharinger, "mit Kompetenz zu punkten". Die deutsche Konkurrenz habe hauptsächlich den Fehler gemacht, "Know-how zu zentralisieren", das heißt, aus Filialen abzuziehen.

Seine Bank lege hingegen großen Wert auf intensive Kundenbeziehungen. Auch der Vorstand sei sich dafür nicht zu schade. "Ich betreue selbst 250 Kunden", so Scharinger.

Neben der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich sind auch die Linzer Oberbank AG und der Salzburger Raiffeisenverband im Süden Deutschlands sehr aktiv.

Gemeinsam wehrt sich das österreichische Trio gegen Vorwürfe bayerischer Geldinstitute, sie seien im Vergleich zur österreichischen Konkurrenz benachteiligt.

Mehr Strenge

Nicht nur die Bayerische Landesbank ärgert sich über Vorschriften des deutschen Kreditwesengesetzes, die bei der Kreditvergabe mehr Strenge beim Einholen von Kundeninformationen verlangen. So fordert Paragraph 18 schon bei Krediten von mehr als 250.000 Euro eine Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers. In Österreich liegt diese Grenze bei 750.000 Euro.

Auch davon profitierten österreichische Institute bei Geschäften in Bayern, klagen deutsche Banken. "Ich sehe das überhaupt nicht", meint Scharinger dazu.

Die Raiffeisen Landesbank verlange präzise Informationen von Kunden "schon unterhalb des deutschen Wertes", ergänzt er. Auch Frank Helmkamp von der Linzer Oberbank und Erich Ortner vom Salzburger Raiffeisenverband bestreiten angebliche Ungleichheiten. "Der Unterschied im Kreditwesengesetz ist minimalst", meint Ortner, der auch Vorstand der Salzburg München Bank AG (SMB) ist.

Bemühungen um den Kunden

Entscheidender sei, dass österreichische Banken im Gegensatz zu deutschen Geldinstituten, die "lange nur mit sich selbst beschäftigt gewesen sind", und bayerische Mittelständler jahrelang vernachlässigt hätten, sich viel intensiver um Kunden bemühten.

Dies habe das Bayern-Geschäft stark wachsen lassen. So betreue die SMB, die 1990 als erste Banktochter einer österreichischen Geldgruppe von Raiffeisen in Deutschland gegründet worden war, rund 4000 Firmenkunden in Bayern. Dieses Geschäft wird laut Ortner gemeinsam von der SMB und ihrer Salzburger Muttergesellschaft betreut.

Auch die Linzer Oberbank ist seit fünfzehn Jahren in Bayern präsent und hat Filialen in München, Landshut, Rosenheim, Passau und Regensburg. "Wir verdienen dort gut", bestätigt Helmkamp.

Ertragsbringer Bayern

Bayern sei mit rund 7000 Kunden für die Oberbank "ein wichtiger Ertragsbringer" geworden. Bei Firmenkunden gäbe es anhaltend starke Zuwächse, die deutlich höher seien als die Wachstumsraten in Österreich.

Inzwischen registrieren österreichische Banken, die in Bayern tätig sind, jedoch ein gewisses Umdenken bei ihrer deutschen Konkurrenz. "Nicht nur die HypoVereinsbank wendet sich jetzt wieder stärker den Klein- und Mittelbetrieben zu", stellt SMB-Vorstand Ortner fest. Auch die Oberbank will solche Tendenzen - ein neues, stärkeres Bemühen deutscher Banken um die Mittelständler in Deutschland - bemerkt haben.

© SZ vom 05.11.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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