Bundesbank-StudieVerteilung von Vermögen in Deutschland ist ungleich

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Viele Menschen mit geringem Einkommen sind auf Angebote wie die Tafeln angewiesen, besonders in teuren Städten wie München.
Viele Menschen mit geringem Einkommen sind auf Angebote wie die Tafeln angewiesen, besonders in teuren Städten wie München. (Foto: Sven Hoppe)
  • Die zehn Prozent vermögendsten Haushalte in Deutschland besitzen 54 Prozent des gesamten Nettovermögens, während die ärmere Hälfte nur drei Prozent besitzt.
  • Der Gini-Koeffizient für Nettovermögen in Deutschland lag 2023 bei 72 Prozent und ist damit höher als in anderen europäischen Ländern wie Spanien oder Italien.
  • Das durchschnittliche Nettovermögen in Ostdeutschland stieg zwar stark an, liegt mit 170 100 Euro aber immer noch deutlich unter dem Wert in Westdeutschland mit 364 900 Euro.
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Die zehn Prozent der reichsten Deutschen besitzen mehr als die Hälfte des Nettovermögens. Das zeigt eine neue Studie der Bundesbank, und: Daran hat sich über die Jahre kaum etwas geändert.

Von Kathrin Müller-Lancé, Frankfurt

Private Vermögen sind in Deutschland nach wie vor extrem ungleich verteilt. Die zehn Prozent vermögendsten Haushalte besitzen 54 Prozent des gesamten Nettovermögens, die vermögensärmere Hälfte der deutschen Haushalte besitzt dagegen gerade einmal drei Prozent des Nettovermögens. Das geht aus der Studie „Private Haushalte und ihre Finanzen“ hervor, die die Bundesbank am Donnerstag vorgestellt hat.

Für die Studie befragt die Notenbank regelmäßig private Haushalte. Die Befragten schätzen ihre Vermögensverhältnisse dabei selbst ein. Deshalb kann es zu Über- und Untertreibungen kommen. Außerdem fließen die gesetzlichen Rentenansprüche nicht mit ein, weil sie im Voraus schwer abzuschätzen sind. Die aktuelle Befragung, die sich auf das Jahr 2023 bezieht, ist die fünfte seit 2010.

Entscheidend dafür, über wie viel Vermögen Haushalte verfügen, sind der Studie zufolge vor allem Immobilienbesitz, Betriebsvermögen und Aktieneigentum. Darüber verfügen Haushalte mit niedrigem Einkommen deutlich seltener. Sie besitzen hauptsächlich Guthaben auf Sparkonten und andere risikoarme Anlageformen. Allerdings ist der Anteil der Haushalte, die in Fonds und Aktien investieren, über die Jahre gestiegen. 2023 investierten laut der Befragung 24 Prozent der Haushalte Geld in Fonds und 18 Prozent in Aktien, 2017 waren es nur 16 und 11 Prozent.

Das zeige, dass Haushalte heute aktiver mit ihrem Vermögen umgehen als noch vor ein paar Jahren, sagte Fritzi Köhler-Geib, Vorstandmitglied der Bundesbank, bei der Vorstellung der Studie. „Es gilt nicht mehr der Automatismus: Wenn ich Geld habe, geht das auf ein Sparkonto.“ Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass nicht mehr nur sehr vermögende Haushalte, sondern auch die Mittelschicht vermehrt in Aktien und Fonds investiere, sagte Falko Fecht, Leiter des Forschungszentrums der Bundesbank.

Daran, wie ungleich die privaten Vermögen in Deutschland verteilt sind, hat sich seit der vergangenen Erhebung wenig verändert. Das zeigt der Gini-Koeffizient für Nettovermögen, ein klassisches Maß für Ungleichheit. Angenommen, private Vermögen in einem Land wären auf alle Haushalte gleich verteilt, läge der Gini-Koeffizient bei null. Angenommen, ein Haushalt besäße das gesamte Vermögen, läge er bei 100 Prozent. 2023 lag der Gini-Koeffizient in Deutschland laut Bundesbank bei 72 Prozent, 2021 waren es 73 Prozent. Verglichen mit den vorherigen Befragungswellen ist der Gini-Koeffizient leicht gesunken. 2017 lag er bei 74 Prozent, 2010/11 noch bei 76 Prozent. Trotzdem sind die Vermögen in Deutschland weniger gleich verteilt als in anderen europäischen Ländern, in Spanien lag der Gini-Koeffizient 2022 bei 69 Prozent, in Italien bei 66 Prozent.

Dass die Vermögensverhältnisse in Deutschland relativ stabil sind, sei angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen bemerkenswert, sagte Forscher Fecht am Donnerstag. Schließlich seien seit 2021 die Inflationsraten gestiegen, genau wie Kredit- und Sparzinsen, die Immobilienpreise seien gesunken.

Die Befragung zeigt auch, dass die Vermögen in Deutschland je nach Region unterschiedlich verteilt sind. Im Osten ist das durchschnittliche Nettovermögen zwischen 2021 und 2023 nominal, also ohne Berücksichtigung der Inflation, zwar besonders stark gestiegen. Trotzdem liegt es mit 170 100 Euro noch immer deutlich unter dem Wert im Westen (364 900 Euro). Dabei spiele sicherlich eine Rolle, so die Autoren der Studie, dass im Westen wesentlich mehr Haushalte Wohneigentum besitzen als im Osten. Besonders hoch sind die durchschnittlichen Nettovermögen in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.

Zwischen 2010 und 2021 haben die Nettovermögen der deutschen Haushalte den Befragungen zufolge stets zugenommen. Auch zwischen 2021 und 2023 lässt sich ein leichter Anstieg beobachten, allerdings nur, wenn man die Inflation nicht berücksichtigt. Das durchschnittliche Nettovermögen betrug 2023 324 800 Euro, 2021 waren 316 500 Euro. Bereinigt man die Beträge um die Inflation, ist das durchschnittliche Nettovermögen gesunken, von 268 700 Euro im Jahr 2021 auf 239 200 Euro im Jahr 2023. Auch der Median, der die Mitte zwischen der vermögensärmeren Hälfte und der vermögensreicheren Hälfte der deutschen Haushalte markiert, ist im Vergleich zu 2021 gesunken, von 90 500 auf 76 000 Euro. Das liege zu einem guten Teil daran, so Fecht, dass die Haushalte während der Pandemie Vermögen angespart und danach wieder mehr Geld ausgegeben hätten.

Der Anteil der verschuldeten Haushalte ist der Studie zufolge gesunken. 2017 hatten noch 45 Prozent der befragten Haushalte Schulden, 2023 waren es nur noch 39 Prozent. Auch diese Entwicklung könnte laut Bundesbank eine Folge des Sparens während der Corona-Pandemie sein. Vermutlich hätten deshalb auch ärmere Haushalte erst auf das Guthaben auf ihrem Konto zurückgegriffen, statt Kredite aufzunehmen.

Der Anteil der Haushalte, die angaben, zumindest gelegentlich zu sparen, hat sich über die Jahre kaum verändert. 2021 waren es 85 Prozent, 2023 83 Prozent. Am häufigsten sparen die Haushalte, um für Notsituationen und größere Anschaffungen gerüstet zu sein. 13 Prozent der Haushalte gaben an, dass sie nicht sparen können, weil ihnen das Geld dafür fehlt. Nur vier Prozent gaben an, nicht zu sparen, weil sie nicht sparen wollen.

Insgesamt zeigten die Ergebnisse, so steht es im Fazit in der Studie, dass die Vermögensstrukturen der deutschen Haushalte recht stabil seien. Wie sich die gestiegenen Zinsen mittelfristig auf die Vermögen und deren Verteilung auswirken, lasse sich anhand der aktuellen Daten aber noch nicht abschätzen. Die nächste Erhebung ist für 2026 geplant.

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