Vermögensabgabe:Argumente für die Sondersteuer

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags bezweifelt, dass die Corona-Krise als Begründung für eine Vermögensteuer für reiche Bürger tauge. Ein Verfassungsrechtler widerspricht.

Von Alexander Hagelüken

Angesichts gewaltiger Kosten der Corona-Krise stellt sich die Frage, wie das bezahlt wird. Der Verfassungsrechtler Joachim Wieland hält eine Vermögensabgabe, die die SPD ins Spiel bringt, für rechtlich einwandfrei. "Der außerordentliche Anstieg der Verschuldung des Bundes als Folge seiner Ausgaben zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ist eine hinreichende Begründung", schreibt Wieland in einer Stellungnahme, die der SZ vorliegt. Er widerspricht damit Zweifeln eines Bundestags-Gutachtens.

Die Hilfsprogramme des Bundes können den Haushalt mit mehr als einer Billion Euro belasten, so Wieland, Professor an der Uni Speyer. Das verlange allen Steuerzahlern einen Beitrag ab, Leistungsfähigere müssten mehr leisten: "Das könnte und sollte durch eine einmalige Vermögensabgabe gesichert werden, die dem Lastenausgleich nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichbar ist. Wer nach Überwindung der Corona-Krise über ein hohes Vermögen verfügt, sollte einen seinem Reichtum entsprechenden Beitrag leisten."

Die Auswirkungen der Krise auf den Haushalt sind strittig

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hatte bezweifelt, ob die Corona-Krise als Begründung für einen Griff ins Vermögen der Bürger tauge. Zwar sei eine einmalige Vermögensabgabe verfassungskonform. Es gebe jedoch unterschiedliche Meinungen, ob die Auswirkungen der Pandemie auf den Haushalt drastisch genug seien.

Wieland verweist darauf, dass die Regierung nach Artikel 106 Grundgesetz eine einmalige Vermögensabgabe erheben darf, wenn es einen außerordentlichen Finanzbedarf gibt. "Der gewaltige Anstieg der Staatsverschuldung führt zu einem außerordentlichen Finanzierungsbedarf des Bundes, der nicht allein aus den regelmäßigen Einnahmen befriedigt werden kann." Eine solche Abgabe dürfe auch Firmenvermögen erfassen und für besondere hohe Vermögen progressiv steigen.

"Corona ist die größte finanzielle Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg", sagt die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe, die die Stellungnahme anfragte. Mit dem neuen Konjunkturpaket werde die Verteilungsfrage aktuell. Der Lastenausgleich in den 1950er- und 1960er-Jahren zeige, dass eine gerechte Verteilung der Lasten die beste Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Neustart seien. "Was damals der Wiederaufbau nach dem Krieg war, ist heute die ökologische Transformation unseres Wirtschaftssystems!"

Zuerst schlug SPD-Parteichefin Saskia Esken eine Vermögensabgabe vor. Die Union lehnt dies ab. Die Linke spricht sich dafür aus. "Es ist Zeit, dass sich die Quandts und Klattens fragen, was sie für das Land tun können und nicht das Land für sie", sagte Fraktionsvize Fabio De Masi unter Bezug auf die BMW-Erben.

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