Verlegerin sagt im Kirch-Prozess aus:Friede Springers Erinnerungen an nette Herren

Als Zeugin im Kirch-Prozess erzählt Verlegerin Friede Springer Anekdoten über den verstorbenen Medienunternehmer, freundliche Konkurrenten und Gaddafi junior. Zur Klärung des Streits zwischen Deutscher Bank und Kirchs Erben kann sie jedoch nur wenig beitragen.

Klaus Ott

Das sei ja alles "gar nicht so einfach" zu beantworten, das sei ja zehn Jahre her, sagt Deutschlands mächtigste Verlegerin gleich zu Beginn. Friede Springer, Hauptaktionärin des gleichnamigen Zeitungshauses, ist am Freitag nach München gekommen, um beim Oberlandesgericht (OLG) als Zeugin auszusagen.

Friede Springer publisher and widow of Axel Springer appears in a Munich courtroom

Friede Springer am Oberlandesgericht in München.

(Foto: REUTERS)

Wie war das so vor einer Dekade, als der Medienunternehmer Leo Kirch im April 2002 pleiteging? Als sein 40-Prozent-Anteil an Deutschlands größtem Pressehaus zum Verkauf stand? Kirch hat nach der Insolvenz seines Film- und Fernsehimperiums die Deutsche Bank und deren damaligen Vorstandssprecher Rolf E. Breuer auf Schadenersatz in Milliardenhöhe verklagt, weil sie sich gegen ihn verschworen hätten und am Niedergang seines Medienreichs schuld gewesen seien. Dabei habe auch sein Springer-Aktienpaket eine Rolle gespielt. Seit Kirchs Tod betreiben seine Erben und Anwälte die Klage weiter. Und die Deutsche Bank wehrt sich.

Friede Springer sagt vor Gericht oft: "Das weiß ich nicht." Oder: "Keine Ahnung." Aber an zwei Begebenheiten erinnert sich die Witwe des Großverlegers Axel Cäsar Springer noch ganz genau. Einmal an ein Ereignis im September 2002. Da habe sie gehört, Kirchs Aktienpaket am Springer-Verlag solle an einen der Söhne des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi verkauft werden. Sie habe einen Schreck bekommen und sei sofort nach München zu Kirch geflogen, mit dem sie ein freundschaftliches Verhältnis verbunden habe. Kirch sei "so was von nett" gewesen und habe versichert, er wolle nur ihr die Aktien geben.

Der Medienunternehmer habe dann sogar noch einen Termin beim Vorstandschef der Hypo-Vereinsbank arrangiert, doch die Bank sei nicht imstande gewesen, das Geschäft zu finanzieren. Mangels ausreichender Sicherheit von Friede Springer. Aber es war klar, dass bestimmt kein Gaddafi-Sohn die Aktien bekommen würde. So wurde es doch noch, wie Friede Springer sich vor Gericht erinnert, ein "schöner Tag".

Für die Klärung der Frage, wer im Streit der Kirch-Erben mit der Bank recht hat, brachte ihr Auftritt nicht viel. Am interessantesten war noch, dass bei ihr Ende Januar/Anfang Februar 2002 der inzwischen verstorbene Erich Schumann, zu jener Zeit einer der Chefs der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), vorgesprochen hatte - kurz nach einem Treffen von Kanzler Gerhard Schröder mit Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff, Deutschbanker Breuer und Schumann. Dabei sei auch Kirchs Notlage ein Thema gewesen. Friede Springer erzählt, Schumann habe ihr vorgeschlagen, man solle kooperieren und gemeinsam - WAZ und Springer - Kirchs Aktienpaket erwerben. Schumann sei "irrsinnig freundlich" gewesen, erinnert sich Friede Springer, aber sie habe sofort abgelehnt. "Das sind zwei unterschiedliche Kulturen, wir passen nicht zusammen."

Um diese Zeit herum hatte Deutsche-Bank-Chef Breuer sein berühmtes TV-Interview gegeben, in dem er Kirchs Bonität öffentlich anzweifelte, was ihm die Schadenersatzklage einbrachte. Kanzler-Treffen, TV-Interview, Schumann bei Springer: eine Verschwörung? Das Gericht muss noch vieles klären.

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