Süddeutsche Zeitung

Verlag in der Krise:Kirche wehrt sich gegen Kritik nach Weltbild-Insolvenz

Die katholische Kirche tritt Vorwürfen entgegen, die Insolvenz des Weltbild-Verlags fahrlässig verursacht zu haben. Der Münchner Erzbischof Marx sagte, als Gesellschafter könne es die Kirche nicht verantworten, auf absehbare Zeit dreistellige Millionensummen aus Kirchensteuermitteln zu investieren. Für die Mitarbeiter kündigte er umfangreiche Hilfen an.

Von Christian Krügel und Katja Riedel

Die katholische Kirche weist Kritik an ihrem Umgang mit dem angeschlagenen Weltbild-Verlag zurück. Insbesondere wehrt sie sich gegen Vorwürfe, sie habe die Insolvenz des Augsburger Verlags fahrlässig verursacht. "Wir konnten es als Gesellschafter nicht verantworten, auf absehbare Zeit dreistellige Millionensummen aus Kirchensteuermitteln zu investieren", sagte der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, der Süddeutschen Zeitung. Zugleich kündigte er umfangreiche Hilfen für die Mitarbeiter an: "Wir sind kein skrupelloser Unternehmer, der die Mitarbeiter einfach davonjagt", sagte Marx der SZ.

Die Holding der Weltbild-Verlagsgruppe hatte am Freitag Insolvenz angemeldet, nachdem die Gesellschafter - zwölf deutsche Bistümer, der Verband der deutschen Diözesen und die Militärseelsorge - am Tag zuvor weitere Millionenzuschüsse zur Sanierung des Unternehmens abgelehnt hatten. Unmittelbar betroffen sind 2200 Mitarbeiter der Augsburger Konzernzentrale, die voraussichtlich bis Ende März Insolvenzgeld erhalten werden. Die Auswirkungen auf die übrigen etwa 4600 Angestellten sind noch nicht absehbar. Der zweitgrößte deutsche Buchhändler leidet seit Jahren unter der Konkurrenz des Internethändlers Amazon und geriet massiv in finanzielle Schwierigkeiten, auch weil sich die Bistümer nicht über einen Ausstieg aus der Verlagsgruppe oder eine neue Struktur einigen konnten. Zuletzt hatten sie aber noch einmal 65 Millionen Euro für die Sanierung des Verlags zugesagt.

Umfangreiche Hilfen für Mitarbeiter

Marx verteidigte die Entscheidung der Gesellschafter, über die bereits zugesagten 65 Millionen Euro hinaus keine weiteren Millionen zur Sanierung des Unternehmens bereitzustellen. "Wir sind überrascht worden von dem Kapitalbedarf, den uns die Geschäftsführung vergangene Woche nannte." Dieser sei mehr als doppelt so hoch gewesen als bislang gewannt gewesen und hätte von den Gesellschaftern kurzfristig beigebracht werden müssen. "Zudem waren die weiteren Geschäftsprognosen vage und Folgekosten nicht absehbar", sagte Marx. Die Kirche stehe "in Verantwortung für die Mitarbeiter, aber wir haben auch Verantwortung für die Kirchensteuerzahler".

Der Münchner Erzbischof kündigte an, nun "alles uns Mögliche zu tun, um die Zukunft der Mitarbeiter zu sichern". Er könne sich vorstellen, dass die Bistümer sich bei den Hilfen für die Mitarbeiter "in dem finanziellen Rahmen engagieren, den sie zuletzt für eine Sanierung zugesagt hatten". Das wären 65 Millionen Euro. "Aber zunächst muss sich der Insolvenzverwalter einen Überblick verschaffen und den tatsächlichen Bedarf ermitteln", so Marx.

Die Kritik der Gewerkschaft Verdi an der Kirche, sie habe jahrelang gut an dem Verlag verdient und lasse ihn nun fallen, wies Marx zurück: "Wir haben in den letzten Jahren jeden Euro Gewinn in das Unternehmen reinvestiert, zudem haben die Gesellschafter immer wieder zusätzlich Geld zur Verfügung gestellt." Am kirchlichen Engagement bei Weltbild so lange festzuhalten, sei richtig gewesen: "Wir wollten nicht zu früh aufgeben. Ich hatte die Hoffnung, dass wir damit auf einen guten Weg kommen", sagte Marx der Süddeutschen Zeitung.

"Uns war auch klar, dass Bischöfe keine Unternehmer sein können. Deshalb wollten wir ja auch zügig mit einer Stiftung eine neue Gesellschafterstruktur schaffen und professionelle Medienexperten von außen als unabhängige operativ Verantwortliche verpflichten. Dazu ist es jetzt aber leider nicht mehr gekommen."

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SZ vom 13.1.2014/gba
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