Abgasaffäre:Dobrindt kämpft gegen Tricks der Autohersteller

Government Holds Cabinet Retreat

Verkehrsminister Alexander Dobrindt will eine neue Regelung für Stickoxide in Autoabgasen.

(Foto: Getty Images)
  • Viele Autohersteller regeln die Abgasreinigung ohne überzeugende technische Gründe herunter.
  • Eine Neuformulierung des Gesetzes soll das verhindern.

Von Thomas Öchsner, Berlin

"Thermofenster", das weiß man neuerdings, gehören zu den technischen Lieblingen der deutschen Autoindustrie. Dahinter verbirgt sich eine Steuerung, die in bestimmten Fahrsituationen die Abgasreinigung herunterfährt. Nach EU-Vorschriften ist das möglich - aber nur in Ausnahmefällen. Viele Hersteller wie Audi, Mercedes, Opel, Porsche, Volkswagen oder Fiat, Renault, Dacia, Suzuki machen aber bei einigen Diesel-Fahrzeugen die Ausnahme zur Regel: Sie fahren die Abgasreinigung herunter, obwohl zweifelhaft ist, dass es dafür immer überzeugende technische Gründe gibt. Auffällig hohe Werte an Stickoxid in den Abgasen sind die Folge. Diese Tricks will Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) jetzt mit einer neuen Regelung verhindern.

Dobrindt hatte bereits mehrfach angekündigt, dass er die Gesetzeslücke schließen will. Nun beabsichtigt der CSU-Politiker, an diesem Dienstag bei der Tagung der EU-Verkehrsminister in Luxemburg den Druck zu verstärken. Dort will er sich dafür einsetzen, dass die maßgebliche EU-Richtlinie geändert wird.

Hersteller sollen bereits bei der Genehmigung alles offenlegen

Künftig sollen Hersteller Abschalteinrichtungen wie das Thermofenster nur verwenden dürfen, "wenn unter Einbeziehung der besten verfügbaren Technologien keine andere Technologie zur Verfügung steht, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten". So lautet der Formulierungsvorschlag des Bundesverkehrsministeriums, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Nach der bislang geltenden Vorschrift darf sich die Abgasreinigung nicht generell außerhalb von Abgas-Messungen ausschalten, so wie das bei VW-Fahrzeugen der Fall war. In bestimmten Fahrsituationen ist dies aber erlaubt, etwa weil Verschmutzungen auftreten können, die im schlimmsten Fall den Ausfall des Motors zur Folge haben. Erst durch die im Zuge der VW-Abgasaffäre gebildete Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums kam jedoch heraus, dass sich fast alle Autohersteller auf diese Vorschrift berufen und ihre Abgasreinigung zum Beispiel nur innerhalb bestimmter Außentemperaturen voll laufen lassen. So schaltet sich die Abgasreinigung bei manchen Fahrzeugen bereits bei 18 Grad oder bei einem bestimmten Luftdruck ab.

Nun wird es darauf ankommen, ob ein nach Dobrindts Wünschen neu gefasster Paragraf nicht wieder zu schwammig formuliert ist, um Missbrauch zu verhindern. Ob den Herstellern eine andere verfügbare Technik zur Verfügung steht als die Möglichkeit, die Abgasreinigung abzuschalten, ist nach den Vorstellungen des Ministeriums jedenfalls bereits bei der Erteilung der Typgenehmigung zu prüfen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) soll dabei von den Herstellern eine Erklärung verlangen dürfen, ob sie Einrichtungen zum Motorschutz verwenden. Wenn ja, müssen sie darlegen, wie diese funktionieren, die Software offenlegen und Gründe für deren Einsatz anführen. "Dieses Verfahren sollte darüber hinaus für bestehende Typgenehmigungen in allen Mitgliedsstaaten nachträglich angewandt werden", heißt es in den Informationsunterlagen für die deutsche Reise-Delegation.

Dobrindt will sich in Luxemburg außerdem für verbesserte Nachkontrollen von Autos in der EU einsetzen. Dazu gehörten einheitliche Einzelvorschriften für die Prüfungsmethoden. Auch seien "geeignete Testverfahren mit Messungen im Labor und mit portablen Messinstrumenten auf der Straße zu entwickeln, um unzulässige Abschalteinrichtungen zukünftig zu erkenne und möglichst rechtssicher nachweisen zu können".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: