Verkehr:Pieps-Terror: Moderne Autotechnik kann auch nerven

Berlin (dpa/tmn) - Moderne Autos helfen beim Einparken, sparen an roten Ampeln Sprit und warnen, wenn man die Spur verlässt. Experten loben die Vorteile, doch die ganze Technik kann manchmal auch gehörig nerven.

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Berlin (dpa/tmn) - Moderne Autos helfen beim Einparken, sparen an roten Ampeln Sprit und warnen, wenn man die Spur verlässt. Experten loben die Vorteile, doch die ganze Technik kann manchmal auch gehörig nerven.

Beim rückwärts Einparken in enge Lücken piepst das Auto in den höchsten Tönen. Kommt etwas Gefälle dazu, kann sich mitten im Lenkstress die Parkbremse festsaugen. Und wenn der Fahrer dann in den Leerlauf schaltet und die Kupplung loslässt, um mal durchzuschnaufen, ist plötzlich der Motor aus: Start-Stopp-Automatik.

Moderne Autos werden zunehmend mit Assistenzsystemen ausgestattet, die den Fahrer entlasten, die Sicherheit verbessern und beim Spritsparen helfen sollen. Doch teils sind die erst seit wenigen Jahren in der Breite verbauten Systeme noch nicht perfekt ausgereift, teils stellen sich altgediente Autofahrer nur mit Mühe um. Medien und Internet sind voll von Klagen über hakelige Assistenz-Technik.

"Auto-Bild"-Redakteur Andreas May startete etwa vor kurzem eine Online-Petition für die alte Handbremse. Beim Zurücksetzen auf abschüssiger Strecke oder in engen Parkhäusern lasse sich mit den elektronischen Parkbremsen nicht mehr fein dosiert rangieren wie bisher mit der alten mechanischen Handbremse, klagt May. Zudem seien Verschleißreparaturen wesentlich teurer.

Ärger gibt es auch immer wieder mit Spurhalteassistenten. "Unerklärliche Aussetzer" und "aufdringliches Gebimmel" der Systeme konstatiert ein aktueller T est der Zeitschrift "auto motor und sport" selbst für Autos sogenannter Premium-Marken. Ein System warnt mal zu früh, mal zu spät, ein anderes greift laut Test dermaßen rüde in die Lenkung ein, dass der Wagen zickzack zwischen den Markierungen fuhr.

Akustisch bedrängt fühlen sich nach den Erfahrungen des ADAC-Technikexperten Helmut Klein viele Nutzer vom Piepsen ihrer Parkassistenten, wenn mit Näherrücken des Hindernisses die Warntöne immer schriller und höher werden und sich zudem nach Front- und Rückseite des Autos noch unterscheiden. Ein einheitliches Klangbild wäre wünschenswert, sagt er. Viele Sensoren arbeiteten ungenau und sprächen deutlich zu früh an.

Generell sind die Parkassistenten laut Klein aber eine große Erleichterung. Das gelte auch für den Parklenk-Assistenten, der den bei manchem Fahranfänger gefürchteten Einparkvorgang fast komplett übernimmt. Ein Zurück zur alten Handbremse kann er sich schon deshalb nicht vorstellen, weil eingefrorene mechanische Handbremsen zur Winterzeit lange Jahre immer wieder für Pannen sorgten.

Auch Autoexperte Prof. Stefan Bratzel von der Hochschule Bergisch Gladbach sieht die Fahrerassistenten eher positiv. Schließlich hätten sich die Systeme in den vergangenen Jahren schon erheblich verbessert. Nicht akzeptabel findet er kryptische Systeme - ein Spurhalteassistent braucht laut dem Test allein 19 Klicks am Bordcomputer, um die Vibrationsintensität einzustellen - und überzogene Preise für die Extras. "Da sind die Hersteller in der Pflicht, den Kundennutzen im Blick zu behalten."

Das gilt sicher auch für Start-Stopp-Automatik-Systeme, die nach einem Test der Zeitschrift "Auto Bild" in vielen gängigen Fahrzeugen deutlich weniger als einen Liter auf 100 Kilometer einsparen und deren Kosten sich nach jetzigem Stand in einem normalen Autoleben damit nur sehr selten amortisieren. Auch brauchen solche Autos laut dem Test an der Ampel vielfach rund eine Sekunde länger als konventionelle Pkw, bis sie wieder rollen - für Eilige möglicherweise durchaus nervig.

Zeitverlust beim Ampelstart und hohe Kosten für die Extras sind für Fahrschüler kein Thema: Sie reißen sich um Autos mit den Assistenten, berichtet Friedel Thiele, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen. Ein Grund sei die Anfahrhilfe, die das bei Anfängern gefürchtete Zurückrollen beim Einkuppeln verhindert. Bei modernen Fahrzeugen mit Einpark-Pilot entfällt zudem der Alptraum vieler Schüler: Statt schwitzend die enge Lücke anzuvisieren, können sie die Automatik arbeiten lassen. Sie müssen sie nur sicher bedienen können.

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