Verkehr - Berlin:Bahn weist Kostenprognose zu Fehmarnbelt-Anbindung zurück

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Kiel (dpa/lno) - Ein Bericht des Bundesrechnungshofs über deutlich höhere Kosten für die Anbindung des geplanten Fehmarnbelttunnels auf deutscher Seite hat neue Diskussionen über das Milliardenprojekt ausgelöst. Die Deutsche Bahn wies die Prognosen über einen Anstieg auf 3,5 Milliarden Euro scharf zurück. "Die im Bericht des Bundesrechnungshofs aufgestellten Kosten sind schlicht falsch und entbehren jeder Grundlage", teilte der Konzern am Mittwoch mit.

Der Fehmarnbelt ist eine 18 Kilometer breite Wasserstraße in der westlichen Ostsee. Das Projekt sieht vor, sie mit einem Tunnel zu unterqueren. Die geschätzten Kosten von 7,4 Milliarden Euro für das eigentliche Bauwerk übernimmt Dänemark. Auf deutscher Seite ist vor allem die Schienenanbindung kostspielig. Deren Kosten betragen laut Bahn nach derzeitiger Planung 1,7 Milliarden Euro. "Zusätzlich sehen die Planungen einen Risikopuffer von 1,1 Milliarden Euro für etwaige Baukostensteigerung und noch nicht bekannte Risiken vor", hieß es.

Der Rechnungshof geht in einem Bericht vom 10. Oktober an den Haushaltsausschuss des Bundestags dagegen von rund 3,5 Milliarden Euro aus. "Angesichts der aktuellen Verkehrsprognosen ist es fraglich, ob der Nutzen des Projektes so steigt, dass die zu erwartenden Kosten unter wirtschaftlichen Aspekten gerechtfertigt sind", heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Bericht.

Der Rechnungshof hat eigenen Angaben zufolge in seine Prognose auch die Kosten für die Querung des Fehmarnsunds zwischen der Insel Fehmarn und dem Festland einbezogen. Diese klammert die Bahn in ihren eigenen Berechnungen aus, weil noch nicht klar sei, welche Planungsvariante dort überhaupt umgesetzt werde.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich klar für ein Festhalten am Belttunel aus. "Das Projekt ist und bleibt eines der bedeutendsten Infrastrukturvorhaben im Norden", sagte er der dpa. Dies sehe auch Dänemark so, das die Kosten für das Tunnelbauwerk alleine schultern werde. "Es bleibt dabei, dass wir die neuen Möglichkeiten nutzen wollen, die sich aus dem Projekt ergeben."

Bei Abschluss des Staatsvertrages zwischen Deutschland und Dänemark im Jahr 2008 zur Errichtung des Ostseetunnels war Deutschland noch von Kosten in Höhe von 817 Millionen Euro für die Hinterlandanbindung ausgegangen. Das Projekt wurde aber später erweitert. "Inzwischen sollen von den geplanten 88 Ausbau-Kilometern 55 Kilometer neu gebaut werden, gebündelt mit der Trasse der Bundesautobahn 1", wie der Rechnungshof schreibt. 

Dass es zu veränderten Kostenansätzen kommen werde, sei angesichts breit angelegter Bürgerbeteiligung erwartbar gewesen, sagte Günther. Im Ergebnis sei neben einem Lärmschutz über die gesetzlichen Anforderungen hinaus der Neubau eines Großteils der Schienenverbindung zum geplanten Belttunnel zwischen Puttgarden und Rodby vereinbart worden.

Bestätigt fühlen sich Gegner des Milliardenprojekts. "Was soll denn noch passieren? Hat die Politik aus dem Stuttgart 21 Desaster nichts gelernt", sagte Nabu-Fehmarnbelt-Experte Malte Siegert der dpa. "Neue Qualität bekommt der Bericht durch eine explizite Warnung an die Politik, verbunden mit der Aufforderung, sich des Vorhabens erneut angemessen anzunehmen." Er sprach von einem absehbaren wirtschaftlichen Desaster "für ein ökologisch riskantes Vorhaben, das infrastrukturell fragwürdig ist". Der Bund müsse die Beltquerung mit Dänemark neu bewerten.

Von einem "Desaster" sprach auch Schleswig-Holsteins Grünen-Verkehrspolitiker Andreas Tietze. Die Koalition aus CDU, Grünen und FDP in Kiel stehe vor einem Dilemma. "Entweder es gilt das Motto "Augen zu und durch" und der Ministerpräsident muss bis zu fünf Milliarden vom Bund verbindlich fordern. Oder es müssen massive Abstriche beim geforderten Streckenverlauf und dem Lärmschutz gemacht werden." Die Bundesregierung müsse die volle Finanzierung zusichern oder mit Dänemark neu verhandeln. "Das Schlimmste was passieren kann ist, dass wir zum reinen Transitland werden und alle Anwohner/Innen an der Strecke die Zeche zahlen."

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) steht wie Regierungschef Günther weiter zu dem Projekt: "Mit dem Staatsvertrag ist das Projekt selbst bei einem verminderten Nutzen-Kosten-Faktor gerechtfertigt, über die Realisierung mache ich mir deshalb keine Sorgen."

Das dänische Transportministerium äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem Bericht. Eine Sprecherin der dänischen Projektgesellschaft Femern A/S sagte, "es handelt sich um ein internes deutsches Anliegen".

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