Verkauf von Ratiopharm:Beruhigungsmittel vom Chef

Die Merckle-Gruppe muss Ratiopharm verkaufen, um ihre immense Schuldenlast zu drücken. Der Vorstand versucht, die Vorbehalte der Mitarbeiter gegen einen neuen Eigentümer zu zerstreuen.

Harald Schwarz

"Offenheit, Transparenz und soziale Verantwortung sind das Erfolgsrezept." Das erklärt der Ulmer Generikahersteller Ratiopharm mit Blick auf den Umgang mit der Belegschaft. Getreu dem Motto hat sich Firmenchef Oliver Windholz in diesen Tagen mit einem Brief an seine Mitarbeiter gewandt. Der Anlass des Schreibens: Der Verkauf des Unternehmens, durch den die Merckle-Gruppe als Eigentümerin ihre immense Schuldenlast deutlich verkleinern will, steht kurz bevor.

Verkauf von Ratiopharm: Ratiopharm muss verkauft werden - die Frage ist nur: an wen?

Ratiopharm muss verkauft werden - die Frage ist nur: an wen?

(Foto: Foto: ddp)

Viele Mitarbeiter sorgen sich um ihre Zukunft. Windholz verbreitete deshalb in dem Brief, der intern wie ein Beruhigungsmittel wirken soll, eine positive Botschaft: "In Bezug auf die weitere Auswahl der Investoren ist besonders positiv zu bewerten, dass sowohl die Geschäftsführung der Ratiopharm Gruppe als auch der Betriebsratsvorsitzende wichtige Themen beim Geschäftsführer der VEM Vermögensverwaltung einbringen konnten. Hier sind vor allem der Verkauf der Unternehmensgruppe als Ganzes und die Standortsicherung zu nennen."

Entscheidung bis Ende März

Die VEM ist eine Art Holding des Firmenimperiums der Familie Merckle mit Ludwig Merckle an der Spitze, der den Nachlass von Firmengründer Adolf Merckle zu regeln versucht. Der Patriarch hatte sich verspekuliert und vor gut einem Jahr Selbstmord begangen.

Bis Ende März soll klar sein, wer Ratiopharm mit seinen weltweit 5500 Mitarbeitern, darunter 2800 Frauen und Männern in Deutschland, übernehmen darf. Klar ist: Wer den Zuschlag erhält, erwirbt ein profitables Unternehmen. 2009 hat Ratiopharm bei einem Umsatz von 1,6 Milliarden Euro einen operativen Gewinn von 300 Millionen Euro erreicht.

Der Preis läge damit am unteren Rand der Bewertungen, die in jüngster Zeit bei Firmenübernahmen in der Branche der Nachahmermedikamenten-Hersteller fällig wurden. Auf den Preis drückt natürlich, dass die Merckle-Gruppe finanzielle Probleme hat und die Firma bekanntermaßen abgeben muss.

Wie sich Windholz die Zukunft vorstellt, hat er auch schon formuliert. Umsatz und Marktanteile sollen "nicht um jeden Preis" gesteigert werden. Apropos Preis: Etwa drei Milliarden Euro soll der Verkauf einbringen.

Wie sich Windholz die Zukunft vorstellt, hat er auch schon formuliert. Umsatz und Marktanteile sollen "nicht um jeden Preis" gesteigert werden. Apropos Preis: Etwa drei Milliarden Euro soll der Verkauf einbringen.

Der Preis läge damit am unteren Rand der Bewertungen, die in jüngster Zeit bei Firmenübernahmen in der Branche der Nachahmermedikamenten-Hersteller fällig wurden. Auf den Preis drückt natürlich, dass die Merckle-Gruppe finanzielle Probleme hat und die Firma bekanntermaßen abgeben muss.

Ein Who-is-Who der Investorenszene

Anfangs las sich die Liste der Bieter für Ratiopharm wie das Who-is-Who der Pharma- und Finanzinvestoren-Szene mit mehr als einem Dutzend Namen. Inzwischen haben sich die Reihen gelichtet. Nach Angaben aus Frankfurter Finanzkreisen sind zwei mögliche Investoren übrig geblieben - der israelische Branchenprimus Teva und das hoch verschuldete isländische Unternehmen Actavis. Der US-Pharmakonzern Pfizer sei nun aus dem Rennen, heißt es.

Die Arrangeure des Verkaufs sind die Commerzbank und die Royal Bank of Scotland. Doch noch ein anderes Geldinstitut spielt eine wichtige Rolle - die Deutsche Bank. Sie ist die größte Gläubigerin des mit vier Milliarden Euro verschuldeten Bieters Actavis. Sie hat ein Interesse daran, dass dieser Bewerber zum Zuge kommt, denn ihr Kreditengagement könnte dadurch sicherer werden.

In Finanzkreisen wird es für gut möglich gehalten, dass die Bank einen Teil der Schulden dann in Eigenkapital umwandeln und zumindest zeitweise Miteigentümer werden könnte. Dafür spricht, dass das für den Ratiopharm-Deal geschaffene Bündnis von Actavis mit dem schwedischen Investor EQT zerbrochen ist.

Zweiter Versuch bei Stada

Bei Ratiopharm beobachtet man gespannt, wie sich nun der Tiroler Claudio Albrecht positioniert. Er, der bis 2005 Chef der Generikafirma war, beriet bislang EQT. Diese Tätigkeit soll er nun gekündigt haben. Als Partner blieben ihm Actavis und die Deutsche Bank, wenn er es mit einem Comeback in Ulm ernst meint.

Teva als weltweit größter Hersteller von Nachahmermedikamenten könnte mit Ratiopharm auf dem deutschen Markt einen großen Sprung nach vorne machen. Zur Zeit liegt der Konzern abgeschlagen hinter der Novartis-Tochter Sandoz mit der Marke Hexal, Ratiopharm und Stada. Für Stada in Bad Vilbel sind die Ereignisse beim Ulmer Konkurrenten ebenfalls interessant. Branchenkenner glauben, dass alle, die bei Ratiopharm leer ausgehen, Versuche zur Übernahme von Stada starten könnten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: