Verkauf an US-Unternehmen:Pro Sieben Sat 1 wird Heuschrecken los

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Mehr als eine Milliarde Euro kassiert der Münchner Fernsehkonzern, indem er seine skandinavischen Sender an das amerikanische Medienunternehmen Discovery verkauft. Vorstandschef Ebeling kann den Investoren zu Weihnachten so eine hohe Dividende bescheren - und kickt gleichzeitig die "Heuschrecken"-Investoren raus.

Von Caspar Busse

Es ist der erste Schritt in die große Freiheit. Thomas Ebeling, 53, Chef des Münchner Fernsehkonzerns Pro Sieben Sat 1 Media, verkündete am Freitagnachmittag den großen Deal: Das Unternehmen verkauft seine Sender in Skandinavien an das US-Medienunternehmen Discovery und erhält dafür 1,325 Milliarden Euro. Der Erlös soll größtenteils ausgeschüttet werden - und das beschert den Finanzfirmen KKR und Permira, den beiden Mehrheitsaktionären, eine Super-Dividende als Weihnachtsgeschenk.

Im Gegenzug hat Ebeling offenbar mit den beiden Investoren, die als "Heuschrecken" geschmäht wurden, deren Ausstieg vereinbart. Die Finanzfirmen KKR und Permira willigen in die Umwandlung der Vorzugsaktien in Stammaktien ein - und das sogar ohne Entschädigung. Künftig werden damit alle Aktien bei Pro Sieben Sat 1 gleichberechtigt und zum Börsenhandel zugelassen sein. Ein Verkauf von Aktien über die Börse ist damit jederzeit möglich. Das gilt als Einstieg in den Ausstieg der Finanzinvestoren.

Der zweite Börsengang bringt Vorstandschef Ebeling in eine Wunschposition. Er ist seinem großen Traum einen großen Schritt nähergekommen: Der ehrgeizige Manager, der früher in der Zigaretten- und Pharmaindustrie gearbeitet hatte, will ein unabhängiges Börsenunternehmen führen. Das soll womöglich das Zeug für den Deutschen Aktienindex Dax haben, also könnte die Firma irgendwann zu den größten 30 Börsenfirmen Deutschlands gehören. Dax-Chef Ebeling, auf Augenhöhe mit Managern wie Wolfgang Reitzle von Linde oder Herbert Hainer von Adidas, das ist die neue Perspektive. Die Aktie legte in einer ersten Reaktion deutlich zu.

Konstruktion aus den Zeiten von Leo Kirch

Bisher hatten sich KKR und Permira vehement gegen eine Umwandlung der Aktien gewehrt. Denn damit verlieren sie deutlich an Einfluss. Immerhin kontrollieren KKR und Permira den überwiegenden Teil der Stammaktien: Sie bestimmen, wo es langgeht. Die über viele Kleinaktionäre verteilten Vorzugsaktien haben kein Stimmrecht. Die Konstruktion stammt noch aus den Zeiten des verstorbenen TV-Zampanos Leo Kirch. Nun soll die nächste Hauptversammlung im Frühjahr 2013 beschließen, dass alle Aktien gleichberechtigte Stammaktien weden. Ein Befreiungsschlag für die Firma, ein Angriffssignal für den Manager Ebeling.

KKR und Permira werden anfangs zwar weiterhin mehr als 50 Prozent kontrollieren. Ihr Macht werden sie aber mit den anderen Aktionären teilen müssen. Denkbar ist dann, dass die Finanzinvestoren Schritt für Schritt Aktienpakete an der Börse verkaufen oder größere Aktienpakete an Investoren abgeben.

Konzernchef Ebeling drängt seit langem auf einen Abschied der Finanzinvestoren. Die waren Ende 2006 eingestiegen. Nun konnte die Nummer eins die Eigentümer zu Zugeständnissen bewegen. Der Preis ist hoch: Pro Sieben Sat 1 kündigte an, dass der Verkaufserlös für die nordischen Sender zum überwiegenden Teil bei der Hauptversammlung im Frühjahr 2012 ausgeschüttet werden soll. Die Aktionäre sollen dann insgesamt 1,2 Milliarden Euro erhalten. Ein kleinerer Teil des Verkaufserlöses - 500 Millionen Euro - wird zur Tilgung der Schulden eingesetzt sowie zur Stärkung der Investitionen. Die Super-Dividende soll etwa 5,60 Euro je Aktie betragen. Bisher wurden 1,17 Euro je Vorzugsaktie beziehungsweise 1,15 Euro je Stammaktie bezahlt. Vom Geldregen profitieren alle Aktionäre - doch am meisten die mit vielen Aktien, also KKR und Permira über ihre gemeinsame Firma Lavena. Sie werden 600 Millionen Euro kassieren.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich KKR und Permira in München so richtig bedienen. Nachdem sie Pro Sieben Sat 1 vom Medienunternehmer Haim Saban für mehr als drei Milliarden Euro gekauft hatten, brachten sie dort ihre europäische Senderkette SBS unter. Der Verkaufspreis von 3,3 Milliarden Euro galt als fast unverschämt hoch. Pro Sieben Sat 1 aber hatte zu kämpfen: Die erhofften Synergien stellten sich nie ein, der Schuldenberg wurde erdrückend hoch. Zudem genehmigten sich die Aktionäre später bei schlecht laufenden Geschäften eine hohe Dividende. Der TV-Konzern musste also mehrmals bluten.

Ebeling, der einst Psychologie studiert hatte, wurde im Jahr 2009 Vorstandsvorsitzende. Er sollte die Firma auf Kurs bringen und verkaufsfähig machen - und das gelang, auch mit unpopulären Maßnahmen. Er verlagerte den Sender Sat 1 von Berlin nach München, verkaufte den Nachrichtensender N 24, sparte Geld. Gleichzeitig setzte Ebeling aufs Digitalgeschäft. Umsatz, Gewinn und Aktienkurs gingen nach oben.

Nun ist die alte Idee eines paneuropäischen Fernsehunternehmens beerdigt. Es sind nur noch einzelne Sender in Mittel- und Osteuropa übrig. Und Thomas Ebeling kann über die Börse zum Helden der digitalen Ära werden, ganz ohne "Heuschrecken". Sein Konzern nannte sich früher: "Medienhaus mit Fantasie".

© SZ vom 15.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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