Süddeutsche Zeitung

Verkauf an Edeka:Tengelmann gibt Supermärkte auf

  • Die Unternehmer-Familie Haub verkauft die Supermarkttochter Kaiser's Tengelmann an Edeka. Noch muss aber das Bundeskartellamt zustimmen.
  • Geht der Deal durch, wechseln Mitte 2015 mehr als 450 Filialen den Besitzer und knapp 16 000 Beschäftigte den Arbeitgeber.
  • Unter welcher Marke die Geschäft künftig laufen werden, ist noch unklar.
  • Tengelmann macht seit Jahren mit den Lebensmittelläden Verluste und konzentriert sich im Einzelhandel jetzt auf Baumärkte und Textilien.

"Zu klein, um weiterhin im Markt eine Chance zu haben"

Tengelmann verabschiedet sich aus dem Lebensmittel-Geschäft. Das Traditionsunternehmen verkauft seine restlichen Supermarkt-Filialen an den deutlich größeren Konkurrenten Edeka aus Hamburg. Zu klein ist Kaiser's Tengelmann inzwischen, zu groß sind die Verluste: "Am Ende des Tages setzen sich die Starken durch", sagte der Chef der Tengelmann-Gruppe, Karl-Erivan Haub im Unternehmenssitz in Mülheim an der Ruhr.

Bereits zuvor hieß es schriftlich: "Wir sehen leider keine Perspektive mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen. Mit einem Marktanteil von nur 0,6 Prozent sind wir mit unseren Supermärkten zu klein, um weiterhin im Markt eine Chance zu haben". Im Juli hatte Haub eingeräumt, Kaiser's stehe vor Einschnitten.

451 Filialen, knapp 16000 Beschäftigte

Die defizitäre Kette liegt mit 451 Filialen, knapp 16 000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von etwa 1,8 Milliarden Euro deutlich hinter den Großen der Branche - Aldi, Lidl, Rewe und Edeka. Der deutsche Lebensmittelmarkt gilt als hart umkämpft, entsprechend hoch ist der Druck auf Preise und Gewinnmargen. Neben den Supermärkten übernimmt Edeka die Online-Tochter Tengelmann E-Stores, zu der die Internethändler Plus.de und Garten XXL.de gehören.

Einst war das Unternehmen selbst größter Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands: "Wir haben es nicht verstanden, daraus etwas Nachhaltiges zu schaffen", sagte Haub. Seit 15 Jahren habe seine Familie Verluste des Unternehmens ausgleichen müssen. Nun sah er keine Zukunft mehr in dem Geschäft. Die Suche nach einem Partner verlief erfolglos, auch im Ausland.

Kartellamt muss den Deal absegnen

Noch steht der Verkauf unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Genehmigung - und die Wettbewerbshüter wollen genau hinschauen. In der Branche sei "schon die jetzige Konzentration ein Problem", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Dienstag. "Jede weitere Konzentration wirft schwierige wettbewerbsrechtliche Fragen auf. Natürlich werden wir das konkrete Vorhaben intensiv prüfen."

Erst Ende September hatte das Kartellamt kritisiert, Ketten wie Edeka hätten zu viel Macht und würden diese gegenüber Lieferanten gnadenlos ausnutzen. Eine Studie hatte ergeben, dass die vier größten Spieler im deutschen Lebensmitteleinzelhandel - Edeka, Rewe, Aldi sowie die Schwarz-Gruppe mit den Lidl-Märkten und Kaufland - inzwischen zusammen auf einen Marktanteil von etwa 85 Prozent kommen. Die Behörde müsse deshalb "einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse konsequent entgegenwirken", sagte Mundt damals.

Wenn die Behörde den Zusammenschluss untersage, bedeute das "im schlimmsten Fall", dass alle 451 Filialen schließen müssen, sagte Haub. "Die Alternative ist, dass Tausende Menschen gar keinen Arbeitsplatz mehr haben und das kann es ja nicht sein." Gegebenenfalls werde es deshalb einen "Konflikt mit dem Kartellamt" geben - wie schon 2007, als die Behörde Tengelmann zwang, knapp 400 Plus-Filialen zu verkaufen, bevor Edeka die restlichen kaufen durfte und zu Netto-Märkten umwandelte.

Künftiger Markenname noch unklar

Nach der Übernahme wolle Edeka die Läden in Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen nach und nach an selbständige Kaufleute übergeben, heißt es von Edeka. Dadurch solle vor allem den Filialleitern von Kaiser's Tengelmann "die Chance auf Selbständigkeit" gegeben werden, sagte Edeka-Chef Markus Mosa. Die Konzentration von Edeka-Märkten in den drei Bundesländern werde durch die Übernahme nicht signifikant zunehmen.

Ob alle Märkte auf die Marke Edeka umgestellt werden oder die Marke Kaiser's behalten, wollten die Hamburger mit Verweis auf die laufende Kartellprüfung nicht kommentieren. Eines sei aber klar, sagte Haub: Der Name Tengelmann werde von den Filialen verschwinden. Die Marke sei im Gegensatz zur Marke Kaiser's nicht mitverkauft worden. "Wenn das nicht mehr zu uns gehört, dann verwirrt das nur. Kaisers, so meine Hoffnung, bleibt. Der Name ist Teil des Pakets."

Ausstieg aus dem Lebensmittelhandel

Tengelmann steigt mit dem Verkauf endgültig aus dem Lebensmittel-Geschäft aus. Bereits vor fünf Jahren hatte die Gruppe den Discounter Plus verkauft - ebenfalls an Edeka. Zum Konzern gehören unter anderem noch die Baumarktkette Obi und der Textil-Discounter Kik; außerdem die Immobiliengesellschaft Tengelmann Real Estate sowie die Start-up-Investmentfirmen Emil Capital Partners in den USA und Tengelmann Ventures in Deutschland.

Außerdem war Tengelmann unter Haubs Führung einer der Vorreiter beim Ausbau des Online-Handels. So gehört zur Unternehmensgruppe beispielsweise der Online-Händler baby-markt.de. Auch am Börsen-Neuling Zalando ist Tengelmann beteiligt.

Im Geschäftsjahr 2013 machte die Gruppe so einen Nettoumsatz von insgesamt mehr als 7,8 Milliarden Euro. Die Firma wurde 1867 in Mülheim an der Ruhr gegründet und ist noch immer ein Familienunternehmen.

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