Verkauf alter Telefonzellen:Ein Quadratmeter Nostalgie

Verkauf alter Telefonzellen: Wo stehen noch Telefonzellen? Hier das Exemplar auf dem Gelände des Bundesnachrichtendiensts

Wo stehen noch Telefonzellen? Hier das Exemplar auf dem Gelände des Bundesnachrichtendiensts

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Telekom verkauft ihre alten Telefonhäuschen an Privatpersonen. Und verhilft dem Kommunikationsklassiker zum Comeback - als Dusche, Gewächshaus, Mini-Bibliothek oder als lärmgeschützer Raum. Für Handygespräche.

Von Lillian Siewert

Junge Menschen kennen das Gefühl wohl nicht mehr. Den Hörer zwischen Ohr und Schulter gepresst, eine Hand in der Hosentasche, hektisch wühlend nach ein paar Münzen. Bevor am Ende ein Klick das Telefonat abrupt beendet.

Die Telefonzelle gehört in Zeiten von Handy und Smartphone zu den aussterbenden Arten. Statt auf deutschen Straßen könnten die klobigen Boxen manchem nun eher im eigenen Wohnzimmer oder im Garten der Freunde begegnen. Denn der Kommunikations-Klassiker scheint den Deutschen ans Herz gewachsen zu sein.

Immer häufiger erreichen die Telekom private Anfragen, ob die alten Telefonhäuschen zu kaufen seien, wie der Konzern berichtet. Seit 2013 verkauft die Telekom die gläsernen Gesprächskabinen. 450 Euro plus Mehrwertsteuer kostet das ginstergelbe Original der Bundespost, das Modell "TelH78". Das magenta-graue "TelH90" im Telekom-Design gibt's schon für 350 Euro plus Mehrwertsteuer.

Eine attraktive Zusatzeinnahme, für die der Telefonkonzern allerdings auch ein wenig Arbeitszeit investiert. "Die alten, teilweise defekten Telefonzellen werden von unseren Mitarbeitern so aufgearbeitet, dass sie wieder ordentlich aussehen", sagt ein Telekom-Sprecher.

Zwei Drittel sind schon abgebaut

Das "private Recycling" kommt der Telekom gelegen. Das Unternehmen baut immer mehr Telefonzellen ab - weil die Menschen ohnehin überwiegend mit dem Handy telefonieren. Die Zahl der in Deutschland aufgestellten Telefonhäuschen, die nicht alle von der Telekom betrieben werden, schrumpfte seit der Jahrtausendwende um mehr als zwei Drittel. Während im Jahr 2000 noch etwa 135 000 Kabinen über Deutschland verteilt in Betrieb waren, sind davon heute nur noch um die 40 000 übrig. Besonders in Dörfern und abgelegenen Regionen decken die Einnahmen aus den Telefonaten selten die Kosten für die Instandhaltung der Kabinen. Seit 2003 ersetzt die Telekom außerdem alte unrentable Kabinen durch günstigere Modelle.

In Michendorf nahe Potsdam können daher nun Käufer die aufpolierten Alt-Kabinen abholen. Das Telekom-Lager beheimatet dort rund 3000 defekte oder beschädigte Telefonhäuschen. Auf Satellitaufnahmen des Telekom-Lagers fallen vor allem die magenta-grauen Zellen auf. Aneinandergereiht warten sie nahe der kleinen 1200-Einwohner-Gemeinde auf weitere Verwertung. Einige werden noch einmal im öffentlichen Raum eingesetzt, andere stehen zum Verkauf.

Das von Wald umgebene Gelände gehörte einst der Deutschen Post, seit 1995 zerlegen und reparieren dort Mitarbeiter der Telekom kaputte Telefonzellen. Ein paar wenige gelbe Originale aus Bundespost-Zeiten stehen auch zum Verkauf.

Die alten Kabinen würden als Dusche, Gewächshaus oder Mini-Bibliothek eingesetzt, berichtet der Konzernsprecher. Unternehmen nutzten die Telefonkabinen als lärmgeschützen Raum - ausgerechnet für Handygespräche.

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