Verivox:Verbraucherportal im Zwielicht

Verivox preist sich als das "größte unabhängige Verbraucherportal für Energie" an. Auf den Internetseiten können Nutzer Strom- und Gastarife vergleichen und "direkt zum besten Anbieter" wechseln. Jetzt steht steht der Betreiber im Verdacht, die Bewertungen manipuliert zu haben.

Alina Fichter

Mehr als 700.000 Menschen haben Geld verloren: Von keiner Insolvenz in Deutschland waren je so viele Kunden betroffen wie von der Teldafax-Pleite. Aber sie wirft ein Schlaglicht auf die windigen Geschäftsmodelle von Billigstromanbietern - aber auch auf die Machenschaften von Vergleichsportalen, die massenhaft Schnäppchenjäger mit dem Versprechen auf ihre Internetseiten locken, "mehrere hundert Euro" sparen zu können - und ohne die Teldafax wohl nie so viele Kunden gewonnen hätte.

Verivox

Viele Verbraucher informieren sich zunächt im Internet, bevor sie Verträge abschließen.

(Foto: dpa)

Verivox preist sich selbst, das "größte unabhängige Verbraucherportal für Energie" zu sein, mit dessen Hilfe Tarife verglichen werden könnten, um "direkt zum besten Anbieter" zu wechseln. Zum besten Anbieter?

Wohl kaum. Verivox hat jetzt Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet, weil ein anonymes Schreiben kursiert, das dem Portal vorwirft, Tausende Besucher in erster Linie zu dem Anbieter gelotst zu haben, der die höchsten Provisionen zahlte: Teldafax. Zwar weist eine Sprecherin von Verivox die Vorwürfe zurück. Dennoch stellt sich die Frage, wie verbraucherfreundlich sogenannte Verbraucherportale wirklich sind.

Zunehmende Macht

Unbestritten ist ihre zunehmende Macht als Vermittler zwischen Verbrauchern und Konzernen: So geben vier von fünf Befragten einer Studie des Versicherungsberaters Assekurata an, künftig keine Police mehr abzuschließen, ohne sich vorher auf Vergleichsportalen zu informieren; bei Stromanbietern oder DSL-Anschlüssen dürfte die Zahl ähnlich hoch sein.

Allein im Juni besuchten 4,1 Millionen Nutzer die Seite von Verivox. Kein Wunder, die Stiftung Warentest hatte das Portal mit der Bestnote ausgezeichnet. Verivox und Co. galten Verbraucherschützern als nützliches Instrument für Preisvergleiche, viele Kunden vertrauten den Internetseiten blind.

Damit könnte es nun vorbei sein. "Wenn die Vorwürfe zutreffen, dass Verivox aus Eigeninteresse seine Ratings manipuliert hat, ist das ist das ein harter Schlag für alle Anbieter: Ein erheblicher Vertrauensverlust wäre die Folge", sagt Holger Krawinkel vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) - der Verbraucher könne sich nicht mehr auf die Objektivität der Informationen verlassen.

60 Euro für einen Vertrag

Fraglich ist, wie sehr er das bisher konnte. Die Portale leben von den Provisionen der Unternehmen, die sie auf ihren Seite bewerten: Für jeden vermittelten Stromvertrag erhalte Verivox rund 60 Euro, bestätigt die Sprecherin. "Die genaue Höhe wird mit jedem Partner einzeln ausgehandelt." Von Unabhängigkeit kann also nicht die Rede sein. Von Transparenz noch weniger: Die Portale verschleiern, von wem sie wie viel Geld kassieren - und mit welchen Folgen. Entsprechend hartnäckig halten sich Gerüchte, dass Vergleichsportale die Kunden am liebsten dorthin lotsen, wo am meisten zu verdienen ist. Die Verivox-Sprecherin bestreitet das.

Schwierige Besitzverhältnisse

Entspräche ihre Aussage der Wahrheit, wäre gegen Provisionen im Prinzip nichts einzuwenden - so lange den Verbrauchern deutlich gemacht würde, dass in den Bewertungen längst nicht der vollständige Markt abgebildet ist. Im Gegenteil: Die meisten Portale listen nur jene Anbieter, die sich auf die von ihnen geforderte Provisionshöhe einlassen. Dadurch weichen die Ergebnisse verschiedener Vergleichsseiten stark voneinander ab.

So fehlt etwa die HUK24 beim Portal Check24 ganz, obwohl sie zu den günstigsten Autoversicherern gehört - der Mutterkonzern hatte sich schlicht geweigert, regelmäßig Hunderte Euro an Check24 zu überweisen. Um dennoch internetaffine Schnäppchenjäger abgreifen zu können, kaufte die HUK zuletzt ein eigenes Portal, das sie transparo.de taufte; seine Unabhängigkeit darf allein wegen der Besitzverhältnisse angezweifelt werden.

Aber es gibt noch weitere Tricks, mit Hilfe derer Portale ihre Ratings ganz legal beeinflussen können - beispielsweise die Voreinstellungen. Wer auf die Seiten von Verivox oder anderen Stromtarifrechnern klickt, bemerkt nur, wenn er sehr genau hinsieht, ein paar Häkchen; die sind so gesetzt, dass beim Preisvergleich jene Anbieter oben landen, die von ihren Kunden sowohl eine Kaution als auch Vorauskasse verlangen.

Wer nicht überprüft, ob die Konzerne seriös sind, läuft Gefahr, das Schicksal der Teldafax-Kunden zu teilen, von denen einige ihre Beschwerden auf der Seite hinterlassen haben. "Durch die Pleite von Teldafax werde ich meine im voraus gezahlten 2400 Euro wahrscheinlich nie wieder sehen", schreibt einer. Ein anderer macht Verivox Vorwürfe: "Wie können Sie als seriös geltender Vergleicher ein Unternehmen wie Teldafax anbieten?"

Das fragen sich jetzt auch immer mehr Verbraucherschützer. Krawinkel vom VZBV fordert, die Portale müssten künftig zumindest ihre Finanzierung detailliert offen legen: "Andernfalls sind sie als Quelle nicht mehr zu gebrauchen."

Anmerkung der Redaktion: sueddeutsche.de hat einzelne Informationsdienste von Verivox in sein Angebot eingebunden. Dies beeinflusst nicht die Berichterstattung über die Vorwürfe gegen das Unternehmen.

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