Für Autofahrer ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Bescheid im Briefkasten liegt: Die Prämie für die Kfz-Versicherung steigt ab Januar, steht darauf. Halb so schlimm, werden sich viele denken und ihren Rechner hochfahren. Wozu gibt es schließlich kostenlose Vergleichsportale im Internet?
Genau: Um das günstigste Angebot zu finden und mit ein paar Klicks "Hunderte Euro" zu sparen - so jedenfalls lautet das Versprechen, mit dem Verivox, Check 24, Toptarif und andere Portale Millionen Deutsche auf ihre Seiten locken: Dort finde man nicht nur günstige Versicherungen, sondern auch billige Stromtarife, höhere Bankzinsen, bessere Handytarife und vieles mehr, heißt es.
Aber halten sie ihr Versprechen auch?
Die Süddeutsche Zeitung hat drei Portale für Stromtarife getestet und zwei Online-Rechner für Autoversicherungen mit der Auswertung der unabhängigen Stiftung Warentest verglichen. Überraschendes Ergebnis: Die fünf vermeintlich günstigsten Angebote sind bei den einzelnen Portalen beinahe durchgehend unterschiedlich geratet. Und für die selben Tarife wird manchmal ein anderer Jahresbeitrag veranschlagt. Wer wirklich vergleicht, bleibt also erst einmal ratlos zurück.
Besonders bei den Autoversicherern gehen die Empfehlungen weit auseinander: Während Stiftung Warentest einen Tarif für 366,39 Euro im Jahr findet, zahlen Verbraucher drauf, wenn sie sich auf die Portale verlassen: Bei Check 24 etwa kostet das günstigste Angebot 381,82 Euro. Noch irritierender ist aber, dass der gleiche Tarif unter Umständen mehr kosten kann, so wird etwa das Sparpaket der Sw. L. Wittenberg bei Verivox und Toptarif zu unterschiedlichen Preisen angeboten.
Außerdem fällt auf: Manche Anbieter sind in bestimmten Portalen schlicht nicht enthalten. Unter den ersten fünf taucht die All Secur Autoversicherung nur bei Check 24 auf, während Cosmos Direkt ausschließlich bei transparo.de aufgeführt wird. Zwar ähneln sich die von den Portalen empfohlenen Stromtarife etwas mehr, gravierende Unterschiede gibt es aber auch dort.
Ein Grund für die Unstimmigkeiten ist, dass keiner der Tarifrechner den vollständigen Markt abbildet. Überall fehlen einige Gesellschaften - meist, weil sie sich weigern, den Portalen Provisionen zu überweisen, wie diese es für jeden vermittelten Vertrag verlangen. In die Bewertung von Check 24 fließen etwa die Kfz-Tarife der HUK 24 nicht ein, bei transparo.de fehlen Ergo und Aachener Münchener. Außerdem stellen die Online-Rechner unterschiedliche Fragen: Manche möchten wissen, ob Autofahrer sich gegen Wildschäden versichern wollen, anderen ist das egal - schon ändert sich der Versicherungsbeitrag.
Verbraucher-Abzocke:Luftnummern im Regal
Manche Firmen pappen gerne Worte wie "extra groß" oder "XXL" auf ihre Produkte. Jetzt haben Verbraucherschützer die Verpackungen geröntgt. Auf den Bildern zeigt sich ein teils bizarres Missverhältnis zwischen Verpackungsgröße und Inhalt. Vergleichen Sie selbst - zwischen Original und Röntgenaufnahmen.
Die Ergebnisse der Portale weichen jedenfalls so stark voneinander ab, dass Verbraucher kaum mit Hilfe eines einzelnen Portals das günstigste Angebot finden. Eine Studie des Leipziger Instituts für Versicherungswissenschaften untermauert diese Zweifel: Die Autoren prüften sieben Online-Rechner für Autopolicen, die insgesamt 315 Kfz-Tarife listen. Fazit: "Es existiert kein Portal, das für alle Kunden immer das günstigste ist." Mehr noch: Um bis zu 28 Prozent teurer könne das billigste Angebot eines Portals im Vergleich zu einem anderen sein.
Genau das ist ein zentrales Problem der Portale, kritisiert Peter Lischke von der Verbraucherzentrale Berlin: "Für den Kunden ist überhaupt nicht ersichtlich, wieso jener Tarif oben steht und nicht ein anderer." Die Online-Rechner seien wie eine Black Box, die Daten aufnehme - und irgendwelche Tarife ausspucke: "Was dazwischen geschieht, weiß keiner so genau", sagt Lischke.
Einen düsteren Schatten auf das, was dazwischen passieren könnte, wirft derzeit ein anonymes Schreiben, das in den Medien zitiert wird: Es wirft Verivox vor, Besucher der Seite bewusst zu dem Anbieter gelotst zu haben, der die höchsten Provisionen zahlte - zum Billigstromanbieter Teldafax, der kürzlich pleiteging. Zwar weist Verivox die Vorwürfe zurück und reichte Strafanzeige gegen Unbekannt ein. Dennoch stellt sich seither die Frage, ob Verbraucher den Online-Tarifrechnern vertrauen können.
Die Portale können nach wie vor wichtige Erstinformationen liefern", sagt Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Allein Stromanbieter gebe es in der Republik über 1000 - kein Wunder, dass die Portale bisher als Segen galten, schienen sie doch Orientierung im Tarifdschungel zu bieten. Nur: So unabhängig, wie die Vergleichsrechner sich geben, sind sie nicht. Für vermittelte Verträge kassieren sie Provisionen, ähnlich wie Versicherungsvertreter. Und von wem sie wie viel Geld erhalten - und mit welchen Folgen, das verschleiern sie. "Das Vertrauen der Verbraucher ist erschüttert", sagt Experte Krawinkel und fordert: "Provisionen müssen künftig transparent gemacht werden. Und die Portale sollten einer Aufsicht unterstellt werden."
Nutzer müssten ohnehin mehrere Vergleichsrechner heranziehen, wenn sie ein günstigeres Angebot suchten, rät Verbraucherschützer Lischke: "Der Blick auf ein Portal reicht nicht." Er empfiehlt, sich zudem gesondert über den ausgewählten Anbieter zu informieren: Ist er vertrauenerweckend? Welche Bedingungen hat der gewünschte Tarif - ist etwa ein Bonus mit eingerechnet, den nur bekommt, wer den Vertrag nach einem Jahr verlängert, wie bei Billigstromanbietern üblich?
Beim Wechsel des Stromtarifs sei ohnehin Vorsicht geboten, sagt Lischke: Klickt man die Voreinstellungen der Portale nicht weg, erscheinen jene Anbieter ganz oben, die von ihren Kunden sowohl Kaution als auch Vorauskasse verlangen. Wer nicht prüft, ob die Konzerne seriös sind, läuft Gefahr, das Schicksal der Teldafax-Kunden zu teilen: Tausende, die blind auf die Empfehlung von Online-Vergleichsportalen vertraut hatten, verloren ihr Geld.
Anmerkung der Redaktion: sueddeutsche.de hat einzelne Informationsdienste diversen Vergleichsportalen in sein Angebot eingebunden. Dies beeinflusst nicht die Berichterstattung.
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