Süddeutsche Zeitung

Vergabepraxis:Bundesregierung will schwarze Liste für korrupte Unternehmen

  • Zwar können Behörden schon jetzt Firmen ausschließen, die Wirtschaftsdelikte begangen haben - allerdings lässt sich nur schwer nachprüfen, ob ein Unternehmen vorbelastet ist.
  • Künftig sollen Staatsanwaltschaften oder das Kartellamt Rechtsverstöße aller Art dem Register melden.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Bundesregierung will betrügerische Firmen künftig bundesweit von öffentlichen Aufträgen ausschließen. Dazu soll ein neues Register entstehen, das korrupte Firmen auflistet. Das geht aus einem Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, der noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll. Er liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Das Register soll eine entscheidende Lücke bei der Vergabe öffentlicher Aufträge schließen. Zwar können Behörden schon jetzt Firmen ausschließen, die Wirtschaftsdelikte begangen haben. Allerdings lässt sich nur schwer nachprüfen, ob ein Unternehmen vorbelastet ist.

Seit Jahren wird deshalb über eine Art "schwarzer Liste" diskutiert. 2014 forderten die Länder den Bund auf, die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Vergleichbare Korruptionsregister gibt es bisher nur in einzelnen Bundesländern. Sie umfassen aber nur Vergehen, die dort begangen wurden.

Bewirbt sich eine Firma in einem anderen Bundesland um einen Auftrag - sei es zum Bau von Straßen, zur Ausstattung der Polizei oder als Dienstleister von Behörden - bleiben die Delikte verborgen. "Somit konnten bisher unter Umständen Unternehmen von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen profitieren, bei denen Ausschlussgründe vorlagen", heißt es in dem Gesetzentwurf.

Auch Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung sind relevant

Solche Gründe listet das deutsche Vergaberecht schon jetzt auf, etwa Bestechung, Subventionsbetrug oder Zwangsarbeit. Auch wer sich der Geldwäsche schuldig gemacht hat oder der Terrorismusfinanzierung überführt wurde, ist von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen. Das neue Register soll zudem Schwarzarbeit oder Steuerhinterziehung sowie Verstöße gegen Mindestlohnvorgaben ausweisen. Künftig sollen Staatsanwaltschaften oder das Kartellamt Rechtsverstöße dem Register melden. Wird ein verantwortlicher Manager zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder zu einer Geldbuße von mehr als 2500 Euro verurteilt, landet die Firma in dem elektronischen Register. Damit hat sie für drei Jahre keine Chance auf öffentliche Aufträge - es sei denn, sie weist eine "Selbstreinigung" nach, die eine Wiederholungstat verhindert.

Für die betroffenen Unternehmen könnte das gravierende Folgen haben: Mit jährlichen Aufträgen im Umfang von 280 bis 300 Milliarden Euro ist die öffentliche Hand ein wichtiger Geschäftspartner. 2019 soll das Register seine Arbeit aufnehmen. Fortan müssen öffentliche Verwaltungen bei jedem Auftrag, der mehr als 30 000 Euro umfasst, darin die Gesetzestreue möglicher Auftragnehmer prüfen.

Experten zeigten sich dennoch enttäuscht. So gebe es auch künftig kaum eine Handhabe, verdächtige Firmen von öffentlichen Aufträgen auszuschließen, sagte Christian Heuking, Vergabeexperte bei Transparency International. "An dieser Stelle versagt das Register." Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung vergingen Jahre. "Bis zur Verurteilung werden Unternehmen eine Selbstreinigung durchlaufen haben, sodass sie dann trotzdem für öffentliche Aufträge zuzulassen sind."

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SZ vom 23.02.2017/hgn
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