Verfassungsbeschwerde gegen Euro-Rettungsschirm:Die Skepsis der Richter

Ist der Euro-Rettungsschirm verfassungswidrig? Bei der ersten Verhandlung über diese Frage deutet sich an, dass die Richter eine stärkere Beteiligung des Bundestags an solchen Entscheidungen verlangen werden. Doch zugleich muss die Kläger-Gruppe um Peter Gauweiler einen entscheidenden Rückschlag hinnehmen.

Wolfgang Janisch und Helmut Kerscher

Das Bundesverfassungsgericht wird möglicherweise eine stärkere Beteiligung des Bundestags bei internationalen Bürgschaften und Krediten verlangen. In diese Richtung zielten zumindest die Fragen des Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle und des Berichterstatters Udo Di Fabio wie auch anderer Verfassungsrichter bei der mit Spannung erwarteten Anhörung zum Euro-Rettungsschirm.

Klage gegen Griechenlandhilfen

Die Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts verhandeln eine Verfassungsbeschwerde gegen den Euro-Rettungsschirm.

(Foto: dapd)

Der Zweite Senat verhandelte über Verfassungsbeschwerden des CSU-Politikers Peter Gauweiler sowie einer Gruppe von Ökonomie-Professoren. Aus ihrer Sicht verletzt der im Mai 2010 beschlossene Rettungsschirm, der für Deutschland einen maximalen Haftungsanteil von 147 Milliarden Euro vorsieht, das Haushaltsrecht des Bundestags sowie die Eigentumsgarantie. Aus ihrer Sicht verwandelt sich die EU damit dauerhaft in eine Haftungs- und Transferunion, was gegen den EU-Vertrag verstoße. Ein Urteil könnte schon im Frühherbst fallen - also noch vor der Entscheidung des Bundestags über die Einrichtung eines dauerhaften Rettungsschirms.

Ein zentraler Punkt der Verhandlung war das Budgetrecht des Parlaments und seine "dauerhafte haushaltspolitische Gesamtverantwortung". Voßkuhle fragte, ob das Parlament bei langfristig wirksamen Ausgabenzusagen vor sich selbst geschützt werden müsse. Eine solche Selbstbeschränkung gebe es mittlerweile durch die neue Schuldenbremse der Verfassung.

Di Fabio erinnerte daran, dass das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Maastricht-Urteil von 1993 von "parlamentarisch verantwortbaren" Entscheidungen gesprochen habe. Man müsse möglicherweise zwischen nationalen Gewährleistungen, die ohne weiteres geändert werden könnten, und international nicht mehr reversiblen Beschlüssen trennen. Richter Peter Michael Huber nannte als Beispiel für internationale Verpflichtungen eine mögliche Pflicht der Europäischen Zentralbank, bei entstehenden Lücken Geld nachzuschießen.

Voßkuhle hatte bereits zu Beginn die Hoffnung gedämpft, das Gericht werde den Euro-Rettungsschirm insgesamt für verfassungswidrig erklären. "Über die Zukunft Europas und die richtige ökonomische Strategie zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise wird in Karlsruhe nicht verhandelt. Das ist Aufgabe der Politik und nicht der Rechtsprechung."

Aus Sicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist der Bundestag bereits hinreichend einbezogen worden: "In Deutschland wird keine maßgebliche Regelung zur Stabilisierung der Eurozone ohne die Zustimmung des Parlaments beschlossen", sagte er in Karlsruhe. Schäuble erinnerte an die angespannte Situation im Frühjahr des vergangenen Jahres. Es habe eine "Ansteckungsgefahr" und damit eine Gefährdung der Stabilität der Eurozone bestanden. "Eine gemeinsame Währung kommt nicht ohne Solidarität ihrer Mitglieder aus."

Mehrere Bundestagsabgeordnete versicherten, sie hätten im Mai 2010 die Griechenland-Hilfe und den Europäischen Rettungsschirm nach sorgfältiger Prüfung beschlossen. "Eine Erpressung hat nicht stattgefunden", sagte Siegfried Kauder (CDU). Das formelle Gesetzgebungsverfahren sei zwar sehr kurz gewesen, man habe sich aber im Haushaltsausschuss mehrere Wochen mit dem Fall Griechenland befasst, sagte der Abgeordnete Florian Toncar (FDP).

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