Bei Aldi Süd und Aldi Nord sind sie vermutlich daran gewöhnt, für so manches Elend in der Welt verantwortlich gemacht zu werden. Das mag im Einzelfall vielleicht sogar zutreffen. An einem sind die Manager der Discounter aber sicher nicht schuld: am derzeitigen Verfall der Milchpreise. Den haben die Erzeuger vor allem sich selbst zuzuschreiben, tatkräftig unterstützt vom Deutschen Bauernverband. Sie produzieren schlicht und ergreifend zu viel Milch - und wenn das Angebot größer ist als die Nachfrage, dann fallen die Preise. Das ist eine ganz simple Marktregel.
Wie aber konnte es soweit kommen? Die Nachfrage deutscher Konsumenten ist seit Jahren relativ stabil, Wachstum hierzulande ist kaum möglich. Deshalb schielen die deutschen Milchbauern auf den Weltmarkt. Schon heute exportieren sie etwa die Hälfte der Produktion. Und wenn im nächsten Jahr die Fesseln der lästigen Milchquote endgültig fallen, wird ihnen die Ausfuhr noch leichter fallen. Dann darf jeder so viel melken wie er mag. Weil sich viele Milchviehhalter davon gute Geschäfte versprechen, haben sie sich bereits mehr Tiere angeschafft und liefern mehr Milch.
Freiheit bedeutet Unsicherheit
Doch die neue Freiheit hat eben auch ihren Preis. Die Milchbauern setzen sich mit ihrer Exportorientierung stärker dem Auf und Ab des freien Marktes aus. Genau dessen Schwankungen bekommen sie nun zu spüren, politische Konflikte lassen die Nachfrage am Weltmarkt sinken. Das ist bedauerlich für die Landwirte, die gerade viel Geld in den Ausbau ihrer Ställe gesteckt haben. Doch sie werden mit solchen Risiken leben müssen, wie viele andere Unternehmer in diesem Land auch.
Scheinheilig ist es aber, wenn der Bauernverband dem Handel, und damit eben auch den Verbrauchern, wieder einmal die Schuld für den Preisverfall in die Schuhe schieben will. Schließlich ermuntert er die Milchbauern seit Jahren, sie sollten sich fit für den Weltmarkt machen. Statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollte der Verband dafür nun auch die Verantwortung übernehmen.