Verfahren gegen Banker:Kaum zu fassen

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Filiale der BayernLB in Nürnberg. (Foto: dpa)

Seit Jahren hört die Welt vor allem ein Wort: Krise. Hunderte Milliarden an Steuergeldern wurden vernichtet. Doch Schuldige scheint es nicht zu geben, jedenfalls wurde von einem Gericht noch kaum jemand verurteilt. Auch bei der BayernLB wird das Gericht in der Hauptsache die Anklage wohl fallen lassen.

Ein Kommentar von Harald Freiberger

Die juristische Aufarbeitung des Desasters bei der BayernLB ist ein einziges Ärgernis. Jahrelang haben Staatsanwälte ermittelt und Richter den Fall sondiert; nun soll es zum Prozess kommen - doch ausgerechnet über den wichtigsten Punkt der Anklage, die Frage, ob der damalige Bank-Chef Werner Schmidt, sein Finanzchef Michael Kemmer und andere Vorstandsmitglieder die Hypo Alpe Adria viel zu teuer gekauft haben, soll vor Gericht nicht verhandelt werden. Die Richter haben ihn nicht zugelassen. Stattdessen wird es in dem Prozess nur um zwei nebensächliche Punkte gehen: Die Bank-Manager sollen beim Kauf der Hypo Alpe Adria den damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider bestochen und beim Nachkauf von Aktien 75 Millionen Euro veruntreut haben.

Ärgerlich ist das deshalb, weil es einmal mehr belegt, dass es fast unmöglich ist, Verantwortliche für die Finanzkrise zu benennen oder gar schuldig zu sprechen. Seit fünf Jahren hält die Krise die Welt in Atem, Hunderte Milliarden an Steuergeldern wurden vernichtet. Schuldige aber scheint es nicht zu geben, jedenfalls wurde von einem Gericht noch kaum jemand verurteilt. Es ist kaum zu fassen, aber man kriegt sie nicht zu fassen.

Die Finanzkrise entstand, weil amerikanische Banken fast jedem Bürger, der das wollte, einen Immobilienkredit gaben. Befeuert wurde dies vom Willen der Politiker, ihren Wählern Gutes zu tun, und von der Geldflut der US-Notenbank. Investmentbanken verbrieften und verpackten diese Kredite, verkauften sie auf der ganzen Welt, zum Beispiel an deutsche Landesbanken, und verdienten gut daran. Die Käufer, selbst renditegierig, verließen sich auf die Urteile von Rating-Agenturen, die wiederum von der Finanzbranche bezahlt wurden. Als die Blase platzte, brach alles zusammen.

Das zeigt: Es gab viele Beteiligte beim Entstehen der Finanzkrise, es ist fast ein Querschnitt der gesamten Gesellschaft (man darf auch Sparer nicht vergessen, die immer mehr Zinsen wollten und bei Instituten wie der isländischen Kaupthing-Bank investierten). Fast unmöglich ist es, einzelnen Beteiligten eine Verantwortung für das große Ganze nachzuweisen.

Überforderte Gerichte

Der Fall der BayernLB betrifft die Finanzkrise nur am Rande: Die Landesbank investierte auch in minderwertige US-Immobilienprodukte und musste deswegen vom Freistaat Bayern mit Milliarden Euro gerettet werden. Der Kauf der Hypo Alpe Adria lief davon unabhängig ab. Er vergrößerte aber das Milliarden-Loch und erforderte zusätzliches Geld vom Steuerzahler. Deshalb passt er in die Reihe anderer Verfahren gegen Banker nach der Finanzkrise.

Die Fälle liegen immer ähnlich: Die IKB versenkte Milliarden mit der Investition in US-Immobilienkredite; ihr Chef Stefan Ortseifen wurde zwar verurteilt, aber nicht für den Milliarden-Verlust, sondern weil er die Aktionäre falsch informiert hatte. Gegen Georg Funke, den Chef der Hypo Real Estate, die in der Finanzkrise am meisten Geld verbrannt hat, gibt es bis heute keinen richtigen Ansatz für ein Gerichtsverfahren.

Die Ankläger und Richter scheitern immer am selben Punkt: Sie müssen den Bankern nachweisen, dass sie vorsätzlich falsch investiert und damit ihr Unternehmen geschädigt haben. Diesen Beweis zu führen, ist fast unmöglich, da Kredite und Investitionen in neue Geschäftsfelder immer mit Risiko verbunden sind. Man weiß erst hinterher, wie es ausgeht. Die Verursacher der Finanzkrise können zu ihrer Entlastung anführen, sie hätten ja nicht vorhersehen können, dass die US-Immobilienblase platzen würde. Und die früheren Vorstände der BayernLB konnten die Richter offenbar davon überzeugen, dass sie wirklich geglaubt hatten, in der Hypo Alpe Adria eine gute Bank gekauft zu haben und nicht ein Milliardengrab.

Für die Bürger, die als Arbeitnehmer und Steuerzahler die Folgen der Finanzkrise zu tragen haben, ist das ärgerlich. Aber mit den Mitteln des Strafrechts ist den Ursachen nicht beizukommen. Die Gerichte sind damit überfordert, und man sollte sie dafür nicht verurteilen.

Das ist eine schlechte Nachricht für alle, die die Schuldigen der Vergangenheit verurteilt sehen wollen. Der einzige Weg aber weist in die Zukunft: Es geht darum, durch kluge Regulierung zu vermeiden, dass sich so etwas wiederholt. Dazu gehört das Verbot des zügellosen Zockens. Dazu gehören höhere Kapitalquoten, damit Banken künftig besser in der Lage sind, ihre Risiken selbst zu tragen. Und dazu gehört ein Abwicklungsregime, damit die Institute den Staat künftig nicht mehr mit ihrer Systemrelevanz erpressen können. Das alles ist mühsam und nicht so spannend, wie es wäre, wenn einzelne Banker am Pranger stünden.

© SZ vom 09.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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