Verdacht gegen Stahlkonzern Salzgitter:Die Nigeria-Connection

Salzgitter AG

Steuerfahnder haben die Zentrale des Stahlkonzerns Salzgitter durchkämmt.

(Foto: Jochen Lübke/dpa)
  • Der deutsche Stahlhersteller Salzgitter soll gegen Steuergesetze verstoßen haben.
  • Der Konzern hat angeblich Probleme, Zahlungsströme - besonders bei Nigeria-Geschäften - plausibel zu erklären.
  • Niedersachsens Finanzminister Schneider befindet sich in einer heiklen Rolle: Er sitzt im Aufsichtsrat des Unternehmens und ist zugleich Dienstherr der Steuerfahnder.

Von Kirsten Bialdiga, Düsseldorf

Die Steuerfahnder leisten ganze Arbeit. Als im Frühjahr der Verdacht aufkommt, der Stahlkonzern Salzgitter könnte gegen Steuergesetze verstoßen haben, durchkämmen Dutzende Ermittler die Konzernzentrale. Schnell wird ihnen klar, dass der vorliegende Durchsuchungsbeschluss nicht ausreicht. Denn der schließt die IT-Dienstleistungstöchter aus. Sie holen die Genehmigung dafür noch ein und einige Wochen später auch eine für die Niederlassung der Stahlhandelstochter Salzgitter Mannesmann International in Düsseldorf. Und dort stießen sie auf eine Spur, die dem Stahlhersteller noch einigen Ärger bereiten könnte.

Recht rau muss es bei der Razzia zugegangen sein. Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann beschrieb das Vorgehen der Ermittler später so: Es sei doch unter zivilisierten Menschen immer noch gute Sitte, "dass man, bevor man jemandem die Tür eintritt, es vielleicht einmal mit Klingeln versucht".

Die Steuerfahnder dürften den Einsatz in der Konzernzentrale hingegen als Erfolg verbuchen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung kann Salzgitter zwar voraussichtlich den Ursprungsverdacht in Teilen ausräumen. Demzufolge soll der Konzern unzulässige finanzielle Vorsorge für Umweltaltlasten getroffen haben, die den Gewinn und damit die Steuerlast des Konzerns gemindert hätten.

Anhaltspunkte für Gesetzesbruch bei Geschäften mit Iran und Nigeria

Doch damit ist die Sache nicht erledigt. Denn nur wenige Wochen später, am 14. Mai 2014, entschlossen sich die Braunschweiger Ermittler zu der Durchsuchung in Düsseldorf. Dieses Mal nahmen sie sich laut Insidern neben den Büros in Salzgitter und der Niederlassung der Handelstochter Salzgitter Mannesmann International auch Privatwohnungen vor. Über die Tochtergesellschaft werden nicht nur Stahlprodukte, sondern auch Röhren, etwa für Öl-Pipelines, verkauft.

Die Steuerfahnder fanden laut Insidern Anhaltspunkte dafür, dass Salzgitter bei Geschäften mit dem Iran und Nigeria gegen Steuergesetze verstoßen haben könnte. Dabei geht es um den Verdacht, der Konzern könnte Beratern für die Anbahnung von Geschäften zwischen 2005 und 2009 Provisionen von insgesamt mehr als 100 Millionen Euro gezahlt haben und die Ausgaben zumindest teilweise in Steuererklärungen falsch deklariert haben.

Der Konzern habe jedenfalls Probleme, die Zahlungsströme in jedem Einzelfall zu erläutern und ihnen ein zugrunde liegendes Geschäft oder einen plausiblen Empfänger zuzuordnen, sagte ein Insider. Insbesondere die Geschäfte mit Nigeria brächten Salzgitter in Erklärungsnot, heißt es. Zurzeit mühen sich die Steuerfahnder dem Vernehmen nach, ausfindig zu machen, wer im Konzern Kontakt zu den Provisionsempfängern hatte.

Ein Salzgitter-Sprecher bestätigte die laufenden Ermittlungen, wies aber den Verdacht zurück, dass der Konzern die Provisionen in unzulässiger Weise als steuermindernde Betriebsausgaben verbucht habe. "Salzgitter vertritt die Auffassung, sämtliche Zahlungen zutreffend behandelt zu haben." Die externen Vermittler hätten übliche Provisionen für die Anbahnung der Geschäfte erhalten. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig will sich zu dem Fall mit Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht äußern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema