Verdacht der Untreue:Erneut Razzia bei der HSH Nordbank

Besuch von Polizei und Staatsanwalt: Fahnder haben wieder Geschäftsräume bei der HSH Nordbank durchsucht und Akten sichergestellt. Es geht um einen Rechtsstreit in der Türkei - wollte die Bank ihn mit dubiosen Zahlungen aus der Welt schaffen?

Erneute haben Fahnder bei der HSH Nordbank zugeschlagen: Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Dienstag wegen des Verdachts der Untreue die Bankzentralen in Hamburg und Kiel durchsucht. Razzien gab es auch in vier Privatwohnungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie in Geschäfts- und Lagerräumen einer Sicherheitsfirma in München.

Dabei seien rund 30 Kartons mit Unterlagen sowie Laptops, PCs und Datenträger sichergestellt worden, bestätigte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers am Donnerstag einen Bericht der Bild.

Ein ehemaliger Vorstand sowie zwei frühere leitende Angestellte würden verdächtigt, unberechtigt Zahlungen über mehr als fünf Millionen Euro an eine Münchner Sicherheitsfirma sowie an eine Salzburger Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft angewiesen zu haben. Die Bank hatte deshalb Ende 2010 selbst Anzeige erstattet.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit mit einem türkischen Reeder, der von der HSH Nordbank 61 Millionen Euro fordere. Begonnen hat der Fall Anfang vergangenen Jahrzehnts, als die aufgrund ihres Standorts an der Küste auf Schiffs-Finanzierungen spezialisierte HSH dem türkischen Reeder Kredite für den Bau einer kleinen Flotte gewährte. 2003 kam es zum Streit, der Reeder soll die Darlehen nicht mehr getilgt haben.

Die HSH griff sich vorübergehend die von ihr finanzierten mehr als fünf Schiffe und kam schließlich zu ihrem Geld. Anschließend machte der Reeder in seinem Heimatland jedoch beträchtliche Schadenersatzforderungen geltend, unter anderem für entgangene Frachtaufträge und den Rufschaden, den er erlitten habe. Hier kam die Münchner Sicherheitsfirma ins Spiel, die bereits in andere HSH-Affären verwickelt ist und die über gute Beziehungen in der Türkei verfügen soll. Im Mai 2008 erhielt die Sicherheitsfirma mehrere Millionen Euro als Erfolgshonorar, falls es gelinge, die Ansprüche des Reeders abzuwehren. Projektname: Shisha (Wasserpfeife).

Außerdem sollen sie bei der österreichischen Wirtschaftsberatungsgesellschaft ein nutzloses Gutachten zur Situation türkischer Reedereien über 1,5 Millionen Euro in Auftrag gegeben haben.

Möllers sagte, die Anklagebehörde habe nach rund einjähriger Prüfung Anfang 2012 einen Anfangsverdacht angenommen und am Dienstag von zwei Staatsanwälten und 42 Polizeibeamten insgesamt elf Durchsuchungsbeschlüsse umsetzen lassen.

Bereits Anfang Januar hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen sechs frühere Bankvorstände Anklage wegen Untreue in besonders schwerem Fall und unrichtiger Darstellung, also Bilanzfälschung, erhoben.

Bei den Beschuldigungen gegen die Manager, darunter auch die früheren Vorstandschefs Hans Berger und Dirk Jens Nonnenmacher, geht es vor allem um das Geschäft mit dem Codenamen "Omega 55" Ende 2007, das die Bank letztlich 270 Millionen Euro kostete. Die früheren Vorstände weisen die Anschuldigungen bislang zurück. Sollte das Gericht die Anklage zulassen, rechnet Möllers nach eigenen Angaben mit einem Prozess nicht vor Ende des Jahres.

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