Verdacht auf Ölpreis-Kartell:Razzien bei Shell, BP und Statoil

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Eien Bohrinsel des Ölkonzerns Shell in der Nordsee. (Foto: dpa)

Ölkonzerne sollen sich abgesprochen haben, um den Preis des wichtigen Rohstoffes zu manipulieren. In Norwegen und zwei EU-Staaten durchsuchen Fahnder der Union Büros von Shell, BP und Statoil. Verbrauchern könnte ein hoher Schaden entstanden sein.

Wem der Libor-Zinsskandal nicht schmierig genug war, kann sich mit einer neuen mutmaßlichen Preismanipulation beschäftigen, die einen Milliardenschaden angerichtet haben könnte. Statt um Zinsen geht es diesmal um eine mögliche Manipuliation des Preises für Erdöl. Kartellwächter der EU-Kommission durchsuchten die Büros mehrerer Großkonzerne in drei Staaten.

Zu den durchsuchten Konzernen zählten Shell, BP und die norwegische Firma Statoil. Die betroffenen Unternehmen bestätigten die Durchsuchungen und kündigten an, mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Norwegen ist nicht Teil der EU, aber als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes einigen Regeln der Union unterworfen.

Es bestehe der Verdacht, dass Firmen sich abgesprochen haben könnten, um die Feststellung der Ölpreise durch Energieinformationsdienste, so genannte Preisagenturen, zu manipulieren, teilte die Kommission mit.

Diese Agenturen stellen aufgrund von Angaben der Händler den aktuellen Preis für Ölprodukte fest. Diese Preise gelten als Grundlage für milliardenschwere Abschlüsse im Handel mit den Ölprodukten und Derivaten. Die EU-Kommission befürchtet nun, Firmen könnten sich abgesprochen haben, um nicht korrekte Preise für "eine Reihe von Öl- und Biokraftstoffprodukte" an eine Preisagentur weitergegeben zu haben.

Außerdem könnten die Unternehmen andere Firmen davon abgehalten haben, sich an der Erfassung der gezahlten Preise durch die Preisagentur zu beteiligen. Ein solches Verhalten sei ein Verstoß gegen das Kartellrecht und Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Selbst kleine Abweichungen könnten eine "riesige Wirkung" auf die Preise für Rohöl und raffiniertes Öl haben und so den Verbraucher schädigen.

Im vergangenen Jahr mussten mehrere Großbanken für die Manipulation des Zinssatzes Libor (London Interbank Offered Rate) hohe Strafen an Überwachungsbehörden zahlen. Der Libor-Zinssatz misst, zu welchen Konditionen sich Banken untereinander Geld leihen. Auch von ihm hängen Tausende von Finanzderivaten ab.

Die Wächter sehen genau hin

Auch die Preisagentur Platts bestätigte dem Wall Street Journal zufolge, dass ihre Büroräume durchsucht wurden. Das Unternehmen gehört zu McGraw-Hill, einem Finanzkonzern, das auch hinter der wichtigsten Ratingagentur Standard & Poor's steht.

Die Ermittler der EU-Kommission, die als oberste Kartellbehörde in der Europäischen Union fungiert, wurden bei den Razzien von nationalen Wettbewerbshütern begleitet. Die Durchsuchungen bedeuten der EU zufolge aber nicht, dass die Firmen sich tatsächlich einen Verstoß zuschulde kommen ließen. Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer hatte 2011 die Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (Iosco) damit beauftragt, die Rolle von Preisagenturen und die starken Ausschläge auf dem Welt-Ölmarkt zu untersuchen.

Seit Aufdeckung des Libor-Skandals sehen Finanzaufseher und Wettbewerbshüter bei so genannten benchmarks (Referenzpreisen) genau hin, die von Marktteilnehmern selbst ohne strenge Aufsicht ermittelt werden. Die Zusammenarbeit der Ermittler wird intensiver. Neben dem Libor prüfen Behörden in mehreren Ländern auch, ob Banken den europäischen Referenzzins Euribor und den Isdafix manipuliert haben, der maßgeblich für die Berechnung von Zinsderivaten ist.

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