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Rechtsschutz:Wann bin ich zu krank, um verbeamtet zu werden?

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Sie haben Sportverletzungen, Übergewicht oder eine chronische Krankheit: Angehende Lehrer oder Polizeianwärter haben mitunter Angst vor dem Amtsarzt. Welche Rechtsschutzversicherung im Streitfall zahlt - und welche nicht.

Von Andreas Flammang, Köln

Die anstehende Untersuchung beim Amtsarzt macht der 25-Jährigen schon lange Sorgen. Sie studiert Lehramt für die Grundschule, fängt bald mit dem Referendariat an und hat eine Nierenkrankheit. Ihr Name soll nicht in der Zeitung stehen. Die Ärzte hatten ihr angekündigt, dass es für sie schwierig wird, verbeamtet zu werden. Häufig müssen Patienten früher oder später an die Dialyse, wenn sich keine Spenderniere findet.

Aufgeben will die Studentin trotzdem nicht: "Wenn ich nicht verbeamtet werde, will ich klagen", sagt sie. Auf die Vorteile eines Beamtenstatus will sie nicht verzichten. Denn der Staat lockt mit einigen Vorteilen: Häufig bleibt Beamten mehr vom Netto-Lohn, und durch die Beihilfe ist die private Krankenversicherung günstiger. Und der Staat verpflichtet sich auch gegenüber seinen Bediensteten: Für einen Beamten, der aus dem Dienst ausscheidet, muss er aufkommen.

Rechtsanwältin Sibylle Schwarz erlebt häufig, dass angehende Lehrer oder Polizeianwärter in ihre Wiesbadener Kanzlei kommen und über ihre Angst vor dem Amtsarzt sprechen. Sie machen sich Sorgen über alte Sportverletzungen, Übergewicht oder eine chronische Krankheit. Die Rechtsanwältin beschäftigt sich überwiegend mit dem Beamtenrecht. Für sie ist dann eine erste Beratung wichtig. Denn ob ein Lehrer nach der Verbeamtung auf Probe auch lebenslang verbeamtet wird, hängt auch von der Nachfrage und den Einstellungspraktiken ab. Wann eine Krankheit zur Entscheidung führt, nicht verbeamtet zu werden, lässt sich nicht generell sagen.

Eine private Rechtsschutzversicherung kann Versicherte bei unterschiedlichen Streitigkeiten unterstützen und Kosten für einen Anwalt oder einen Prozess tragen. Oft reiche die Rechtsschutzversicherung ihrer Mandanten aber nicht aus, sagt Schwarz. Für Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber sei oft ein separater Berufsrechtsschutz nötig. Das Beamtenrecht unterscheidet sich hier vom klassischen Arbeitsrecht, viele Versicherer decken das nicht ab. "Wir arbeiten mit dem Widerspruchsverfahren", sagt Schwarz. Viele Fälle würden gar nicht zum Gerichtsverfahren kommen, da Probleme vorher gelöst würden.

Wenn Berufseinsteiger nicht verbeamtet werden, ist diese Ablehnung ein Verwaltungsakt, sagt Stefan Riedmaier vom Makler Hoesch & Partner. Die Police müsse eine Auseinandersetzung um einen solchen Verwaltungsakt abdecken. Bei dem Versicherungsmakler werden Rechtsschutzpolicen von unterschiedlichen Versicherern vermittelt. "Wir achten darauf, dass ein Verwaltungsrechtsschutz in der Police enthalten ist, der diesen besonderen Fall abdeckt." Ergo, Allianz und Arag erklären, dass ein solcher Fall von ihrer Berufsrechtsschutzversicherung gedeckt ist. Das ist nicht automatisch der Fall. Bei der Huk-Coburg brauchen Kunden laut Versicherer zusätzlich den Plus-Baustein, damit verwaltungsrechtliche Verfahren integriert sind.

Der Makler achtet darauf, dass auch außergerichtliche Maßnahmen wie Einsprüche gezahlt werden. Denn es gibt Policen, die Anwaltskosten nur übernehmen, wenn es zum Gerichtsverfahren kommt. Versicherer unterscheiden sich auch darin, ob sie für die Erstberatung beim Anwalt aufkommen. Bei der Allianz wird etwa erst gezahlt, wenn der Versicherungsfall - also die Ablehnung der Verbeamtung - eingetreten ist. Gleichzeitig bieten Allianz, Arag und Huk-Coburg eine kostenlose telefonische Erstberatung durch Anwälte an.

Psychische Erkrankungen lassen Amtsärzte aufschrecken

Gewerkschaften wie die Fachgewerkschaften des DBB Beamtenbunds und Tarifunion bieten einen beruflichen Rechtsschutz an, der jedoch keine Versicherung ist. Diesen Service erhalten auch Mitglieder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie werden zunächst beraten. Rechtsschutz bekommen die Mitglieder, wenn der Fall Aussicht auf Erfolg hat.

Mario Sandfort ist Justiziar bei der GEW NRW und unterstützt Mitglieder in rechtlichen Fragen zu ihrem Beruf. Diese müssten in die GEW eingetreten sein, bevor sie sich bewerben. "Psychische Erkrankungen sind beispielsweise eine Problematik in der Praxis, bei der Amtsärzte aufschrecken", sagt er. Es stehe aber nirgendwo geschrieben, wann eine Krankheit eine Verbeamtung ausschließt. Es gebe immer eine Grauzone.

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SZ vom 27.12.2019
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