Süddeutsche Zeitung

Verband:Gut, aber teuer

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Die USA wollen den Weltpostverein verlassen. Nun soll diese internationale Institution bei einem Kongress gerettet werden.

Von Thomas Kirchner

Manche Formen internationaler Zusammenarbeit müsste man erfinden, wenn es sie nicht gäbe. Den Weltpostverein gibt es zum Glück schon seit 1874. Er sorgt dafür, dass jeder Brief, der an irgendeinen Ort der Welt geschickt wird, sein Ziel erreicht - für sehr wenig Geld angesichts der Distanz, die oft überbrückt wird. Einen großen Teil des Transports stemmen ausländische Postfirmen. Sie machen mit, in 192 Staaten, weil sie einen Ausgleich erhalten, die "Endvergütung". Darüber wacht der Weltpostverein, ein Segen für Verbraucher und Unternehmen.

Funktionieren kann das System aber nur, wenn die Regeln auch fair sind, für alle. Die USA bezweifeln das, weshalb sie vor einem Jahr ihren Austritt aus dem Verein verkündeten. Dieser wird zum 17. Oktober 2019 wirksam, falls nicht an diesem Montag auf einem Sonderkongress in Genf noch eine Lösung gefunden wird. Es geht um nicht weniger als die Rettung des Weltpostvereins. Ohne die Supermacht USA, ein Gründungsmitglied, wäre die Universal Postal Union, die in der Weltpoststrasse 4 in Bern sitzt, am Ende. Bilaterale Abmachungen wären nötig, das Porto für das Ausland stiege wohl kräftig.

Hintergrund ist der markante Anstieg des weltweiten Online-Handels in den vergangenen Jahren: Aus Asien, vor allem China, schicken Online-Händler Millionen kleine Sendungen, etwa mit Elektronikteilen, in die Welt. Oft geschieht das in Form eines Briefes, für den sie nur winzige Beträge bezahlen. Der Post in den USA und anderen Ländern entstehen hohe Kosten, die ihr nur zum kleinen Teil ersetzt werden. Denn beim Weltpostverein gilt China noch als Schwellenland. Das sei ein "gravierender Wettbewerbsnachteil für amerikanische Hersteller und Arbeiter", schrieb Peter Navarro, Berater von Präsident Donald Trump, in der Financial Times.

Die US-Regierung fordert nun die - eigentlich systemwidrige - Erlaubnis, die Beförderungskosten nach eigenem Gutdünken festzusetzen, vor allem dann, wenn die Sendung nicht dem US-Standard entspricht. Ein Kompromiss sähe vor, dass dies nach und nach auch anderen gestattet würde. Wahrscheinlicher ist, dass "Option A" gewinnt, die mehr Geld für die USA vorsieht, den bisherigen Mechanismus aber bestehen lässt. Über diesen "zynischen" Vorschlag werde man gar nicht erst reden, so Navarro. Jedes Land hat eine Stimme.

Auch die Bundesregierung hält das System für "nicht angemessen", wie sie auf eine Kleine Anfrage der FDP antwortete. 2016 zahlte die Deutsche Post bei Sendungen aus China laut einer Studie 120 Millionen Euro drauf.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2019
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