Verantwortung der Banken:Schweigen, wegducken, verdrängen

Skyline von Frankfurt am Abend

Zuhause verantwortungsloser Banker: Der Finanzdistrikt von Frankfurt

(Foto: dpa)

Es tue ihm persönlich sehr leid: Paul Achleitner, Aufsichtsrats-Chef der Deutschen Bank, hat sich bei der Witwe von Leo Kirch für den mehr als zehn Jahre andauernden Gerichtsprozess entschuldigt. Eine noble Geste - die sich auch die Banken-Branche fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise zum Vorbild nehmen sollte.

Ein Kommentar von Klaus Ott

Paul Achleitner ist ein Banker mit Stil. Als die Deutsche Bank ihre mehr als ein Jahrzehnt währende Schlacht mit dem inzwischen verstorbenen Münchner Medienmagnaten Leo Kirch und dessen Familie geschlagen und verloren hatte, soll der Aufsichtsratschef des Geldinstituts die Gegenseite mit einer noblen Geste überrascht haben. Nach dem Vergleich mit der Familie Kirch, der den Finanzkonzern 925 Millionen Euro kostete, habe sich Achleitner persönlich mit einem großen Blumenstrauß bedankt. Bei einer Dame, die auf der Kirch-Seite sehr behilflich gewesen sei, den Streit beizulegen.

So wird es unter den Beteiligten erzählt. Typisch Achleitner. Der Oberkontrolleur der Deutschen Bank hat jetzt sogar öffentlich erklärt, unabhängig von der Schuldfrage tue es ihm "persönlich sehr leid", was Leo Kirchs Witwe Ruth in diesem Verfahren durchgemacht habe. Das sähen viele in der Bank so, fügte Achleitner hinzu.

An dem Österreicher und früheren Allianz-Vorstand, der erst seit knapp zwei Jahren dem Aufsichtsrat des größten Finanzinstituts hierzulande vorsteht, könnten sich viele Führungskräfte in der Geldindustrie orientieren. Insbesondere auch Jürgen Fitschen, Co-Vorstandschef der Deutschen Bank und Präsident des Bankenverbands. Fitschen betont gerne, Geschäft sei "nicht alles, wir müssen auch die Belange der Gesellschaft im Blick behalten".

Aber überzeugend ist das nicht, solange sich die Repräsentanten des Finanzgewerbes nicht endlich zu ihren Fehlern und Auswüchsen bekennen und dafür sorgen, dass Deals zu Lasten der Allgemeinheit konsequent abgestellt werden. Aktuellstes Beispiel sind die dubiosen Aktienkäufe und - verkäufe, mit denen Banken und Fonds offenbar jahrelang in Milliardenhöhe den Fiskus ausgenommen haben.

Steuerfahnder und Staatsanwälte haben viele Erkenntnisse zusammengetragen über die gierigen Banker und Händler, die nach allem, was man bisher weiß, gezielt große Geschäfte mit einem einzigen Zweck gemacht haben: sich von Finanzämtern mehr Steuern erstatten zu lassen, als zuvor gezahlt worden waren. Es ist höchste Zeit, dass sich Fitschen und seine Branche öffentlich für dieses Treiben entschuldigen. Der Bankenpräsident könnte es mit Achleitners Worten sagen: Unabhängig von der Schuldfrage tue es ihm persönlich sehr leid, auf welche Abwege sich etliche Großbanken wie die HVB, die HSH und die LBBW begeben hätten. Fitschen muss ja nicht gleich mit einem Blumenstrauß zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gehen.

Mehr als eine symbolische Geste

Solch ein Bekenntnis wäre kein Geständnis im juristischen Sinne. Der Bankenverband und sein Präsident würden also nicht der Justiz vorgreifen, die zu dem Ergebnis kommen könnte, da sei eine Steuerlücke ausgenützt worden, das sei aber nicht illegal gewesen. So hoffen es die Akteure dieser Aktiendeals. Solch eine Entschuldigung wäre aber, sofern ehrlich gemeint und umgesetzt, mehr als eine symbolische Geste.

Sie wäre ein Zeichen, dass jene Teile der Geldbranche, die nicht davor zurückschrecken, sich an den Bürgern und Steuerzahlern zu bereichern, nicht mehr erwünscht sind. Dass solche Geschäftemacher in den Banken keine Zukunft mehr haben. Der aktuelle Fall ist da nur eines von vielen Beispielen. Stichwort Offshore-Steuertricks. Und die Deutsche Bank hat sogar obskuren Gestalten geholfen, beim Handel von Verschmutzungsrechten den Fiskus mit kriminellen Umsatzsteuerkarussellen zu betrügen.

Doch statt großer Worte und großer Gesten kommen aus der Geldbranche nur kleinkarierte Ausflüchte. Bankenpräsident Fitschen sagt gerne, auch fünf Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise müssten Banken weiter um Vertrauen werben. Dazu gehöre aber auch, jene Kritik zurückzuweisen, die lediglich auf Vorurteilen basiert und mit Fakten nichts zu tun habe. Wer auf diese Weise beschwichtigt und relativiert, der zeigt, dass er wenig begriffen hat.

Viele große Institute verhalten sich da genauso wie ihr oberster Repräsentant, von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Der Aufsichtsrat der Hypo-Vereinsbank sorgt für konsequente Aufklärung bei den fragwürdigen Aktiendeals. Die HSH Nordbank hat 127 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt. Ansonsten: schweigen, wegducken, verdrängen, darauf hoffen, dass wegen des Steuergeheimnisses nicht bekannt wird, welche Banken sonst noch verwickelt sind. Es müssen, angesichts der Ermittlungen, viele Banken gewesen sein.

Nur wer zu seinen Fehlern steht, sie zugibt und daraus lernt, der ist davor gefeit, sie zu wiederholen. Für die Geldindustrie gilt das bisher nicht.

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