Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:Automobilindustrie für Emissionshandel statt CO₂-Steuer

Lesezeit: 2 Min.

Von Max Hägler, München

Auch die Automobilindustrie schaltet sich in die Diskussion um eine Bepreisung von Kohlendioxid (CO₂) ein. In einem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Positionspapier erklärt der Verband der Automobilindustrie ( VDA), man strebe "treibhausgasneutrale Mobilität" bis zum Jahr 2050 an. Die Autohersteller seien überzeugt, dass es dazu keine Alternative gebe: "Die aktuelle Debatte zeigt uns, dass es an der Zeit ist, die Klimaschutzpolitik gerade auch im Verkehr einer kritischen Bewertung zu unterziehen."

Allerdings präferiert der Verband eine mindestens EU-weite Lösung, und zwar nicht per CO₂-Steuer, sondern per Emissionshandel. Eine marktwirtschaftliche, branchenübergreifende Logik, also ein System mit handelbaren Zertifikaten und einer Maximalmenge CO₂ schaffe die besten Voraussetzungen dafür, die CO₂-Ziele effizient zu erreichen, schreibt der Verband. Dann werde das Klimagas dort gespart, wo es am wirtschaftlich günstigsten sei.

Die von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgeschlagene CO₂-Steuer auf Kraftstoffe, Heizöl und Gas sieht der Verband hingegen äußerst kritisch. "Eine einfache Erhöhung der Energiebesteuerung von Kraftstoffen lehnen wir ab. Diese würde lediglich einzelne Verbraucher über Gebühr belasten und damit automatisch zu Akzeptanzproblemen und sozialen Verwerfungen führen", heißt es in dem Papier. Andere Wirtschaftsverbände, CDU/CSU und der ADAC haben eine ähnliche Haltung.

Europaweite Subventionen für Elektroautos und besseres Netz von Ladestationen gefordert

Die Autoindustrie gibt weiterhin zu bedenken, dass man über neue europaweite Vorgaben bereits zu einer harten Reduktion von CO₂ gezwungen werde. Bis zum Jahr 2021 dürfen alle neu zugelassenen Pkw in der EU im Schnitt maximal 95 Gramm CO₂ pro Kilometer ausstoßen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Verbrauch von 3,6 Liter Diesel oder 4,1 Liter Benzin. Diese Werte müssen bis 2030 nochmals um 37,5 Prozent sinken - zum Leidwesen der Hersteller, deren Wagen im Schnitt um die 120 Gramm CO₂ ausstoßen. Um diese Ziele zu erreichen, sollte nach Meinung des VDA auch bei einem CO₂-Preis das Prinzip "Fördern statt beschränken" gelten. Nur wenn die Menschen sich für neue Technologien, andere Fahrzeuge und neue Formen der Mobilität und des Wirtschaftens begeisterten - und diese bezahlbar bleibe -, werde die Idee von CO₂-Preisen gesamtwirtschaftlich erfolgreich sein.

"Es wäre nicht ehrlich, den Eindruck zu erwecken, als sei eine solch grundlegende Transformation wie die Defossilisierung der Wirtschaft zum Nulltarif zu haben", schreibt der Verband. Und dringt dabei auf weitere Subventionen für Elektroautos, die bei Kunden noch unbeliebt sind: Eine Lade-Infrastruktur und ein europaweites Anreizsystem seien Voraussetzung dafür, dass der Markt in Fahrt komme und die Klimaziele erreicht würden. Einnahmen aus dem Emissionshandel sollten hierfür investiert werden. Später könnten auch weitere Technologien durch diese Einnahmen unterstützt werden, etwa die Brennstoffzelle und CO₂-reduzierte Kraftstoffe.

Autos und Lastwagen gehören zu den größten Emittenten von CO₂. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes ist der Verkehr für 21 Prozent des CO₂-Ausstoßes in Deutschland verantwortlich; mehr kommt nur aus den Schornsteinen der Kraftwerke. Am 18. Juli will das Klimakabinett der Bundesregierung über neue Instrumente beraten. "Gerade in den Bereichen Verkehr und Wärme fehlen bislang genügend Preisanreize für einen Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen", hatte Umweltministerin Schulze dazu zuletzt erklärt. Zur Debatte steht ein Klimaschutzgesetz, das sicherstellt, dass das Klimaziel für 2030 erreicht wird. Es soll vorsehen, dass der CO₂-Ausstoß bis dahin um 55 Prozent gegenüber 1990 zurückgeht. Bislang beträgt die Reduzierung nur knapp 30 Prozent.

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Quelle:
SZ vom 10.07.2019
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