Vattenfall in der Kritik:Mitbewerber mächtig unter Strom

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Dauerbrenner Krümmel: Kritik ist Vattenfall gewöhnt, doch dieses Mal kommt die Ermahnung aus den eigenen Reihen - und das sogar mit ungewohnt deutlichen Worten.

Die vier Energiekonzerne Eon, Vattenfall, RWE und EnBW, die ganz Deutschland mit Strom versorgen, haben sich bislang nicht dadurch bemerkbar gemacht, dass sie sich gegenseitig Böses wollen. Ganz im Gegenteil: bisher gingen die Kernkraftwerksbetreiber freundschaftlich miteinander um - wohlwissend, dass jeder seinen Platz auf der Energielandkarte gefunden hat. Da wurde eher kooperiert und zusammengearbeitet - und sich gemeinsam dem harten Gegenwind gestellt. Kritik? Bislang immer nur von außen. Und man kennt das ja: Protest von außen schweißt gemeinhin noch enger zusammen.

Vattenfall in der Kritik: Die Mitbewerber geißeln die PR-Strategie des schwedischen Konzerns nach der Panne im AKW Krümmel. (Foto: Foto: dpa)

Umso überraschender ist, dass jetzt einer aus dem Bund von seinen eigenen Mitstreitern scharf zurechtgewiesen wird. In einem gemeinsamen Schreiben kritisieren Eon, RWE und EnBW die Kommunikationspolitik ihres schwedischen Mitbewerbers nach der Panne im Kernkraftwerk Krümmel bei Geesthacht nahe Hamburg - und das in ungewohnt scharfer Form.

Vattenfall habe sich zurückgehalten, sich der Diskussion sogar zeitweise entzogen, zitiert das Handelsblatt aus einem gemeinsamen Schreiben der Energiekonzerne vom 28. Juli. Daran habe sich bis heute nach Einschätzung aus Unternehmenskreisen nichts geändert. Besonders auffällig: Vattenfall ist zwar der Betreiber von Krümmel, Eon ist aber auch indirekt daran beteiligt - als Gesellschaft beim Betreiber VENE-Kernkraftwerke.

Nicht ganz so überraschend wie die Kritik der drei Stromgiganten ist, dass sich auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erneut zu Vattenfall äußerte. Von ihm gab es am Rande des Bundestags-Umweltausschusses am Mittwoch einen Rüffel in Richtung des Stromkonzerns bezüglich der "geringen Sicherheitskultur des Unternehmens". Gabriel wiederholte noch einmal die Forderung nach einem baldigen Ende des ältesten Atommeilers in der kommenden Legislaturperiode. Damit werde es auch sinnvoll, die Atomaufsicht in Bundeshand zu konzentrieren, so Gabriel.

Zwischenfall im Juli

Dabei schien es in letzter Zeit aufwärts für die verschrienen Konzerne zu gehen: Die Ablehnung der Atomenergie in der Bevölkerung war nicht mehr so massiv, die Aussicht auf eine neue schwarz-gelbe Regierung, die möglicherweise nicht sofort auf den Atomausstieg pochen würde, lies die Herzen der vier höher schlagen. Nach dem Zwischenfall im Juli dieses Jahres, als das Werk Krümmel nach gut einer Woche wieder vom Netz ging, war es aber erst mal vorbei mit der Ruhe.

Und jetzt die harsche Kritik der "eigenen" Leute. Dabei schwingt wohl auch die Angst um die eigene Existenz mit. Die Branchenriesen fürchten um die erhoffte Abkehr vom Atomausstieg nach der Wahl. Oder wenigstens um die teuren Gegenleistungen für längere Laufzeiten. Die drei Kernkraftwerksbetreiber fordern das Management von Vattenfall auf, in der Debatte während der Bundestagswahl Stellung zu beziehen. Dabei wird nicht einfach nur ein Kommentar der Ereignisse von den Schweden gefordert - der Konzernchef oder doch wenigstens der Deutschlandchef solle sich äußern, heißt es.

Und bei Vattenfall? Da wird versucht, das Thema kleinzuhalten - auf den Brief gab es keine Antwort. Ein Sprecher sagte dem Handelsblatt lediglich: "Es gehört dazu, dass man sich in der Branche über so etwas austauscht."

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