Süddeutsche Zeitung

Vattenfall:Braunkohle vor Verkauf

Der tschechische Versorger EPH ist offenbar Favorit für die Übernahme des Tagebaus und der Kraftwerke von Vattenfall.

Von Michael Bauchmüller und Varinia Bernau, Berlin

Der schwedische Vattenfall-Konzern steht offenbar kurz vor dem Verkauf seiner Braunkohlesparte. Eine Entscheidung könne schon Ende kommender Woche fallen, hieß es aus Verhandlungskreisen. Auch einen Favoriten gibt es schon: den tschechischen Energieversorger EPH. Er habe sich gegen das deutsch-australische Konsortium von Steag und Macquarie durchgesetzt, hieß es. Steag und Macquarie hatten zwar kein offizielles Gebot vorgelegt, aber eine Stiftung ins Gespräch gebracht. Diese sollte das Vermögen verwalten und vor Ort in Projekte für erneuerbare Energien investieren - und so die Kosten für die Rekultivierung erwirtschaften. Allerdings verlangen sie dazu etwa zwei Milliarden Euro als Einlage von Vattenfall.

Wie viel EPH für das Geschäft auf den Tisch legt, ist nicht bekannt. Ein Sprecher betonte aber, dass man auch die Verpflichtungen übernehme, die Region nach dem Ende des Braunkohleabbaus zu rekultivieren. Dies ist ein wichtiger Punkt: Die 1,2 Milliarden Euro, die Vattenfall bisher etwa für die Rekultivierung der Tagebaue zurückgestellt hat, halten Experten für zu gering. Die Verträge sollen bis Ende nächster Woche unterzeichnet und dem Aufsichtsrat in Stockholm vorgelegt werden. Vattenfall wollte sich zu den Spekulationen nicht äußern. Völlig unklar ist bisher, wie sich Schwedens Regierung zu dem Verkauf an EPH stellen würde - ihr gehört Vattenfall.

Vor allem die jahrzehntelangen Verpflichtungen machen den Deal sensibel. Auch Stockholm wird sich ungern vorwerfen lassen, man stehle sich mit dem Verkauf aus der Verantwortung. Letztlich müssen die Länder Brandenburg und Sachsen dafür Sorge tragen, dass EPH alle Lasten und Pflichten des Braunkohle-Geschäfts übernimmt - mit Auflagen. Experten warnen davor, dass sonst am Ende die Steuerzahler und Beschäftigten das Nachsehen haben. "Es ist schlicht unrealistisch, dass EPH jemals die Kosten für Rekultivierung und Betriebsrenten wieder einspielt", sagte Patrick Graichen, Chef des Berliner Thinktanks Agora Energiewende. Die Landesregierungen müssten unbedingt sicherstellen, dass EPH über die nötigen Mittel verfügt. So könnten sie von EPH eine Bankbürgschaft verlangen. "Sonst droht den Landeshaushalten ein Milliardenverlust", warnte Graichen.

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SZ vom 09.04.2016
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