Süddeutsche Zeitung

Vantage Towers:Größter Börsengang seit Jahren 

Vodafone will die Funkturm-Tochter ans Parkett bringen - und wirbt bei Aktionären.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Wer in Aktien investiert, erhält in diesem Jahr mehr Auswahl: Bereits Anfang des Monats ging der Gebrauchtwagenhändler Auto1 an die Börse und wurde mit fast zwölf Milliarden Euro bewertet. Nun will der Telekommunikationskonzern Vodafone folgen und bis spätestens Ende März "einen bedeutenden Minderheitsanteil" seiner Tochter Vantage Towers in Frankfurt aufs Parkett bringen. Analysten erwarten, dass es der größte Börsengang in Deutschland werden dürfte, seitdem Siemens vor vier Jahren die Medizintechnik-Sparte Healthineers abgespalten hat.

Vantage-Chef Vivek Badrinath wirbt vor allem mit vier Gründen, warum die Düsseldorfer Firma für Anleger interessant sei. Zum einen: stabile Einnahmen. Vantage besitzt etwa 82 000 Mobilfunktürme und Dachstandorte in Europa. Bislang hat dort vor allem Vodafone Antennen installiert und zahlt Miete. Manche Standorte nutzen zudem andere Netzbetreiber mit. So kommt Vantage im Schnitt auf 1,38 Mieter pro Station. Freilich entstehen der Firma auch Kosten, etwa für die Wartung. Dennoch bleibt genug Gewinn, sodass Vantage diesen Sommer 280 Millionen Euro Dividende an die Aktionäre ausschütten will.

Zum anderen hofft Badrinath, dass noch mehr Netzbetreiber Plätze auf den Türmen mieten werden: Der 50-Jährige will die durchschnittliche Zahl der Nutzer auf 1,5 steigern - und damit auch die Einnahmen. Mut macht Badrinath, dass die Menschen immer mehr Daten übertragen, dass Mobilfunkanbieter daher Funklöcher stopfen und Netze ausbauen müssen - neuerdings auch für den Mobilfunkstandard 5G.

Daher setzt der Franzose zudem darauf, dass Vantage zusätzliche Türme bauen wird. Das ist freilich kein leichtes Unterfangen: Vielerorts kritisieren Anwohner entsprechende Pläne, aus Sorge etwa vor der Strahlung oder um das Landschaftsbild.

Schließlich könnte Vantage weitere Standorte kaufen oder Konkurrenten übernehmen. Man habe bis zu eine Milliarde Euro für Akquisitionen zur Verfügung, wirbt Badrinath. Der Börsengang solle da die Grundlage legen, "für die nächste Wachstumsphase unseres Unternehmens".

Tatsächlich ist es in Amerika schon lange üblich, dass Mobilfunkanbieter Sendeplätze auf den Masten spezieller Betreiberfirmen mieten - und selbst kaum Türme besitzen. Nun verkaufen auch in Europa mehr und mehr Telekommunikationskonzerne ihre sogenannte passive Infrastruktur, auch um Schulden abzubauen. Beispielsweise will Telefónica aus Spanien gut 30 000 Sendemasten an den Spezialisten American Tower aus den USA verkaufen - für mehr als sieben Milliarden Euro. Auch die Deutsche Telekom hat ihre hiesigen Stationen in eine Firma namens Deutsche Funkturm ausgelagert; bislang gehört diese aber ganz allein dem Konzern.

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Quelle:
SZ vom 25.02.2021
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