Utz Claassen und das Geld:Beraten und bezahlt

"Project San Francisco": Der ehemalige EnBW-Chef Utz Claassen sollte Chef der Siemens-Tochter SEN werden - und bekam dafür viel Geld.

Dagmar Deckstein und Thomas Fromm

Utz Claassen spricht nur ungern über seine Einkünfte. Das ist verständlich. Denn erstens sind sie Privatsache. Und zweitens liegen die Gehälter und Beraterhonorare von Topmanagern wie ihm in der Regel weit über dem, was Normalverdiener im Laufe ihres Lebens ansammeln. Ein Grund mehr, diskret zu sein, um keine großen Neiddebatten anzustoßen.

Utz Claassen, ddp

Der Manager führte mal EnBW an, schreibt aber auch gerne Bücher: Utz Claassen. Erst kürzlich erschien sein neues Werk "Wir Geisterfahrer".

(Foto: Foto: ddp)

Sein früherer Arbeitgeber Energie Baden-Württemberg (EnBW) sieht die Dinge anders. Bis zum November 2008 hatte der Energieversorger seinem früheren Chef die vertraglich vereinbarten Ruhegelder in Höhe von 399.000 Euro im Jahr überwiesen. Dann wurde bekannt, dass Claassen den US-Finanzinvestor Cerberus berät. EnBW forderte Claassen auf, die Höhe seiner Einkünfte offen zu legen - der weigerte sich, seitdem wird heftig gestritten. Vor allem über eine Frage: Muss Claassen seine Nebeneinkünfte mit seinem Ruhegeld verrechnen oder nicht?

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung war die Tätigkeit für den US-Investor durchaus nicht wenig lukrativ. Bei mindestens einem Projekt kassierte der Manager etwa 325.000 Euro in drei Monaten. Ein Projekt, das am Ende übrigens scheiterte.

Mehr als 100.000 Euro - pro Monat

Die Geschichte reicht zurück bis in den vergangenen Sommer, und sie spielt zum Teil in München. Es waren heiße Monate des Umbruchs: Siemens-Chef Peter Löscher suchte händeringend nach einem Käufer für seine Telefonsparte SEN. Nach dem Verkauf der Siemens-Handysparte an BenQ und der anschließenden Pleite des Herstellers stand die Siemens-Führung diesmal unter besonderem Druck der Öffentlichkeit: Es musste ein Deal mit Zukunft werden. Ende Juli war es soweit, Löscher präsentierte der Finanzwelt den US-Investor The Gores Group, der 51 Prozent der Telefontochter übernahm.

Für SEN hatte sich damals vergeblich auch der US-Investor Cerberus interessiert - und vorsichtshalber gleich auch schon einen Kandidaten für den SEN-Chefposten gekürt. Es war Utz Claassen. Der interne Name für das SEN-Projekt, das seinerzeit als äußerst geheim galt, lautete "Project San Francisco". Seinerzeit wurde von Juni bis August 2008 ein dreimonatiger Beratervertrag mit der in den Niederlanden ansässigen Cerberus-Tochter Promontoria Holding abgeschlossen. Das vereinbarte monatliche Salär für Claassen betrug laut Vertrag 108.333 Euro.

Claassens Rechtsanwalt Klaus Menge bestreitet nicht, dass der frühere EnBW-Chef vom Finanzinvestor Cerberus für den Vorstandsvorsitz von SEN vorgesehen war. Über die Höhe der für Claassens Beraterdienste von jenem in Rechnung gestellten Honorare wolle sein Mandant aber keine Angaben machen, da das der Vertraulichkeit unterliege.

Vorsorge ist alles

Dass Claassens Beratertätigkeit für Cerberus erst im November 2008 öffentlich wurde, erklärt der Rechtsanwalt schlicht damit, dass dessen Beratervertrag umformuliert wurde, nachdem sich das Project San Francisco zerschlagen hatte. Als Claassens Ex-Arbeitgeber EnBW zu eben dieser Zeit von dessen neuem Job erfuhr, wollte er alle Bezüge schriftlich dokumentiert haben, also auch die Beraterhonorare. Denn Claassen hatte vorgesorgt: Der Anspruch auf die 399.000 Euro, die er seit seinem Ausscheiden aus dem Energiekonzern hat, läuft bis zum Erreichen des 63. Lebensjahres. Laut Dienstvertrag aber muss er sich auf dieses Ruhegeld Drittbezüge anrechnen lassen, die mit "Gehalt, Tantiemen und Ruhegeld angegeben" sind.

Dagegen klagt Claassen mit dem Argument, Honorare seien nach dem Vertragswortlaut eben nicht auskunftspflichtig und errang damit vergangene Woche vor dem Karlsruher Landgericht zumindest einen Teilsieg. Aber die Richterin ermahnte beide Seiten, sich vor dem 1. Oktober, an dem sie ihr Urteil abgeben will, zu vergleichen. Sollte Claassen das ausstehende Geld am Ende zugesprochen werden, will EnBW dagegen in Berufung gehen.

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