Utz Claassen:Teurer Chef: Neun Millionen Euro für 15 Tage Arbeit

Utz Claassen und sein Ex-Arbeitgeber Solar Millenium beharken sich noch immer - inzwischen vor Gericht. Die Frage steht dabei im Raum: Ist der frühere EnBW-Chef nur ein cleverer Vertragsgestalter oder zu gierig?

Erst war es eine Schlammschlacht über die Medien, doch nun wird die Auseinandersetzung zwischen Utz Claassen und dem Unternehmen Solar Millenium zu einer Fehde vor Gericht.

Prozess um Claassens Frührente

Utz Claassen im Jahr 2009 vor dem Landgericht Karlsruhe. Damals verlangte der Manager von seinem früheren Arbeitgeber EnBW eine Frührente. Jetzt zieht Claassen wieder vor Gericht. Dieses Mal geht es vor dem Arbeitsgericht Nürnberg-Fürth um seine vorzeitige Kündigung bei Solar Millenium. 

(Foto: ag.dpa)

Als Erster hatte Manager Claassen geklagt. Sein Ziel: feststellen zu lassen, dass die Kündigung seines Vertrages als Vorstandschef durch Solar Millenium nicht rechtens sei, weil er selbst bereits zuvor wirksam gekündigt habe. Der erste Verhandlungstermin zu dieser Angelegenheit ist für den 30. Juli 2010 vor dem Arbeitsgericht Nürnberg-Fürth angesetzt.

Doch nun plant Solar Millenium offenbar eine Gegenklage, die es in sich hat. Die Solarfirma wolle von ihrem früheren Angestellten neun Millionen Euro zurückfordern, schreibt das Handelsblatt.

Mercedes S 400 Hybrid und Leibwächter

Unternehmenschef Claassen hatte im März 2010 nach nur 74-tägiger Tätigkeit seinen Rücktritt bei Solar Millenium eingereicht. Das Unternehmen wolle nun die seinerzeit gezahlten Prämien in Höhe von mehr als neun Millionen Euro zurückfordern, sagte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Solar Millenium, Hannes Kuhn, dem Handelsblatt.

Die Prämien waren Teil eines opulenten Paketes, mit dem das Solarunternehmen den ehemaligen Chef des baden-württembergischen Stromkonzerns EnBW im Januar 2010 an den Unternehmenssitz Erlangen locken konnte.

Die Konditionen seien üppig gewesen, so das Handelsblatt: Neben einem Monatsgehalt von 100.000 Euro habe Claassen einen Mercedes S 400 Hybrid als Dienstwagen sowie Vorsorgeleistungen für das Jahr 2010 in Höhe von 180.000 Euro ausverhandelt. Und weil der heute 47-Jährige neben einem Fahrer auch noch einen Leibwächter beansprucht habe, sei ihm dafür auch noch einmal ein Zuschuss von 100.000 Euro im Jahr gewährt worden.

Große Pläne

Damit der Hannoveraner überhaupt zu Solar Millenium nach Erlangen gekommen sei, habe es darüber hinaus eine fürstliche Sondervergütung gegeben: Zum einen habe Claassen vier Millionen Euro Antrittsprämie erhalten, die ihm zusätzlich mit einer fünf Millionen Euro vorab gezahlten Erfolgsprämie versüßt worden seien, schreibt die Wirtschaftswoche. Claassen bestreitet diese Angaben zum Teil, nennt nach Angaben des Handelsblattes aber keine anderen Zahlen.

Solar Millenium ließ sich zu dieser feudalen Vertragsgestaltung offenbar hinreißen, weil die Erlanger mit dem früheren Atommanager ganz offensichtlich Großes vorhatten.

Während der Anbahnnungsgespräche habe Claassen Kontakte zu Altbundeskanzler Gerhard Schröder und zu RWE-Chef Jürgen Grossmann in Aussicht gestellt, schreibt das Handelsblatt. Claassen solle zudem von guten Kontakten zum künftigen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei in China gesprochen haben, das habe ihn beeindruckt, sagt der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Kuhn.

Doch dann kam sehr schnell alles ganz anders. Statt nach fünf Jahren - wie vereinbart - reichte Claassen seine Kündigung bereits am 15. März 2010 ein. In dieser Zeit sei Claassen ganze 15 Tage im Büro gewesen, sagte Kuhn dem Handelsblatt. Viel erreicht habe er für Solar Millenium in dieser Zeit auch nicht. Nicht ein einziges Neugeschäft sei abgeschlossen worden. Stattdessen habe Claassen Emsigkeit vorgespielt: "Da kamen nachts um drei Uhr E-Mails, in denen er darauf hinwies, dass er immer noch im Büro ist."

Über die konkreten Gründe seines frühen Ausscheidens rätselte die Öffentlichkeit lange, da Claassen dazu nicht viel sagte. In einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung Ende Juni gab Claassen schließlich an, dass er sich von Solar Millenium getäuscht gefühlt habe: "Drei Tage nach Abschluss meines Dienstvertrages und 14 Tage vor meinem Dienstantritt wurde ein signifikant abweichender Business Plan vom Aufsichtsrat verabschiedet."

Streit über den Business Plan

Solar Millenium bestreite diese Darstellung und sehe darin eine "bewusste Nebelkerzentaktik Claassens", schreibt das Handelsblatt. Bei dem Plan, der drei Tage vor Claassens Antritt vom Aufsichtsrat verabschiedet worden sei, habe es sich nicht um den mit Claassen abgestimmten Business Plan mit fünfjähriger Laufzeit gehandelt, sondern um die operative Planung für das laufende Jahr.

Solar Millenium hält die Kündigung Claassens deshalb nicht für gerechtfertigt - der angegebene Grund stimme nicht. Im April kündigte Solar Millenium dem in Talkshows erprobten Manager schließlich selbst - fristlos, da Claassen nicht mehr in Erlangen aufgetaucht war. Dagegen ging der Ex-Chef in der Folge gerichtlich vor. Da er selbst zuvor schon wirksam am 15. März gekündigt habe, hätte er nicht mehr gekündigt werden können, so die Logik des vielfachen Millionärs.

Alle Versuche einer gütlichen Einigung zwischen den Parteien scheiterten bislang - die Sache wird wohl von den Gerichten entschieden werden müssen. Claassen hat allerdings bereits Übung darin, Vergütungsvorstellungen durchzusetzen, die er aus unpräzisen Arbeitsverträgen herleitet.

Sein früherer Arbeitgeber EnBW musste ihm nach seinem Ausscheiden 2,5 Millionen Euro an Pensionsleistungen zahlen, und das, obwohl der Mann im besten arbeitsfähigen Alter ist und durchaus vielen bezahlten Tätigkeiten nachgeht.

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