Süddeutsche Zeitung

Grundsatzrede zu Freihandel:Trump und der "Globalismus"

Donald Trump sorgt für Unruhe: Jetzt verlangt er Strafzölle gegen China und bekommt Kritik.

Von Nicolas Richter, Washington

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat angekündigt, den Freihandel unerbittlich zu bekämpfen. In seiner bislang detailliertesten Rede zur Lage der Wirtschaft am Dienstag in Pennsylvania drohte er, das Handelsabkommen Nafta mit Kanada und Mexiko aufzukündigen und Strafzölle gegen Produkte aus China zu verhängen. Das Abkommen TPP mit den Pazifik-Anrainern, das US-Präsident Barack Obama ausgehandelt hat, nannte Trump "eine Vergewaltigung unseres Landes".

Trump grenzt sich damit einerseits von seiner Rivalin ab, der Demokratin Hillary Clinton. Sie habe immer für freien Handel geworben, sagte er, als Ministerin Obamas etwa für das TPP-Abkommen. In den Neunzigerjahren hatte Hillarys Ehemann Bill den freien Handel im Wahlkampf kritisiert, als Präsident unterzeichnete er dann gleichwohl das Nafta-Abkommen. Zwar lehnt Hillary Clinton den TPP-Vertrag nun zumindest in der jetzigen Form ab, doch Trump forderte dazu auf, ihr nicht zu glauben. "Sie wird Euch wieder betrügen", sagte der Kandidat und erklärte Clinton zum Teil einer politischen Führungsschicht, "die den Globalismus anbetet".

Trump versucht nicht nur, die eher handelskritischen Demokraten links zu überholen. Er wendet sich auch komplett von der Politik seiner Partei ab, die seit Jahrzehnten immer noch mehr freien Handel verlangt hat. Traditionelle Verbündete der Republikaner wie die US-Handelskammer widersprachen Trump sofort. "Selbst im besten aller Fälle würden Trumps Zölle mindestens 3,5 Millionen Arbeitsplätze kosten", erklärte die US Chamber of Commerce. Experten warnen vor Strafzöllen gegen China, da das Land sofort eigene Zölle gegen US-Produkte verhängen würde.

Die Demokraten warfen Trump mangelnde Glaubwürdigkeit vor. "Trump ist sehr erfahren darin, von der Produktion in Übersee zu profitieren, er ist der perfekte Experte, um über die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland zu reden", spottete der demokratische Senator Sherrod Brown. Er zählte Waren auf, die unter dem Namen Trump verkauft, aber nicht in den USA hergestellt werden, etwa Anzüge und Bilderrahmen. Medien erinnerten daran, dass Trump selbst für mehr Freihandel geworben hatte, bevor er in den Wahlkampf zog. "Die Zukunft Europas und der USA hängt von einer zusammenhängenden globalen Wirtschaft ab", schrieb er noch 2013 in einer Kolumne.

Im Wahlkampf allerdings klingt Trump nun ganz anders. "Sie kriegen das Wachstum, wir kriegen die Arbeitslosigkeit", sagte er über andere Länder, die Handelsabkommen mit den USA geschlossen haben. "Das wird nicht mehr passieren." Trump zielt mit seinen Bemerkungen auf seine Kernwählerschaft: Weiße Männer aus der Arbeiterschicht. Sie sind im sogenannten Rust-Belt einflussreich, der sich im Nordosten der USA von Pennsylvania bis Michigan erstreckt. In diesem Landstrich sind besonders in der Kohle-, Stahl- und Autoindustrie Zehntausende Arbeitsplätze verloren gegangen.

Bislang wählten diese Staaten überwiegend die Demokraten. Wenn Trump das Weiße Haus erobern möchte, muss er Clinton in diesen Staaten besiegen. So erklärt sich seine neue Hinwendung zu Nationalismus und Protektionismus. Bernie Sanders, der Rivale Clintons um die demokratische Nominierung, hatte im Vorwahlkampf wie Trump gegen den Freihandel angeredet. In einem Beitrag für die New York Times warnte er jetzt davor, dass Trump profitieren könnte von dem Frust von Millionen Amerikaner über "wirtschaftliche Kräfte, die die Mittelschicht zerstören".

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SZ vom 30.06.2016
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