USA:Trump schreckt die Deutschen ab

USA: Die Vereinigten Staaten haben unter Donald Trump für viele an Faszination verloren.

Die Vereinigten Staaten haben unter Donald Trump für viele an Faszination verloren.

(Foto: AFP)
  • Schon 2016 war die Zahl der Touristen wegen des anziehenden Dollar merklich zurückgegangen. Mittlerweile scheint der Höhenflug der Währung gestoppt, der negative Tourismustrend aber hat sich in den ersten fünf Monaten dieses Jahres ungebremst fortgesetzt.
  • Allein zwischen Januar und Mai kamen fast 840 000 ausländische Touristen weniger ins Land als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Urlaub? Im Land dieses Präsidenten? Seit Donald Trump vor fast einem Jahr die Wahl gewonnen hat, haben die Vereinigten Staaten für viele Bundesbürger dramatisch an Faszination verloren. Noch 2015 war die Zahl der deutschen USA-Besucher mit 2,3 Millionen auf einen neuen Rekordstand geklettert. Heute dagegen erscheint das einstige Traumziel manch Reisewilligem plötzlich als Heimstatt der Sonderlinge, der Hitzköpfe und Hinterwäldler.

Längst nicht alle derer, die sich auf Partys oder im Netz über Trumps Frauenbild, sein ungeklärtes Verhältnis zu Rechtsextremisten oder seinen Regierungsstil mokieren, verzichten am Ende tatsächlich auf die geplante USA-Reise. Richtig aber ist: Der Wahlsieg des einstigen Reality-TV-Stars hat in der Touristikbilanz seines Landes bereits tiefe Spuren hinterlassen.

Schon 2016 war die Zahl der ausländischen Besucher wegen des anziehenden Dollar-Kurses merklich zurückgegangen. Mittlerweile scheint der Höhenflug der Währung gestoppt, der negative Tourismustrend aber hat sich in den ersten fünf Monaten dieses Jahres ungebremst fortgesetzt: Allein zwischen Januar und Mai kamen fast 840 000 ausländische Touristen weniger ins Land als im gleichen Vorjahreszeitraum. Rechnet man die Kanadier heraus, die sich als direkte Nachbarn gern vom Welttrend abkoppeln, liegt das Minus gar bei 1,2 Millionen oder 5,6 Prozent.

Die Zahl deutscher USA-Reisender sinkt um 15 Prozent

Besonders dramatisch sind die Einbrüche bei Besuchern aus Russland, Brasilien, der Schweiz und Mexiko. Der Tourismus aus Afrika und Vorderasien ist wegen Trumps Einreisestopp und seiner Dauerkritik am Islam mit Rückgängen von bis zu 40 Prozent gar regelrecht kollabiert. Auch die Zahl deutscher USA-Reisender sank in einzelnen Monaten um bis zu 15 Prozent, insgesamt ging sie von Januar bis Mai um 20 000 oder 2,6 Prozent auf 740 000 zurück. Hätten die Osterferien wie im Vorjahr im kühleren März statt im April gelegen, wäre das Minus womöglich noch höher ausgefallen. Exakte Zahlen für den Sommer und den Frühherbst gibt es noch nicht, doch Kerstin Heinen, Sprecherin des Deutschen Reiseverbands, ahnt bereits, dass sie kaum besser ausgefallen sind. "Im Sommer lagen die Umsatzzahlen im zweistelligen Prozentbereich unter denen des Vorjahres", sagte sie.

Etwas besser sieht die Lage bei Agenturen aus, die sich auf Nordamerikareisen spezialisiert haben und deshalb eine etwas andere Kundschaft anziehen. Das USA-Geschäft sei insgesamt stabil, auch beginne sich die Lage in Florida und Kalifornien nach den jüngsten Naturkatastrophen zu stabilisieren, sagte der Chef des Veranstalters Canusa, Tilo Krause-Dünow. "Das hoffen wir natürlich auch ständig von der Nachrichten- und Twitter-Lage aus Washington. Ich will nicht sagen, dass die Menschen sich daran gewöhnt haben, aber man trennt mehr und mehr die Politik und den touristischen Bereich."

Wenn man Reisewillige fragt, warum sie derzeit auf einen Besuch der USA verzichten, verweisen viele außer auf Trump auch auf die erwähnten Stürme und Brände sowie auf Attentate wie das von Las Vegas. Hinzu kommt das Einreiseprozedere, das schon heute teuer und lästig ist und durch die jüngsten Sicherheitsanordnungen des Heimatschutzministeriums künftig noch aufwendiger werden wird: Von sofort an soll das Handgepäck auf Flughäfen noch schärfer kontrolliert werden, die Passagiere selbst müssen damit rechnen, beim Check-in oder am Flugsteig befragt zu werden - etwa danach, wen sie in den USA besuchen wollen, mit wem sie vor der Abreise Kontakt hatten oder warum sie so spät gebucht haben. Die Interviews sollen zwar nicht zur Regel werden, können aber jeden treffen und die Verunsicherung Reisewilliger noch weiter erhöhen.

Verunsichert sind auch viele große Unternehmen, die in den USA Fabriken betreiben oder das Land als unersetzlichen Absatzmarkt betrachten. Ihre Direktinvestitionen lagen im ersten Vierteljahr um 44 Prozent, im zweiten gar um 54 Prozent unter den jeweiligen Vorjahreswerten. Zwar sind die Geldströme mit Vorsicht zu genießen, da sie oft stark schwanken. Die Werte blieben allerdings deutlich hinter dem mehrjährigen Quartalsschnitt zurück.

Unternehmen können sich keinen Reim auf die Wirtschaftspolitik machen

Nach Ansicht von Stormy-Annika Mildner, Außenwirtschaftsexpertin beim Industrieverband BDI, können sich die Firmen auch zehn Monate nach Amtsantritt der Regierung noch keinen rechten Reim auf deren Wirtschaftspolitik machen. Das gelte für das Thema Steuern ebenso wie für das versprochene, bisher aber ausgebliebene große Infrastrukturprogramm.

Völlig ungewiss sei auch die Zukunft des Freihandelsabkommens Nafta zwischen den USA, Kanada und Mexiko, das wegen der grenzüberschreitenden Lieferketten auch für die deutsche Industrie von größter Bedeutung sei. Sollte Trump den Vertrag wie angedroht kündigen, so Mildner, "wäre dies ein herber Schlag für viele Unternehmen im Nafta-Raum - die deutschen Niederlassungen eingeschlossen".

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