Süddeutsche Zeitung

US-Techkonzerne:US-Politiker wollen Monopole brechen

US-Demokraten und Republikaner bekriegen sich fast nur noch - es sei denn, es geht gegen Big Tech. Jetzt liegen gleich fünf Gesetzentwürfe vor.

Von Claus Hulverscheidt

Noch kann niemand sagen, ob auch nur einer dieser Gesetzentwürfe jemals in Kraft treten wird. Und doch dürfte in den Chefetagen von Amazon, Apple, Google und Facebook seit Freitagabend helle Aufregung herrschen, denn nach Jahren der parlamentarischen Untersuchungen, Appelle und teils hochnotpeinlichen Anhörungen macht eine Gruppe demokratischer und republikanischer Abgeordneter nun Ernst: Die 13 Mitglieder des Repräsentantenhauses legten gleich fünf Gesetzesanträge vor, mit denen sie die Marktmacht der vier größten US-Tech-Konzerne brechen wollen. Bei einer Umsetzung des Vorhabens könnten etwa Amazon und Google womöglich sogar zu einer Aufspaltung gezwungen werden.

Das Vorgehen der Parlamentarier ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil hier parteiübergreifend Politiker zusammenarbeiten, die unterschiedliche Motive haben und sich an anderer Stelle teils spinnefeind sind. Das unterstreicht ihre Entschlossenheit. Hinzu kommt, dass das Weiße Haus bereits grundsätzlich Zustimmung zu der Initiative signalisiert hat.

Den vier Konzernen, die zusammen auf einen Börsenwert von sechs Billionen Dollar kommen, wird vorgeworfen, den Wettbewerb zu behindern und Monopolgewinne einzustreichen. Tatsächlich laufen über den Handelsriesen Amazon 38 Prozent aller US-Onlinekäufe, Google wickelt weltweit 90 Prozent aller Internetsuchen ab, dominiert den Werbemarkt und bestimmt maßgeblich, wessen Produkte die Kunden zu sehen bekommen. Facebook betreibt ein soziales Netzwerk mit mehr Mitgliedern, als die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Erde - China und Indien - Einwohner haben. Und Apple entscheidet, welche Anbieter über den firmeneigenen App Store den Endkunden erreichen.

Interessenkonflikte soll es künftig nicht mehr geben

Einer der Anträge, das "Gesetz zur Beendigung von Plattform-Monopolen", sieht vor, dass Anbieter von Handelsplätzen keine weiteren Geschäfte betreiben dürfen, wenn aus der Doppeltätigkeit ein "unüberbrückbarer Interessenkonflikt" entsteht. Genau das wird Amazon vorgeworfen: Der Konzern unterhält einerseits eine elektronische Plattform, über die unzählige kleine Anbieter Waren verkaufen. Zugleich bietet er aber auch selbst Produkte an.

Kritiker monieren seit Langem, das Unternehmen sammle Daten, um besonders beliebte Waren zu identifizieren, zu kopieren und dann die ursprünglichen Anbieter mit Niedrigpreisen zu unterbieten. Sollte das Gesetz wirklich in Kraft treten, müsste Amazon womöglich aus einem Marktplatz zwei machen - mit unterschiedlichen Internetadressen: einen für die eigenen fast 160 000 Produkte, den zweiten für die Waren aller anderen Anbieter. Alternativ könnte das Unternehmen das Geschäft mit Eigenmarken auch verkaufen oder aufgeben. Google droht zugleich ein Zwangsverkauf der Videoplattform Youtube.

Die übrigen Gesetzentwürfe zielen unter anderem darauf ab, Apple und Google die Alleinherrschaft über den App Store beziehungsweise den Play Store zu entziehen. Auch sollen Tech-Konzerne nicht länger kleine Konkurrenten schlucken dürfen, wenn die Übernahme nur dazu dient, lästige Wettbewerber zu eliminieren oder die eigene Marktposition auszubauen. Zugleich wollen die Abgeordneten die Gebühren für Fusionen und Übernahmen ab einem Volumen von einer Milliarde Dollar drastisch anheben. Die Kunden der Tech-Konzerne sollen außerdem leichter ihre Daten mitnehmen können, wenn sie zu einem kleineren Konkurrenten wechseln wollen.

Der US-Kongress hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er im Extremfall zur Zerschlagung von Monopolen bereit ist. Betroffen waren unter anderem John D. Rockefellers Öl-Gigant Standard Oil und der Telefonkonzern AT&T. Dennoch ist es im jetzigen Fall unklar, ob insbesondere das Gesetz zur Beendigung von Plattform-Monopolen im Repräsentantenhaus und auch im Senat durchkommen wird. So gibt es etwa unter republikanischen Senatoren zwar durchaus Vorbehalte gegen Amazon-Chef Jeff Bezos - vor allem aber aus dem Grund, dass dieser die linksliberale, demokratenfreundliche Tageszeitung Washington Post besitzt. Ob diese Kritiker aber deshalb einen grundlegenden Umbau des Kartellrechts mittragen würden, ist ungewiss.

Die Konzerne selbst äußerten sich zunächst nicht. Matt Schruers, Chef des Branchenverbands CCIA, dem unter anderem Amazon, Google und Facebook angehören, sagte, die Gesetze würden den Bürgern "Produkte und Dienstleistungen nehmen, die ihr Leben verbessern". Dem widersprach gegenüber dem Nachrichtenportal Axios ein Mitarbeiter des Weißen Hauses: "Die Macht der dominanten großen Tech-Firmen schadet Kleinunternehmen und erstickt jene Art von Innovation, die die USA zur führenden Wirtschaftsnation der Welt macht."

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