Süddeutsche Zeitung

USA:Strafe für Bayer und BASF

Ein Gericht verurteilt die Konzerne wegen des Unkrautvernichters Dicamba zu einer Millionenzahlung. Die Unternehmen widersprechen.

Die beiden deutschen Dax-Konzerne Bayer und BASF müssen in einem Rechtsstreit um das Unkrautvernichtungsmittel Dicamba 265 Millionen Dollar an einen Landwirt in den USA zahlen. Ein Bayer-Sprecher kündigte am Sonntag an, das Unternehmen werde gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Wie die Summe auf Bayer und BASF verteilt werden soll, konnte der Bayer-Sprecher zunächst nicht sagen. Beim Chemiekonzern BASF war zunächst keine Stellungnahme erhältlich.

Die Geschworenen vor dem Bundesgericht in Cape Girardeau im Bundesstaat Missouri seien am Samstag zu dem Schluss gekommen, dass die beiden Konzerne für die durch den Einsatz von Dicamba erlittenen Verluste verantwortlich seien, hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Demnach handelt es sich um einen Schadenersatz über 15 Millionen Dollar und eine Strafzahlung von 250 Millionen Dollar. Der US-Landwirt Bill Bader wirft Bayer und BASF vor, durch den Einsatz des Herbizids Dicamba Teile seiner Pfirsichplantagen ruiniert zu haben. So seien über einen Zeitraum von drei Jahren von benachbarten Baumwollfeldern anderen Landwirte Teile des Unkrautvernichters auf Baders Pfirsichbäume übergangen und hätten sie verstümmelt. Die Landwirte hätten auf ihren Flächen Baumwollsaat gepflanzt, die von Monsanto genetisch so verändert worden sei, das sie gegen Dicamba resistent ist. Die Äcker seien dann mit einem älteren Spritzmittel von BASF behandelt worden, das leichter verweht. Darunter hätten seine Pfirsichbäume gelitten. Er habe, so der Landwirt, Monsanto aufgefordert, sich die Obstplantage anzusehen. Ein Vertreter des US-Konzerns habe ihm geantwortet, dass man dafür nicht genügend Personal habe, um den Hof zu besuchen. Er liegt knapp 300 Kilometer von St. Louis entfernt, wo Monsanto seinen Firmensitz hat. Die Entscheidung des Gerichts zeige, "dass kein Konzern zu groß" sei, so Baders Anwältin Bev Randles: "Jeder muss sich an die Gesetze halten."

Die beiden Unternehmen wiesen die Vorwürfe zurück und machten eine falsche Anwendung des Mittels für die Schäden verantwortlich. Die Erträge des Bauern seien schon vor dem Einsatz des Mittels rückläufig gewesen, argumentierten die Anwälte der Konzerne. Sie schrieben die Einbußen dem schlechten Wetter zu, unter anderem Stürmen und späten Frösten.

"Wir sind vom Urteil der Jury enttäuscht", erklärte der Bayer-Sprecher. Die vor Gericht vorgelegten Beweise hätten gezeigt, dass die Produkte des vor rund zwei Jahren übernommenen US-Saatgutherstellers Monsanto nicht für die in dieser Klage geltend gemachten Verluste verantwortlich gewesen seien. Auch die US-Umweltschutzbehörde EPA habe darauf hingewiesen, dass diese Produkte kein unangemessenes Risiko darstellten, wenn sie gemäß der Anweisungen verwendet würden. BASF stellt auf Dicamba-Basis ein eigenes Herbizid her.

Bayer muss sich in den USA auch einer Klagewelle wegen des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup erwehren, die sich der Konzern mit der Übernahme von Monsanto für rund 63 Milliarden Dollar ins Haus geholt hatte. Allein wegen Glyphosat waren bis Mitte Oktober mehr als 42 700 Klagen in den USA eingegangen, hatte Bayer bei der Veröffentlichung des Quartalsberichts Ende Oktober mitgeteilt. Die Zahl dürfte inzwischen weiter gestiegen sei. Ende Februar legt der Konzern die Zahlen für das Gesamtjahr vor. Mit der Zahl der Klagen wächst auch der Druck auf Konzernchef Werner Baumann.

Die ersten drei Prozesse in den USA hatte Bayer verloren und hohe Schadenersatzurteile kassiert, allerdings will der Konzern die Schuldsprüche in Berufungsverfahren aufheben lassen. Auf Hochtouren laufen zeitgleich Vergleichsgespräche unter Aufsicht des US-Staranwalts Ken Feinberg, der als Vermittler zwischen Bayer und Klägern verpflichtet wurde. Alle weiteren Verfahren wurden vertagt, um den Streitparteien Zeit für Verhandlungen zu verschaffen. Die meisten Analysten rechnen mit einem milliardenschweren Vergleich.

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Quelle:
SZ vom 17.02.2020 / Reuters/Bloomberg
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