Süddeutsche Zeitung

USA:Neuer Rüstungsgigant

Die beiden Konzerne Raytheon und United Technologies kündigen ihren Zusammenschluss an.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die beiden amerikanischen Luftfahrtkonzerne Raytheon und United Technologies (UTC) wollen fusionieren. Die Unternehmen kündigten den Schritt am Sonntagabend an. Die Transaktion soll in der ersten Jahreshälfte 2020 umgesetzt werden, zuvor muss sie aber noch durch die Aufsichtsbehörden genehmigt werden. Außerdem wollen sowohl Raytheon als auch UTC zuvor Geschäftsbereiche umorganisieren oder verkaufen. Raytheon Technologies, so der Name des neuen Unternehmens, kommt 2019 pro forma auf einen Umsatz von 74 Milliarden Dollar. Damit wäre der Konzern ungefähr so groß wie Airbus - der europäische Flugzeughersteller kam 2018 auf einen Umsatz von 64 Milliarden Euro -, aber immer noch kleiner als der Branchenführer Boeing (Umsatz 2018: 101 Milliarden Dollar). Sowohl Boeing als auch Airbus sehen die Entstehung des riesigen Zulieferkonzerns mit Sorge, können sie aber kaum verhindern.

UTC hatte erst 2018 Rockwell Collins übernommen und mit der eigenen Luftfahrt-Sparte zusammengeführt. Raytheon trägt zum neuen Unternehmen nun vor allem viel Geschäft im Bereich Verteidigungselektronik bei, während der Fokus von UTC bisher auf der Zivilluftfahrt lag. UTC will sich vor der Fusion vom Geschäft mit Aufzügen (Otis Elevators) und Klimaanlagen (Carrier) trennen.

Für Boeing und Airbus wächst die Abhängigkeit - auch vom technologischen Know-how

Die Verwaltungsräte von Raytheon und UTC haben der Fusion bereits zugestimmt. Demnach kontrollieren die UTC-Aktionäre künftig 57 Prozent des Unternehmens, Raytheon-Anteilseigner 43 Prozent. UTC-Chef Greg Hayes wird Vorstandschef von Raytheon Technologies, Raytheon-Chef Tom Kennedy Executive Chairman. Nach einer Frist von zwei Jahren soll Hayes den Posten von Kennedy mitübernehmen.

Raytheon Technologies soll vier Geschäftseinheiten haben: Intelligence, Space & Airborne Systems, Integrated Defense & Missile Systems, den Flugmotorenhersteller Pratt & Whitney sowie Collins Aerospace. "Dadurch, dass wir unsere Kräfte bündeln, werden wir unübertroffene technologische Fähigkeiten und Möglichkeiten in der Forschung haben, die es uns erlauben werden, durch die Geschäftszyklen hindurch zu investieren", so UTC-Chef Hayes. "Wenn wir unsere Portfolios zusammenlegen, wird das auch Synergien bei Kosten und Einnahmen schaffen." Das neue Unternehmen wird etwa 60 000 Ingenieure beschäftigen.

Die Konsolidierung und Umstrukturierung der Zulieferindustrie läuft seit Jahren. Zuletzt hatte Lockheed den Hubschrauberhersteller Sikorsky von UTC übernommen, Northrop Grumman hatte Orbital ATK gekauft. Die heutigen Großkonzerne sind in Jahrzehnten aus zahlreichen Fusionen und Übernahmen hervorgegangen.

Für Boeing und Airbus bedeutet das, dass immer mehr Komponenten ihrer Flugzeuge von immer weniger Firmen stammen und diese vor allem das meiste technologische Know-how bündeln. Sie haben damit mehr Macht in den Verhandlungen. Boeing hat darauf strategisch bereits insofern reagiert, als der Flugzeugbauer für neue Programme mehr Arbeiten selbst übernimmt, anstatt sie nach außen zu vergeben. Airbus hat sich noch nicht so eindeutig positioniert.

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Quelle:
SZ vom 11.06.2019
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