USA: Kampf gegen die Krise:Mehr Geld für Arbeitslose

Die Krise auf dem US-Arbeitsmarkt verschärft sich. Nun will die Regierung erneut Geld in die Hand nehmen - und das Konjunkturprogramm aufstocken.

Moritz Koch, New York

Aus Sorge um die hohe Arbeitslosigkeit will die US-Regierung ihr fast 800 Milliarden Dollar umfassendes Konjunkturprogramm aufstocken. Dies bestätigte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs. Im Gespräch sind ein Ausbau des sozialen Netzes und Steueranreize für einstellungswillige Unternehmen.

Obwohl sich die Wirtschaft in den vergangenen Monaten stabilisiert hat, verschärft sich die Krise auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote war im September auf 9,8 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert seit 26 Jahren. Experten wie der frühere US-Notenbankchef Alan Greenspan rechnen damit, dass die Quote schon bald zweistellig sein und längere Zeit auf diesem Niveau verharren wird.

Maßnahmen bislang nur teílweise wirksam

Die bisherigen Versuche der Regierung, die schwere Rezession zu bekämpfen, haben den Anstieg der Arbeitslosigkeit allenfalls verlangsamt. Allerdings werden Teile des Konjunkturprogramms, in den Maßnahmen wie Straßenbau, Steuergutschriften und die Förderung erneuerbarer Energien zusammengefasst sind, erst im kommenden Jahr wirksam. Daher denkt das Weiße Haus auch nicht an ein neues Konjunkturpaket, sondern will das alte aufstocken.

Gibbs zufolge verhandelt Präsident Barack Obama mit dem Kongress, der alle Ausgaben bewilligen muss. Dabei stehen sozialpolitische Maßnahmen im Mittelpunkt. Die Not der Arbeitslosen in den USA ist groß. Die amerikanische Arbeitslosenhilfe ist befristet. Läuft sie aus, droht den Empfängern der ungebremste Absturz in die Armut. Ursprünglich war die staatliche Unterstützung auf sechseinhalb Monate begrenzt, bereits mehrfach wurde sie verlängert. Doch die gegenwärtige Wirtschaftskrise ist nicht nur besonders schwer, sie dauert auch ungewöhnlich lange.

Fast zwei Jahre lang befindet sich das Land schon in der Rezession, etwa acht Millionen Jobs sind bisher verloren gegangen. Die Demokraten im Abgeordnetenhaus wollen nun sicherstellen, dass Langzeitarbeitslose auch im kommenden Jahr staatliche Hilfen erhalten. Außerdem wollen sie die Leistungen der Krankenversicherung für Menschen ohne Job ausweiten. Darüber hinaus gilt es als wahrscheinlich, dass eine populäre Steuergutschrift verlängert wird. Amerikaner, die sich ihr erstes eigenes Haus kaufen wollen, können damit 8000 Dollar sparen. Diese Subvention hat den Immobilienmarkt gestützt, auf dem die Krise ihren Ausgang nahm.

Weitere Optionen

Andere Maßnahmen, über die derzeit in Washington beraten wird, richten sich auf die Arbeitgeber. Unternehmen sollen Anreize dafür erhalten, Mitarbeiter einzustellen. Eine Option wäre eine Steuergutschrift von 3000 Dollar für jeden neugeschaffenen Arbeitsplatz. Anfang des Jahres war sie noch aus Angst vor Missbrauch verworfen worden. Ebenfalls diskutiert wird die Verlängerung der steuerlichen Anrechnungsfähigkeit von Verlusten von zwei auf fünf Jahre. Diese Möglichkeit wird bisher nur Kleinunternehmern eingeräumt, könnte künftig aber auch für Mittelständler und Großkonzerne gelten.

Obama versucht mit den neuen Initiativen, seine Reputation als Krisenmanager aufzubessern. Der Präsident steht wegen der schlechten Arbeitsmarktzahlen innenpolitisch unter Druck. Ursprünglich hatte er versprochen, mit seinem Konjunkturprogramm 3,5 Millionen Jobs zu sichern oder zu schaffen. Bei den Kongresswahlen im kommenden Jahr droht Obamas demokratische Partei ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu verlieren.

Kritik an Konjunkturpolitik

Die oppositionellen Republikaner kritisieren die Konjunkturpolitik des Präsidenten als wirkungslos und greifen ihn als Schuldenmacher an. Das amerikanische Haushaltsdefizit wird dem Internationalen Währungsfonds zufolge in diesem Jahr auf mehr als zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung steigen und dürfte auch 2010 nicht nennenswert sinken.

Das Defizit beunruhigt die Wähler - und es belastet den Dollar, dessen Wert gegenüber dem Euro in den vergangenen Wochen stark gesunken ist. Zwar rechnen liberale Ökonomen wie Paul Krugman vor, dass zusätzliche Konjunkturmaßnahmen wesentlich billiger sind, als ein flüchtiger Blick auf die Ausgaben vermuten lässt. Staatliche Investitionen stimulierten das Wirtschaftswachstum und würden so zu höheren Steuereinnahmen führen.

Allerdings ist fraglich, ob die meisten der derzeit in Washington diskutierten Konjunkturvorschläge einen nennenswerten Wachstumseffekt entfalten würden. So sagt Harm Bandholz, Volkswirt bei Unicredit in New York: "Sozialausgaben lindern die Auswirkungen der Krise. Die Konjunktur bringen sie nicht in Fahrt."

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