Süddeutsche Zeitung

Preise:Inflation steigt in den USA stark

Um mehr als fünf Prozent sind die Preise in den USA im Juni gestiegen, so stark wie seit der Finanzkrise nicht.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Die US-Inflationsrate steigt noch schneller als von Experten ohnehin vorhergesagt. Wie das Wirtschaftsministerium in Washington am Dienstag mitteilte, erhöhten sich die Verbraucherpreise im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,4 Prozent. Das war noch einmal mehr als im Mai und ist der stärkste Anstieg seit Ausbruch der Weltfinanzkrise im Jahr 2008. Ökonomen hatten im Schnitt mit einem Zuwachs von lediglich 4,9 Prozent gerechnet.

Teurer wurden vor allem Gebrauchtwagen, aber auch Flugreisen, Bekleidung, Hotels, Miet-Pkw und Unterhaltungsangebote. Allerdings muss man berücksichtigen, dass manche Preise vor einem Jahr auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle teilweise sogar gefallen waren. Dieser sogenannte Basiseffekt führt jetzt dazu, dass die aktuellen Zahlen die eigentliche Entwicklung ein wenig überzeichnen.

Daneben gibt es aber auch ganz handfeste Faktoren, die die Preise in die Höhe treiben. Da ist einmal die deutlich gestiegene Nachfrage der US-Konsumenten, die oft vollständig geimpft sind, beim Einkaufen kaum mehr mit Restriktionen konfrontiert werden und nach mehr als einem Jahr der Zurückhaltung auf teils prall gefüllten Portemonnaies sitzen. Vielfach kommen die Anbieter mit der Herstellung ihrer Produkte kaum nach, was die vorhandenen Waren umso teurer macht.

Die Juni-Zahlen dürften auch in der US-Regierung, im Kongress und vor allem in der Notenbank Fed aufmerksam registriert werden und den Disput zwischen Inflationsmahnern und jenen, die zur Gelassenheit raten, weiter befeuern. So gehört Fed-Chef Jerome Powell zu der Gruppe, die die ungewöhnlich hohe Inflationsrate lediglich für ein vorübergehendes Phänomen hält und eine deutliche Verschärfung der Geldpolitik deshalb ablehnt. Solange immer noch Millionen Menschen eine Stelle suchten, die in der Krise ihren Job verloren hätten, seien mögliche Schritte zur Eindämmung der Inflation verfrüht und kontraproduktiv, so Powell.

Andere Experten wie der frühere Finanzminister Lawrence Summers hingegen warnen seit Monaten, dass die Notenbank zu zögerlich agiere und den Zeitpunkt für eine Leitzinserhöhung oder zumindest für die Aufgabe ihres Programms zur Dämpfung der Langfristzinsen womöglich schon verpasst habe. Die geldpolitische Ausschuss der Fed kommt in zwei Wochen zu seiner nächsten turnusmäßigen Sitzung zusammen.

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