Handelskonflikt:Trump verhängt Zölle von 104 Prozent gegen China

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Ultimatum an Peking: US-Präsident Donald Trump gibt sich unerbittlich im Handelsstreit. (Foto: Nathan Howard/REUTERS)

Donald Trump drückt der Volksrepublik weitere hohe Zölle auf. Mit anderen Handelspartnern verhandelt er. Die Mitgliedstaaten der EU entscheiden am Mittwoch über ihre Antwort auf die Zölle des US-Präsidenten.

Von Jan Diesteldorf und Ann-Kathrin Nezik, Brüssel und New York

Die US-Regierung eskaliert den Handelskrieg gegen China. Das Weiße Haus kündigte an, die Zölle auf chinesische Importe auf mehr als 104 Prozent zu erhöhen. Das teilte Donald Trumps Sprecherin Karoline Leavitt mit. Die zusätzlichen Einfuhrabgaben sollen danach am Mittwoch um Mitternacht US-Ostküstenzeit in Kraft treten. Peking hatte Ende vergangener Woche auf die von Trump verhängten „reziproken“ Zölle mit Gegenzöllen auf US-Waren reagiert. Danach hatte der US-Präsident der chinesischen Regierung ein Ultimatum gestellt: Sollten die Volksrepublik ihre Gegenzölle nicht zurücknehmen, würde er weitere Importgebühren verhängen.

Die chinesische Führung blockte ab. Trumps Maßnahmen seien „ein Fehler, der erneut die erpresserische Natur der Amerikaner entlarvt“, erklärte das Pekinger Handelsministerium. Die neuen Zölle gegen China kommen zu den bereits im Februar und März verhängten und den vergangene Woche angekündigten Zöllen hinzu. Sie summieren sich auf 104 Prozent. Tatsächlich dürften die Zölle noch höher sein. Denn schon Trumps Vorgänger Joe Biden hatte Einfuhrabgaben auf zahlreiche Waren aus China erlassen, die nach wie vor gelten.

Widersprüchliche Signale aus dem Weißen Haus

Trotz dieser Eskalation zwischen China und den Vereinigten Staaten stabilisierten sich die Kurse an den weltweiten Börsen am Dienstag zunächst. Nach heftigen Verlusten am vergangenen Freitag und Montag notierten europäische Aktienindizes wie der deutsche Dax im Tagesverlauf teils deutlich im Plus. Analysten werteten das als kurze Verschnaufpause, da sich an den Gründen für den Ausverkauf nicht wesentlich etwas geändert habe. An der Wall Street lief es am Dienstag dagegen erheblich schlechter. Zu Handelsbeginn stiegen die Kurse zwar, rutschten danach aber weiter ab. Der wichtige US-Index S&P 500 sank erneut um fast zwei Prozent.

Ein Grund für das Auf und Ab waren die widersprüchlichen Signale aus dem Weißen Haus. Trumps Finanzminister Scott Bessent erklärte am Dienstag, mit fast 70 Ländern über die Zölle zu verhandeln. Darunter sei auch Japan. Trump schrieb auf seinem Netzwerk Truth Social, dass ein Deal mit Südkorea kurz vor dem Abschluss stehe. Andere Vertreter der US-Regierung wiegelten ab. Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro wies in einem Gastbeitrag für die Financial Times die Möglichkeit von Verhandlungen zurück.

Die Europäische Kommission hat derweil ihre erste Antwort im Handelskonflikt mit den USA formuliert. In Reaktion auf die von der US-Regierung unter Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe in Höhe von 25 Prozent plant die EU, eine Reihe teils symbolträchtiger US-Produkte mit zusätzlichen Abgaben zu belegen. Die Mitgliedstaaten sollen an diesem Mittwoch über eine Liste mit Produktgruppen und entsprechenden Zollsätzen abstimmen. Daraufhin könnten diese Vergeltungszölle größtenteils Mitte Mai in Kraft treten. Bestimmte Güter sind von der ursprünglichen Liste gestrichen worden, nachdem mehrere EU-Länder zum Schutz empfindlicher Branchen in Brüssel interveniert hatten.

Mit neuen Einfuhrabgaben auf Stahl trifft die US-Regierung Importe aus der EU im Wert von etwa 26 Milliarden Dollar. Die EU hat im Gegenzug vorerst amerikanische Produkte im Wert von etwa 22,1 Milliarden Euro im Visier. Laut einer an die Mitgliedstaaten verschickten Liste mit Stand von Montagabend will die Kommission unter anderem Eisen, Stahl und Aluminium, Sojabohnen, bestimmte Boote und Fahrzeuge, Textilien und bestimmte Kleidungsstücke sowie verschiedene Arten von Make-up mit Zöllen von 25 Prozent belegen, ebenso Mandeln, Zuckermais, Reis, Orangensaft, Cranberrys, Tabak. Auf einige wenige Produkte sollen nur zehn Prozent erhoben werden.

Die EU hat den USA Zollfreiheit auf Autos und Industriegüter angeboten

Auffällig ist, was nicht mehr auf der Liste steht. Auf Druck der Regierungen in Paris, Rom und Dublin hat die Kommission Bourbon Whiskey, Wein und Milchprodukte ausgenommen. Trump hatte mit einer 200-prozentigen Abgabe auf europäischen Alkohol inklusive Wein gedroht, sollte die EU Bourbon mit zusätzlichen Zöllen belegen, was den europäischen Winzern und Spirituosenherstellern den Zugang zum US-Markt de facto versperren würde. „Wir betreiben hier nicht ein Geschäft von ‚wie du mir, so ich dir‘ oder ‚Pfennig um Pfennig‘“, sagte der für Handel zuständige EU-Kommissar Maroš Šefčovič am Montag und rechtfertigte so auch, dass die EU die US-Stahlzölle nicht in exakt gleicher Höhe vergilt.

Seit Samstag erheben die USA über die Zölle auf Stahl und Aluminium hinaus allgemeine Einfuhrzölle von zehn Prozent auf Importe aus zahlreichen Ländern. Daneben hat Trump individuell berechnete „reziproke“ Zölle von bis zu 50 Prozent gegen weitere Handelspartner verhängt. An diesem Mittwoch sollen nun – parallel zu den bereits geltenden Abgaben auf Stahl, Aluminium und Autos und vorbehaltlich weiterer Sektorzölle – 20 Prozent auf einen Großteil der Einfuhren aus der EU erhoben werden.

Mit Versuchen, Trump umzustimmen, hatten EU-Vertreter bislang keinen Erfolg. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gab am Montag bekannt, sie habe den USA Zollfreiheit auf Autos und Industriegüter angeboten. Šefčovič hatte das in mehreren Runden mit seinen Gesprächspartnern in Washington ins Spiel gebracht. Danach gefragt, ob das ausreichend sei, sagte Trump am Montag im Oval Office: „Nein, ist es nicht.“ Die EU sei im Grunde geschaffen worden, „um den USA im Handel zu schaden“. Zugleich forderte er, der Staatenbund müsse mehr Energie aus den USA kaufen. Das werde ein Schwerpunkt seiner Bemühungen sein, das Handelsdefizit mit der EU zu beseitigen.

Nach den Kurseinbrüchen am Freitag und Montag haben sich die Börsen am Dienstag zunächst stabilisiert. (Foto: Joachim Herrmann/Reuters)

In den Reihen der EU-Institutionen sieht man derweil keinen Grund zur Eile; man setzt zunächst auf die Verwerfungen an den Kapitalmärkten und den wachsenden Widerstand im Innern der USA. Man sollte Trump nicht die Gelegenheit geben, den Kurssturz und eine mögliche Rezession auf andere zu schieben, so die vorherrschende Meinung. Härtere Gegenmaßnahmen wie etwa solche gegen US-Digitalkonzerne oder die Finanzindustrie seien dann immer noch möglich, falls Trump in der Zwischenzeit weder von seinem Kurs abrückt noch Verhandlungen erfolgreich sind.

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