Teil-Einigung im Handelsstreit:Die schwierigen Gespräche kommen erst noch

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Trump und Chinas Staatspräsident Xi. (Foto: NICOLAS ASFOURI/AFP)
  • Die USA und China haben ihren Handelsstreit ein Stück weit deeskaliert.
  • Die Regierungen haben eine Teil-Einigung erzielt, bei der die USA einen Teil der bestehenden Zölle halbieren und China vermehrt amerikanische Waren kauft.
  • Trump brauchte die Einigung dringend - doch ob Peking seine Forderungen überhaupt umsetzen kann, ist alles andere als klar.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Phase eins, zweiter Versuch: Die USA und China haben sich auf ein erstes Teilabkommen zur Überwindung ihres seit mehr als anderthalb Jahren andauernden Handelskonflikts verständigt. Wie beide Regierungen am Freitag mitteilten, werden die USA im Zuge der Vereinbarung einen Teil ihrer bereits bestehenden Strafzölle auf chinesische Warenlieferungen halbieren. Im Gegenzug erklärte sich die Volksrepublik bereit, in großem Stil landwirtschaftliche Erzeugnisse, Industrieprodukte und Energieträger in den Vereinigten Staaten einzukaufen.

Damit ist die Gefahr vom Tisch, dass sich beide Regierungen bereits an diesem Sonntag mit neuen, umfangreichen Strafzöllen auf Importe aus dem jeweils anderen Land überziehen. Von den neuen amerikanischen Abgaben wären erstmals praktisch alle Verbrauchsgüter betroffen gewesen, darunter Computer, Videospielkonsolen und iPhones, die in China gefertigt werden. Die Volksrepublik hatte ihrerseits damit gedroht, zusätzliche Abgaben auf Weizen-, Mais-, Flugzeug- und andere Importe aus den USA einzuführen.

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Die jetzige Teilvereinbarung, die allerdings vor einigen Wochen schon einmal als angeblich perfekt verkündet worden war, ist sowohl für US-Präsident Donald Trump als auch für seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping von großer Bedeutung. Beide Staatschefs wären ohne eine Deeskalation des Konflikts Gefahr gelaufen, dass sich die Konjunkturentwicklung in ihren Ländern nur allein wegen der verbreiteten Unsicherheit über die Handelspolitik weiter abschwächt. Für Trump bot sich zudem die Gelegenheit, sich zum zweiten Mal binnen weniger Tage als erfolgreicher Verhandler in Wirtschaftsfragen zu inszenieren: Erst Mitte der Woche war es ihm gelungen, die Demokraten im US-Repräsentantenhaus dazu zu bewegen, dem reformierten Handelsabkommen USMCA zwischen den USA, Mexiko und Kanada zuzustimmen.

Zugleich brauchte Trump in dem langen Konflikt mit China ein erstes Abkommen, weil die Volksrepublik seit Ausbruch der Krise US-Agrarprodukte teilweise boykottiert und vielen Landwirten damit einen der wichtigsten ausländischen Absatzmärkte genommen hat. Zwar halten viele Farmer ihrem Präsidenten nach wie vor die Treue, immer mehr von ihnen sind jedoch hoch verschuldet. Zahlreiche Betriebe gingen gar pleite.

Allerdings fürchteten sowohl Trump als auch Xi offenbar bis zuletzt, dass ihnen jeglicher Vertrag daheim als Kniefall vor dem jeweils anderen ausgelegt werden könnte. Der US-Regierungschef hatte deshalb noch am Freitagmorgen einen Bericht des Wall Street Journal als "völlig falsch" zurückgewiesen, in dem es geheißen hatte, die USA seien im Zuge des sogenannten "Phase-eins"-Abkommens dazu bereit, die bestehenden Zusatzzölle von derzeit 15 bis 25 Prozent auf chinesische Warenlieferungen zu halbieren. Wenig später zeigte sich jedoch, dass die Informationen der Zeitung weitgehend korrekt waren. Zwar bleiben die 25-Prozent-Zölle vorerst erhalten, auf die meisten Produkte jedoch, die bisher mit einem Satz von 15 Prozent belegt waren, wollen die USA fortan nur noch siebeneinhalb Prozent erheben. Xi hatte einen solchen Schritt von Trump verlangt, um nicht als einziger dazustehen, der Kompromisse macht.

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Trump sprach von einer wunderbaren Vereinbarung für alle Beteiligten und kündigte an, umgehend mit den Verhandlungen über einen "Phase-zwei-Deal" zu beginnen. Diese dürften noch weitaus kontroverser als die schon schwierigen bisherigen Gespräche werden, denn diesmal soll es um den eigentlichen Kern der amerikanisch-chinesischen Auseinandersetzung gehen: den Versuch der Pekinger Führung, ihr Land mithilfe massiver staatlicher Subventionen sowie mit Ideenklau und Produktpiraterie an den USA vorbei zur Weltwirtschaftsmacht Nummer eins zu formen.

Xi hat bisher alle Forderungen abgelehnt, das Subventionsprogramm zum Ausbau künftiger Schlüsseltechnologien zu stoppen. Die staatlich geduldete, ja teilweise sogar verordnete Industriespionage chinesischer Firmen im Ausland soll zwar unterbunden werden, bisher fehlten jedoch überzeugende Vorschläge, wie ein solcher Verzicht überwacht werden kann.

Und auch bei der Umsetzung der Phase eins dürfte es noch Schwierigkeiten geben, denn manche Fachleute bezweifeln, ob China überhaupt in der Lage ist, US-Agrarprodukte in der von Trump gewünschten Menge abzunehmen. So war etwa die Nachfrage nach importierten Sojabohnen, die in der Volksrepublik zu Lebensmitteln, vor allem aber zu Viehfutter verarbeitet werden, zuletzt deutlich gesunken, nachdem die Schweinepest Millionen Tiere hinweggerafft hatte. Während in US-Regierungskreisen davon die Rede war, China werde allein im kommenden Jahr US-Agrarprodukte im Gesamtwert von 50 Milliarden Dollar kaufen, nannten Trump und der stellvertretende chinesische Wirtschaftsminister Wang Shouwen keine Zahl. Mei Xinyu, ein regierungsnaher Handelsexperte in Peking, warnte die Amerikaner vor verfrühtem Triumphgeheul und dem Schüren überzogener Erwartungen. "Die US-Seite redet zu viel", sagte Mei dem Wall Street Journal.

© SZ vom 14.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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