Wenn es um seine Steuerpläne geht, gerät Donald Trump ins Schwärmen. „Groß“ und „wunderschön“ nennt er sein Haushaltsgesetz, über das der US-Kongress in diesen Tagen berät. Trump will damit eines seiner wichtigsten Wahlkampfversprechen einlösen. Sofern die Abgeordneten zustimmen, dürfen sich die Amerikaner über Steuererleichterungen freuen. Nicht nur Kellnerinnen und Friseure müssen dann keine Steuern mehr auf ihr Trinkgeld zahlen, auch Vermögende profitieren stark.
Trumps Steuerpläne haben aber auch einen weniger angenehmen Nebeneffekt: Sie drohen noch weiter am Status der USA als führende Wirtschafts- und Finanzmacht zu kratzen. Mit Moody’s entzog am Freitag auch die letzte Ratingagentur den Vereinigten Staaten die Top-Bonität und begründete dies mit der hohen Staatsverschuldung. Die Bonität der USA liegt bei Moody’s nur noch bei „Aa1“ statt „Aaa“.
An den Börsen löste diese Entscheidung erneut Unruhe aus. Am Montag fielen die Aktienkurse. Alle wichtigen US-Indizes notierten zu Handelsbeginn im Minus. Besonders hoch waren die Verluste im Technologie-Index Nasdaq. Auch der Dax in Deutschland sank am Montag bis kurz vor Handelsschluss leicht. Dabei hatten sich die Börsenkurse gerade erst von den starken Verlusten im April erholt.
US-Konzerne leiden daneben nach wie vor unter der Unsicherheit infolge von Donald Trumps Zollpolitik. Der Handelsriese Walmart, der viele Waren aus China bezieht, kündigte Preiserhöhungen für diesen Monat an. Trump forderte das Unternehmen in einer sehr deutlichen Nachricht auf seiner Plattform Truth Social auf, die Zölle auf keinen Fall an die Kunden weiterzugeben. Er und die Walmart-Kunden würden die Situation genau beobachten. Eine ziemlich deutliche Warnung.
Auch die Renditen für US-Staatsanleihen stiegen erneut. Das bedeutet, dass die USA höhere Zinsen für ihre Schulden bezahlen müssen. Die Rendite für US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren kletterte auf mehr als fünf Prozent. „Moody’s sieht, dass das rasante Schuldenwachstum nicht gestoppt wird“, sagte George Lagarias, Chefökonom der Beratungsfirma Forvis Mazars.
Die Steuererleichterungen könnten die Schulden nach oben treiben
Das Vertrauen der Finanzmärkte in die Stärke der USA erodiert damit zunehmend. War es Anfang April die aggressive Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, die für einen Ausverkauf an den Bond-Märkten sorgte und die Zukunft des US-Dollar als Leitwährung infrage stellte, sind es nun die ambitionierten Steuersenkungspläne von Trump, die an der Kreditwürdigkeit der Weltmacht knabbern.
Nach Berechnung der amerikanischen Non-Profit-Organisation Tax Foundation könnten die Steuererleichterungen die Schulden der USA in den kommenden neun Jahren um weitere 4,5 Billionen erhöhen. Das entspräche jährlich rund sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die gesamte Verschuldung des Landes liegt schon jetzt bei 36 Billionen Dollar. US-Notenbankchef Jerome Powell und andere Beobachter warnen deshalb schon länger vor gefährlich hohen Staatsschulden.
Trumps Steuerpläne dürften die Krise nun noch verschärfen. Sie bedeuten Milliarden Dollar weniger Einnahmen für den Staat. Zwar dürften sich niedrigere Steuern nach Einschätzung von Experten positiv auf das US-Wirtschaftswachstum auswirken. US-Finanzminister Scott Bessent wies die Herabstufung der Bonität der USA als unbegründet zurück. Die geplanten Steuersenkungen würden das Wirtschaftswachstum ankurbeln, sagte Bessent am Sonntag zu CNN. Er beharrte darauf, dass das BIP schneller wachsen werde als die Schulden.
Unabhängige Berechnungen zweifeln daran. Sie gehen davon aus, dass auch die Einnahmen aus den von Trump verhängten Zöllen das Defizit nicht ausgleichen. Im US-Kongress sperren sich deshalb fiskal konservative Republikaner gegen das Haushaltsgesetz in seiner derzeitigen Form. Die Mehrheit der Republikaner dort ist nicht üppig. Dennoch schlugen sich die Kongressabgeordneten der Partei am Ende bislang immer auf die Seite von Donald Trump. Die weiteren Verhandlungen dürften auch von den Entwicklungen an den Finanzmärkten zu Beginn dieser Woche abhängen.
Das sinkende Vertrauen in den Wirtschafts- und Finanzstandort USA hat sich schon länger abgezeichnet. Moody’s war die letzte der drei großen Ratingagenturen, die den USA das Spitzenrating entzog. S&P Global Ratings ging diesen Schritt bereits im Jahr 2011, Fitch Ratings folgte im Jahr 2023. Ratingagenturen sind gewinnorientierte Privatunternehmen, die auf Basis von Bilanz- und anderen Finanzkennzahlen die Kreditwürdigkeit von Staaten und Unternehmen bewerten. Sie tun dies, indem sie die Anleihen dieser Emittenten gegen Gebühr benoten. Die Emittenten bezahlen diese Gebühr, denn die Finanzmärkte pochen auf eine Ratingnote. Sie schafft für die Investoren eine Vergleichbarkeit der Ausfallrisiken.
Ratings werden meist als Buchstabenkombination vergeben, wobei AAA für höchste Bonität und D für Zahlungsunfähigkeit steht. Die genaue Skala und die Kriterien unterscheiden sich zwischen den Agenturen. Die Idee einer Ratingagentur entwickelte John Moody Anfang des 20. Jahrhunderts zur Zeit des großen Eisenbahnbaus in den USA. Damals hatten Investoren Probleme, die Risiken einer Investition in den Schienenbau abzuschätzen. Nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2007/08 standen Ratingagenturen in der Kritik, nachdem sie die Pleite-Bank Lehman Brothers bis zuletzt als sichere Anlage beurteilt hatten.
Die Herabstufung der Bonität der USA setzte auch den Dollar und die US-Staatsanleihen unter Druck. Die Rendite der zehnjährigen US-Bonds stieg im Gegenzug zum fallenden Kurs auf 4,537 Prozent nach 4,440 Prozent am Freitag. Der Dollar-Index rutschte am Montag um 0,7 Prozent auf 100,384 Punkte ab.
Zur Dollar-Schwäche äußerte sich auch EZB-Präsidenten Christine Lagarde am Wochenende. Der jüngste Anstieg des Euro gegenüber dem Dollar sei eine Folge der unberechenbaren Politik von US-Präsident Donald Trump, sagte sie der französischen Zeitung La Tribune. „Es ist beeindruckend, dass in einer Zeit der Unsicherheit, in der der Dollar normalerweise deutlich an Wert gewonnen hätte, das Gegenteil passiert ist: Der Euro ist gegenüber dem Dollar gestiegen.“ Lagarde nannte dies aber auch eine Chance für Europa.