US-Wirtschaftspolitik:Der Trump-Express bekommt neue Heizer

US-Wirtschaftspolitik: Sie dürften Trumps protektionistischen Kurs weiter anheizen: Larry Kudlow (links) und Peter Navarro.

Sie dürften Trumps protektionistischen Kurs weiter anheizen: Larry Kudlow (links) und Peter Navarro.

(Foto: dpa(2))
  • Der zurückgetretene Wirtschaftsberater Gary Cohn galt als bremsendes Element im Team von Donald Trump.
  • An seine Stelle treten nun gleich zwei neue Männer, die den protektionistischen und nationalistischen Kurs des US-Präsidenten weiter anheizen dürften.
  • Larry Kudlow, Ex-Banker und TV-Kommentator, wird Chef-Wirtschaftsberater. Peter Navarro soll ihm als gleichberechtigter Handelsberater zur Seite stehen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Man muss sich das Weiße Haus als eine Art Dampflok vorstellen, die seit knapp 14 Monaten in Richtung Nationalismus, Protektionismus und Deregulierung unterwegs ist, dabei aber trotz viel Gekreische bisher nur langsam vorangekommen ist. Das aber könnte sich nun ändern, denn Zugchef Donald Trump will seinen bisherigen Bremser Gary Cohn nicht ersetzen, sondern stattdessen zwei zusätzliche Heizer einstellen: Larry Kudlow, Ex-Bankökonom und zuletzt Kommentator beim Fernsehsender CNBC, übernimmt Cohns Job als Chef-Wirtschaftsberater.

Ihm zur Seite steht künftig Peter Navarro, der vom zweiten ins erste Glied aufrückt und gleichberechtigt oberster Handelsberater wird. Für Amerikas Partner in aller Welt heißt das: Der Trump-Express wird seinen Konfliktkurs nicht nur beschleunigen, vielmehr wird auch die Stimmlage an Bord des Zuges noch einmal schriller werden.

Es war bisher gar nicht leicht, Navarro auf jenen offiziellen Fotos und Videos zu entdecken, die das Weiße Haus nach der Unterzeichnung eines Dekrets oder anderen präsidialen Großtaten routinemäßig verbreitet. Meist steht der 68-Jährigen ein Stück von Trumps Schreibtisch entfernt im Hintergrund, die Arme vor der Brust verschränkt, die Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben gezogen. Nie im Leben käme er auf den Gedanken, sich ins Rampenlicht zu drängen, alles an ihm wirkt freundlich, höflich, ja beinahe friedlich.

Doch mit dem Frieden ist es vorbei, sobald Navarro den Mund aufmacht und jene grelle Botschaft ertönt, die Wirtschaft und Politik seit Wochen in Atem hält: Die USA, sagt er, werden von aller Welt ausgenutzt, multilaterale Handelsverträge sind Selbstmord, Deutschland manipuliert den Kurs des Euro, Strafzölle sind ein ebenso legitimes wie sinnvolles Mittel der Politik. Doch richtig in Fahrt gerät der so asketisch daherkommenden Harvard-Absolvent erst, wenn die Rede auf China kommt: Glaubt man ihm, dann ist die Volksrepublik nicht einfach ein Rivale Amerikas. Navarro hält das Land vielmehr für einen aggressiven Hegemon, der mit Hilfe von Wechselkurstricks, der Fertigung fehlerhafter Massenware sowie der Verletzung von Handels-, Menschenrechts- und Umweltregeln nach der Weltherrschaft strebt. Für die USA, so hat Navarro in seinem Buch "Tod durch China" geschrieben, sei Peking die größte Bedrohung des 21. Jahrhunderts.

Dass ein solcher Mann in Trumps Blickfeld geriet, ist der Legende zufolge Jared Kushner zu verdanken. Angeblich beauftragte der damalige Präsidentschaftskandidat seinen Schwiegersohn 2015 damit, Ökonomen zu finden, die seine national-protektionistische Wirtschaftsagenda mittragen. Kushner tat sich zunächst schwer, doch dann stieß er beim Online-Händler Amazon auf Navarros Buch. Für Trump erwies sich die Anstellung des Volkswirts, der unter Kollegen als krasser Außenseiter gilt, als Glücksgriff, denn Navarro ist nicht nur ein Bruder im Geiste. Der Doktor der Wirtschaftswissenschaften versteht sich vielmehr auch als bescheidener, stets loyaler Diener seines Herrn. Trumps Intuition in Handelsfragen sei "immer richtig", erklärte Navarro erst vor Tagen in einem Interview. "Meine Aufgabe als Ökonom ist es, die zugrunde liegenden Analysen zu liefern, die seine Intuition bestätigen."

Einst neigte Navarro den Demokraten zu, dann packte ihn die Angst vor China

Das ist ein Verständnis von Beratung, das Kollegen wie Paul Krugman, linksliberaler Nobelpreisträger und selbst Freund drastischer Meinungen, geradezu wahnsinnig machen könnte. Das Weiße Haus, so Krugman, sei zu einem Ort verkommen, "wo Schleimer belohnt werden, die ihrem Boss nur das erzählen, was er hören will". So in Fahrt, bekam auch Kudlow gleich sein Fett weg. "Zumindest kann man sich auf ihn verlassen, nämlich dahingehend, dass er mit allem, was er sagt, verlässlich daneben liegt", schrieb Krugman.

Wie Navarro ist auch Kudlow ein Trump-Fan der ersten Stunde, allerdings einer, der aus einer ganz anderen Ecke kommt. Während Navarro einst das Surferleben in Kalifornien genoss und den Demokraten zuneigte, bis ihn die große Angst vor China ergriff, gehörte Kudlow zur Riege der damals jungen Ökonomen um Arthur Laffer, die in den achtziger Jahren den republikanischen Volkshelden Ronald Reagan berieten. Bis heute halten Laffer und er Steuersenkungen auf Pump für eine wachstumspolitische Wunderwaffe.

Entsprechend euphorisch fielen Kudlows Fernseh- und Radiokommentare aus, als Trump im Dezember jene Steuerreform unterzeichnete, die die Staatsschuld der USA in den kommenden Jahren um mehrere Billionen Dollar in die Höhe treiben könnte. Der neue Präsidentenberater hält solche Prognosen für Unsinn und sagt vielmehr ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum von drei bis vier Prozent voraus, das schließlich sogar zu Mehreinnahmen für den Staat führen werde.

Ausgerechnet beim Thema Weltwirtschaft gibt es einen Dissens

Auch beim geplanten Infrastrukturprogramm, bei der Beschränkung der Zuwanderung sowie der Abschaffung vermeintlich überflüssiger Auflagen für Banken und Industrieunternehmen steht der heute 70-Jährige fest an der Seite des ein Jahr älteren Präsidenten. Nur an einer Stelle gab es bisher einen Dissens - ausgerechnet beim Thema Weltwirtschaft: Als Republikaner alter Schule ist Kudlow überzeugter Freihandelsbefürworter, die geplanten US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte geißelte er entsprechend als "Steuererhöhungen für die amerikanischen Bürger" und als Gefahr für die Arbeitsplätze in der stahlverarbeitenden Industrie.

Seit Trump ihn öffentlich als Kandidaten für das Amt des obersten Wirtschaftsberaters pries, ist Kudlows Haltung in Sachen Zölle allerdings nicht mehr so klar. Und zudem: Für den Kampf gegen China, Deutschland und all die anderen Handelsfinsterlinge da draußen wird er im Weißen Haus gar nicht zuständig sein. Dafür hat der Präsident ja künftig Peter Navarro.

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