Süddeutsche Zeitung

US-Wirtschaft:T-Mobile einigt sich mit Sprint auf Fusion

  • Die Fusion der Telekom-Tochter T-Mobile mit dem US-Rivalen Sprint ist beschlossen. Das Gemeinschaftsunternehmen soll T-Mobile heißen.
  • Konzernchef Tim Höttges steht vor dem vielleicht größten Erfolg seiner Amtszeit, falls die Kartellbehörden und die US-Telekomaufsicht dem Milliarden-Deal zustimmen.
  • Die Telekom war 1996 schon einmal bei Sprint ein-, später jedoch wieder ausgestiegen.

Von Claus Hulverscheidt, New York, und Benedikt Müller, Düsseldorf

Das Leben schlägt zuweilen Volten, wie sie sich kein Regisseur schöner ausdenken könnte: Die amerikanische Telekomtochter T-Mobile US und ihr Rivale Sprint wollen fusionieren - und damit eine Ehe eingehen, die in den vergangenen 25 Jahren schon ein halbes Dutzend Mal angebahnt, geschlossen, in Frage gestellt und wieder geschieden wurde. Nun also versuchen es die beiden noch einmal, teilte die Deutsche Telekom am Sonntag mit - und wer weiß: Oft halten solche Zweitverbindungen ja besser als jene stürmischen Jugendlieben, die dann im rauen Alltag zerrieben werden. Die Fusion wird die Telekom mehr als 24 Milliarden Dollar (20 Milliarden Euro) kosten. Es wird allerdings kein Bargeld fließen; vielmehr sollen die Sprint-Eigentümer - allen voran der japanische Konzern Softbank, dem 85 Prozent gehören - Aktien an dem fusionierten Unternehmen erhalten. Die Telekom, die derzeit 63 Prozent an der Tochter TMUS hält, übernähme mit einer Kapitalbeteiligung von noch 42 und einem Stimmenanteil von 69 Prozent die Führung. Die neue Firma soll T-Mobile heißen und Mitte 2019 stehen.

Die Telekom war im Jahr 1996 schon einmal bei Sprint ein-, später jedoch wieder ausgestiegen. Stattdessen übernahm der Konzern im Jahr 2001 für knapp 40 Milliarden Euro die US-Anbieter Voicestream und Powertel. Doch die kleine T-Mobile US litt lange darunter, dass ihr Netz lückenhaft war und sie das beliebte iPhone von Apple zunächst nicht im Angebot hatte. Danach gelang es jedoch, mit hohen Rabatten mehr neue Kunden zu gewinnen als jeder andere Mobilfunker in Amerika. Mittlerweile ist T-Mobile US der größte Wachstumstreiber des gesamten Konzerns, knapp die Hälfte ihres Umsatzes erwirtschaftet die Telekom heute in den USA - und mehr als 40 Prozent ihrer Gewinne.

Konzernchef Tim Höttges steht mithin vor dem größten Erfolg seiner Amtszeit, falls die Behörden dem Deal zustimmen. Ob das klappt, ist aber auch diesmal nicht gewiss, denn die Zahl der landesweiten Mobilfunkanbieter in den USA würde mit der Fusion von vier auf drei schrumpfen. Nummer eins und zwei der Branche sind Verizon und AT&T, die auf 150 beziehungsweise gut 140 Millionen Kunden kommen. Mit insgesamt etwa 125 Millionen Kunden würde der kombinierte Konzern aus T-Mobile und Sprint nun zu den Marktführern aufschließen. Dies könnte freilich die Regierung von Präsident Donald Trump auf den Plan rufen, die Großfusionen bisher sehr skeptisch gegenübersteht. Das gilt vor allem, wenn eines der beteiligten Unternehmen - im konkreten Fall sind es sogar beide - von ausländischen Firmen kontrolliert werden. T-Mobile und Sprint argumentieren hingegen, dass die Unternehmen zusammen so stark sein werden, um 40 Milliarden Dollar in ein gemeinsames 5G-Netz zu investieren. Diese neue Technik ermöglicht es, große Datenmengen in Echtzeit zu übertragen; sie wird etwa für selbstfahrende Autos gebraucht. "Die neue T-Mobile wird mehr Menschen beschäftigen als beide Unternehmen einzeln und Tausende neue Jobs in Amerika schaffen", argumentieren die Partner. "Das neue Unternehmen erwartet, dass die Preise fallen werden, da der Wettbewerb anheizt." Die gewaltigen Investitionen sind ein Grund, warum derzeit viele Telekommunikationsfirmen fusionieren. So hatten beispielsweise hierzulande vor gut drei Jahren Telefónica und E-Plus fusioniert. Geführt werden soll der kombinierte Anbieter vom bisherigen T-Mobile-Chef John Legere, jenem charismatischen Manager mit braun gebranntem Gesicht und schulterlangen Haaren, der fast nie im Anzug, dafür umso öfter im Magenta-Shirt und mit Lederjacke auftritt. Sein Äußeres, gepaart mit der Leidenschaft zu lockeren Sprüchen, hatte im Telekom-Konzern mehrfach für Stirnrunzeln gesorgt. Wegen seiner Erfolge im Geschäft ließen die Bonner Oberen Legere aber stets gewähren.

Mit seinen markigen Aussagen erinnert der T-Mobile-Mann ein wenig an den früheren Telekom-Chef Ron Sommer, der den einstigen Staatskonzern im Jahr 1996 an die Börse geführt hatte. Als das Unternehmen kurz zuvor zum ersten Mal bei Sprint einstieg, platzte Sommer beinahe vor Stolz. Sein Unternehmen, so verkündete er damals, werde den Kunden künftig eine "Rundumbetreuung" bieten - vom "Taschenpiepser für Teenies" über das ISDN-Telefon für junge Erwachsene bis zur Betreuung durch Sprint für USA-Geschäftsreisende. Einige Jahre später musste der Konzernchef gehen. Seine Nachfolger wollen nun zeigen, dass sie es besser können.

125 Millionen

Kunden würde der kombinierte Konzern aus T-Mobile und Sprint haben - er wäre damit einer der ganz großen Marktführer in den USA. Das hat Folgen: Die Kartellbehörden dürften sich für einen Zusammenschluss interessieren, aber auch US-Präsident Donald Trump.

Höttges, der den Aufsichtsrat der neuen T-Mobile führen soll, erklärte am Sonntag, kein Telekommunikationskonzern werde so stark in den USA und Europa vertreten sein wie seines. "Die Telekom profitiert vom Wachstum auf beiden Seiten des Atlantiks", tönte er. Und wieder klang es so ein ganz klein wenig nach Ron Sommer.

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SZ vom 30.04.2018/fie
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