US-Wahl:"Das wird die Exportnation Deutschland zu spüren bekommen"

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Zeigt Donald Trump ein anderes Gesicht, sobald er sein Amt antritt? Oder macht er seine Ankündigungen wahr? Ökonomen sind verunsichert. (Foto: REUTERS)
  • Deutsche Ökonomen sind nach dem Sieg von Donald Trump verunsichert und rechnen mit einer Abschottung der USA.
  • Besonders beunruhigt sind sie über Trumps Einstellung zum Klimaschutz. Denn Trump will eine Rückkehr zu Kohle und anderen fossilen Energieträgern.

Von Jan Schmidbauer

Als die Welt merkte, dass Donald Trump der nächste Präsident der USA werden würde, kam es an den Finanzmärkten zu einem kräftigen Kurseinbruch. Es waren die schlimmsten Verluste seit dem Brexit-Votum im Juni. Der Dax verlor zu Handelsbeginn in Frankfurt etwa drei Prozent an Wert. Die sogenannten Index-Futures, die die mögliche Entwicklung des amerikanischen S&P 500 widerspiegeln, brachen um fünf Prozent ein. Inzwischen haben sich die Kurse erholt. Dennoch ist die Verunsicherung in der deutschen Wirtschaft groß.

Der Name Trump, er steht neben Abschottung, Populismus und Abkehr vom Klimaschutz vor allem für eines: Ungewissheit. Folgt nun ein Handelskrieg? Schotten die USA sich ab? Niemand weiß zu diesem Zeitpunkt, inwieweit Trump seine Ankündigungen wahrmachen wird und ob er sie umsetzen kann. Das macht deutsche Ökonomen nervös. "Wenn Trump zu machen versucht, was er im Wahlkampf so ziemlich wirr und zusammenhanglos erzählt hat, dann heißt das Abschottung, Isolation, Diskriminierung und explodierende Staatsverschuldung", sagt Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). "Die deutsche Wirtschaft wird nicht mehr so einfach auf die USA als Exportzielland Nummer 1 setzen können." Auch Clemens Fuest vom ifo-Institut warnt vor möglichen Folgen für die Handelsbeziehungen: "Wenn Trump die Handelsschranken durchsetzen könnte, die er angekündigt hat, wäre der Schaden groß", sagt er.

Die größte Sorge: Trumps ablehnende Haltung zum Freihandel

Auch bei Deutschlands größtem Versicherer Allianz stellt man sich auf unsichere Zeiten ein: "Mit Donald Trump zieht ein Präsident in das Weiße Hause ein, der außergewöhnlich hohe Unwägbarkeiten und Risiken für die Politik der nächsten Legislaturperiode mit sich bringt", sagt Chefvolkswirt Michael Heise. Selbst wenn die Realitäten des Amts sowie der Kongress als Korrektiv wirken könnten, sei der langfristige Wachstumsausblick für die US-Wirtschaft "eher negativ".

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), versucht zu beruhigen: "Natürlich wird es kurzfristig zu Verwerfungen an den Finanzmärkten kommen. Aber ähnlich wie nach dem Brexit-Votum der Briten werden sich die Wellen wieder glätten", sagt er. "Viele seiner verrückten Pläne - etwa in der Steuer- und Handelspolitik - wird Trump nicht umsetzen können. Wir haben eine funktionierende Demokratie in den USA. Auch der mächtigste Mann der Welt kann nicht tun, was er will."

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Die größten Sorgen der Ökonomen betreffen Trumps ablehnende Haltung zum Freihandel. Der kommende Präsident will Handelsabkommen neu aushandeln und Schutzzölle für Importe aus anderen Ländern erheben. Er ist der Meinung, dass das die US-Wirtschaft langfristig stärken wird. Für die Handelspartner der USA können die Folgen allerdings schmerzlich sein. "Darunter werden nicht nur Mexiko, Kanada und China leiden", sagt Commerzbank Chefvolkswirt Jörg Kramer. "Vielmehr wird er der gesamten Welthandelsordnung schweren Schaden zuführen." Der ohnehin stagnierende Welthandel, sagt Kramer, wird sich unter Trump nicht erholen. "Das wird die Exportnation Deutschland zu spüren bekommen, wenn der gegenwärtige konsumgetriebene Aufschwung in ein paar Jahren ausläuft."

"Schwarzer Tag für den Klimaschutz"

Schädlich könnte Trumps Sieg gewiss auch für die Bemühungen der Staaten beim Klimaschutz sein. Der nächste US-Präsident will sein Land unabhängig von Energieimporten machen. Er sieht das Heil in fossilen Energieträgern wie Erdöl, Erdgas und Kohle. "Für die internationale Energie- und Klimapolitik ist die Wahl ein Desaster", sagt Claudia Kemfert, Energieökonomin beim Forschungsinstitut DIW. Kemfert bezeichnet diesen 9. November 2016 als "schwarzen Tag für den Klimaschutz". "Wenn Trump wie angekündigt keine Klimapolitik mehr betreiben will, wird man das Klima nicht mehr retten können", sagt Kemfert. Auch aus wirtschaftlicher Sicht rechnet sie mit verheerenden Folgen.

Erst im September hatten die USA das historische UN-Abkommen von Paris ratifiziert und sich damit verpflichtet, die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Doch Trump hält nichts vom Klimaschutz. Er bezeichnete das Abkommen als "unfair" für die USA. Doch so einfach kann er sich aus dem Pariser Abkommen, das in seinen Grundzügen am Freitag inkraftgetreten ist, nicht zurückziehen. So ist in Artikel 28 des Abkommens geregelt, dass ein Austritt erst nach Ablauf von drei Jahren wirksam wird. Bis 2019 sind die USA also an die Klimaziele gebunden.

Und trotzdem dürfte sich die Welt langfristig darauf einstellen, dass es beim Klimaschutz deutlich langsamer vorangeht - und die energiehungrigste Nation auf die Bremse tritt. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), sagt es so: "Die Welt muss sich nun ohne die USA vorwärts bewegen auf dem Weg zur Begrenzung von Klimarisiken und zu sauberen Technologie-Innovationen."

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