US-Wahl und die Börse:Donald Trump ist der klare Wett-Favorit

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Hat jeden Tag viel zu erzählen: Der ehemalige US-Präsident und aktuelle Kandidat Donald Trump. Ungefiltert bekommen das Fans auf seiner Plattform "Truth Social" zu lesen, deren Börsenwert gerade massiv steigt. (Foto: JIM WATSON/AFP)

Der Aktienkurs von Donald Trumps eigentlich wertlosem Netzwerk „Truth Social“ legt kurz vor der Wahl eine Wahnsinnsrallye hin. Die Anleger wetten auf einen Wahlsieg von Trump.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Donald Trump wird die Wahl gewinnen; er wird der nächste Präsident der Vereinigten Staaten.

Das ist die Wette, die kurz vor dem Wahltag am 5. November viele Leute abschließen; und zwar derart viele, dass die Aktie mit Trumps Initialen DJT seit Wochenbeginn einen Wahnsinns-Höhenflug hinlegt – an der Tech-Börse Nasdaq wurde deshalb sogar immer wieder der Handel ausgesetzt. Kurz nach der Debatte mit Kamala Harris am 10. September war der Kurs abgestürzt, auf 12,15 Dollar. In den letzten 14 Tagen erholte sich das Papier massiv, der Wert stieg um das knapp Dreifache auf 35 Dollar. Seit Trumps Wahlkampf-Abschlussveranstaltung am Sonntag im Madison Square Garden von New York mit allerhand Rassismus, Sexismus und skurrilen Momenten (etwa der alternde Ex-Wrestler Hulk Hogan, der sein Shirt nur noch mit größter Anstrengung zerreißen kann) gibt es kein Halten mehr. Der Kurs bei Börsenschluss am Dienstag: 51,51 Dollar, mehr als das Vierfache des Tiefststandes.

Das Besondere bei dieser Aktie: Ihr Erfolg ist unmittelbar mit der Erwartung der Investoren verknüpft, dass Trump die Wahl gewinnt. „Ich habe so etwas noch nie gesehen, aber der Wert der Firma hängt quasi komplett vom Ausgang einer Wahl ab“, sagt Gene Munster, Mitgründer des Risikokapitalgebers Deepwater Asset Management. Die Höhe des Kurses spiegele die aktuelle Stimmung zur Wahl in Echtzeit wider. „Klingt verrückt, aber die Bewegungen der Aktie sind gerechtfertigt, weil es lediglich zwei vollkommen gegensätzliche Möglichkeiten gibt.“

Das Unternehmen an sich ist völlig uninteressant für Anleger; im ersten Halbjahr lag der Verlust bei 344 Millionen Dollar, bei einem Umsatz von gerade mal 1,6 Millionen Dollar. Die Börsenbewertung von mehr als zehn Milliarden Dollar ist dagegen mehr als der derzeitige Schätzwert von Elon Musks Twitter-Nachfolger X (neun Milliarden), das Berichten zufolge zwar auch Verluste, aber demnach zuletzt immerhin rund drei Milliarden Dollar Umsatz machte.

Trumps Rund-um-die-Uhr-Megaphon

Das einzige Produkt der Hülsenfirma Trump Media & Technology Group ist die Plattform Truth Social – offiziell ein soziales Netzwerk, de facto das digitale Megaphon für Trump. Vom Tag nach der Wahl an ist es entweder der Rund-um-die-Uhr-Live-Kanal der mächtigsten Person der westlichen Welt – oder der eines 78 Jahre alten Mannes ohne politisches Amt, der 24 Stunden am Tag darüber motzt, dass ihm die Wahl gestohlen worden sei.

Es soll ja Leute geben, die dieser Tage permanent nach aktuellsten Umfrageergebnisse suchen. Wer kapiert hat, wie die in den USA zustande kommen, könnte angesichts dieses Kopf-an-Kopf-Rennens auch einen feuchten Finger in den Wind halten oder sich auf ein Kraken-Orakel verlassen. Beim DJT-Papier setzen Leute echtes Geld auf oder gegen Trump; so wie bei Derivaten (die Handelsplattform Robinhood bietet seit Montag welche an als „Wette“ auf Trump oder Harris, die Kurse sehen die Wahrscheinlichkeit auf einen Trump-Sieg bei 60 Prozent) oder Wettbüros außerhalb der USA: Jemand aus Frankreich hat auf Polymarket über mehrere Accounts insgesamt 45 Millionen Euro auf einen Trump-Sieg gewettet; die Chancen auf einen Trump-Sieg liegen dort exakt eine Woche vor der Wahl bei 67 Prozent.

Trump ist also der klare Favorit bei den Zockern. Nur: Bei Meme-Stocks, und nichts anderes ist DJT, spielt Gruppendynamik eine gewichtige Rolle, also das gegenseitige Anstacheln zum Kauf bei Hoffnung auf weitere Höhenflüge – aber auch gemeinsame Panik vor Verlusten. „Wenn sich eine Niederlage von Trump andeutet, dürfte es zum freien Fall kommen“, sagt Munster. Es dürfte sich lohnen, die Aktie in den kommenden sieben Tagen und dann ganz besonders am Wahltag im Auge zu behalten.

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