US-Streitkräfte als Wirtschaftsfaktor:Ami stay here!

Noch gibt es in Deutschland rund 55.000 US-Soldaten. Da sie für die jeweiligen Gemeinden ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind, wollen Lokalpolitiker sie halten. Die Folgen eines Abzugs wären gravierend. Und doch: Einige sehen es unerwartet gelassen.

E. Maier

Fastfood und Bowling, dicke Autos und gewaltige Kühlschränke - schnell fallen einem Klischees zu US-Amerikanern ein. Wie genau der amerikanische Konsum in der Realität auch immer ausschauen mag, für die Wirtschaft einiger deutscher Gemeinden ist er enorm wichtig.

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In Deutschland stationierte US-Truppen bringen den jeweiligen Regionen viel Geld.

(Foto: dpa)

55.000 US-Soldaten sind in der Bundesrepublik stationiert, schon allein wegen der großen Zahl an Konsumenten hat das Thema eine wirtschaftliche Relevanz. Welche Bedeutung hätte ein Abzug der Streitkräfte?

Bund und Länder dürften rein rechnerisch nicht allzu viel gegen einen Abzug der Streitkräfte einzuwenden haben. Im Bundeshaushalt 2011 sind Ausgaben in Höhe von rund 50 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Stationierung ausländischer Streitkräfte aufgeführt.

Deutlich mehr Interesse am Verbleib der Truppen zeigen die Kommunen. Ein Beispiel ist das oberfränkische Bamberg. Rund 3000 Soldaten sind hier stationiert, zusammen mit Familienangehörigen sind es circa 7000 Amerikaner, die in Bamberg leben. Dass sie das noch möglichst lange tun, ist ein zentrales Anliegen von Oberbürgermeister Andreas Starke. "Die US-Amerikaner sind längst eine Bereicherung für uns." "Bereicherung" ist dabei, nicht nur, aber auch wörtlich gemeint. Starke macht daraus keinen Hehl.

Millionen von Euro und Hunderte Jobs

Es geht um bis zu 40 Millionen Euro pro Jahr, die Firmen aus der Region mit Aufträgen von den Amerikanern erwirtschaften. Es geht auch um rund 400 Zivilisten, die am Standort arbeiten und um Jobs, die sich am Rande der militärischen Präsenz entwickeln.

"Vom Handwerker bis zum Gastronomen, vom Taxifahrer bis zum Energieversorger, eine Vielzahl von Bamberger Firmen und Unternehmen profitieren von der guten und freundschaftlichen Zusammenarbeit mit den US-Amerikanern", lautet Starkes Fazit. Deswegen müssten sie bleiben. Bis 2013 ist der Stützpunkt sicher, was danach kommt, weiß keiner.

Munitionsdepot, Flugplatz, Kasernen - was soll aus den typisch militärischen Einrichtungen werden? Die Amerikaner bewirtschaften eine Fläche von mehr als 440 Hektar, das sind rund acht Prozent des gesamten Stadtgebietes. Falls die Stadt das Gelände nicht verkaufen kann, muss sie die Einrichtungen abreißen, umbauen oder auf eine sonstige Weise instand halten.

Im Vergleich zum Status quo sind es alles kostspielige Alternativen. Lediglich die Bamberger Mieter könnten sich freuen, da durch den Abzug auch nutzbare Immobilien frei werden und die akute Wohnungsnot lindern würden.

In Mannheim steht der Abzug fest

Was Bambergs Oberbürgermeister fürchtet und möglichst lange hinauszögern will, ist in Mannheim schon eingetreten. Dort steht die Deadline fest: 2015 sollen die letzten GIs die Stützpunkte verlassen, insgesamt müssen in der Region 8500 Amerikaner gehen. 750 deutschen Beschäftigten droht der Jobverlust.

"Es ist ein erheblicher wirtschaftlicher Aderlass, der uns bevorsteht" fasst Christian Specht, Erster Bürgermeister, das Dilemma zusammen. Die Soldaten brächten jährlich ein Kaufkraftvolumen von 150 Millionen Euro mit. "Wir sind eine starke Wirtschaftsregion, wir sind nicht monostrukturiert", sagt Specht. Dennoch hätte man den Stützpunkt und den Konsum gern behalten.

Zusätzlich zur wegfallenden Wirtschaftsleistung zeigt sich in Mannheim ein weiteres Problem. Allein dadurch, dass die Bevölkerungszahl um achteinhalbtausend Menschen schrumpft, gibt es weniger Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich. Pro Jahr sind es 6,5 Millionen Euro, die wegfallen. Insgesamt sei der Abzug "eine Herausforderung, die ohne die Hilfe von Bund und Land nicht geschultert werden kann", sagt Specht.

Nicht alle betroffenen Akteure in den Regionen sehen die Sache so dramatisch wie die Bürgermeister von Bamberg und Mannheim. Paradoxerweise betrachten in Bamberg die Kleinunternehmer einen möglichen Abzug gelassen.

So liegt der letzte große Auftrag von Elektro Wittner in Bamberg auf dem Armeegelände schon zwei Jahre zurück, damals ging es um einen Betrag von rund 100.000 Euro. Spätestens seitdem sei es ohnehin ruhig geworden mit amerikanischen Aufträgen für seine Firma, beschreibt Inhaber Peter Kießling.

"Wenn große Baumaßnahmen oder Renovierungen anstehen, gibt es öffentliche Ausschreibungen. Sonst kommt man da nicht wirklich rein." Für kleinere Aufträge hätten die Amerikaner bestimmte Betriebe, die sie irgendwann ausprobiert hätten und seitdem immer wieder engagieren würden. Es sei eine Art geschlossene Gesellschaft. Für die Masse der Betriebe habe der Stützpunkt jetzt schon eine geringe Bedeutung, sagt Kießling.

Thomas Loskarn betreibt eine Bäckerei direkt neben dem Bamberger Armeegelände. "Natürlich haben wir amerikanische Kunden. Das sind aber meist die Soldaten, die mit ihren Familien hier sind." Die normalen Soldaten würden sich auf dem Gelände verpflegen.

"Zusätzlich kommen noch die Handwerker oder Sicherheitsdienstleister dazu, die auf dem Gelände arbeiten und bei uns zu Mittag essen", beschreibt Loskarn. Da seine Bäckerei mehrere Standorte hat, macht er sich keine großen Sorgen. Und auch der Laden am Stützpunkt werde sicherlich nicht scheitern.

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