Süddeutsche Zeitung

US-Notenbank:Aufforderung zum Rechtsbruch

US-Präsident Trump verlangt von der Notenbank Fed einen Null-Leitzins, um die Zinslast im Haushalt zu senken. Sein Vorbild ist dabei die Bundesrepublik Deutschland.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Zu den vielen Dingen, die Donald Trump im Wahlkampf versprochen hat, gehört die Zusage, dass sich die Staatsschuld der USA unter seiner Führung gewissermaßen in Luft auflösen werde. Fast drei Jahre nach der Wahl kann man sagen: Ganz so weit ist es noch nicht. Im Gegenteil: Weil Trump die Firmensteuern senkte und die Ausgaben erhöhte, wird sich die Verschuldung nach offiziellen Prognosen bis 2028 nicht verringern, sondern auf fast 30 Billionen Dollar vereineinhalbfachen.

Nun jedoch hat der Präsident eine neue Idee präsentiert, wie sich zumindest die Zinslast im Haushalt senken lässt, die rund 390 Milliarden Dollar beträgt - pro Jahr. Trump forderte die Notenbank Fed über den Kurzmitteilungsdienst Twitter auf, die Leitzinsen unverzüglich "auf null oder darunter" zu senken. Die Regierung könne dann damit beginnen, auslaufende Staatsanleihen mit hoher Verzinsung durch unverzinste neue Bonds mit deutlich längerer Laufzeit zu ersetzen. Trumps Vorbild ist dabei Deutschland. "Die USA sollten immer die niedrigsten Zinsen bezahlen", schrieb er. Es sei allein der "Naivität" der Notenbank und ihres Chefs Jerome Powell geschuldet, dass die US-Regierung nicht das tun könne, was andere längst könnten.

Es ist nicht das erste Mal, dass Trump die Fed zur Verletzung ihres Mandats geradezu auffordert. Laut Gesetz besteht ihre einzige geldpolitische Aufgabe darin, für stabile Preise bei gleichzeitig möglichst hoher Beschäftigung zu sorgen. Nicht zu ihren Pflichten zählt es dagegen, die Regierung bei schuldenfinanzierten Steuersenkungen zu unterstützen. Auch die Europäische Zentralbank hat - anders als Trump glaubt - ihre Leitzinsen nicht auf null gesenkt, um Deutschland eine günstigere Kreditaufnahme zu ermöglichen, sondern um Konjunktur und Inflation anzuheizen.

Trump ist es seit jeher ein Dorn im Auge, dass die Fed unabhängig ist und ihm, im Gegensatz zu anderen Behörden, nicht zu Diensten sein muss. Unter seinen Anhängern kursieren bereits Verschwörungstheorien, die Notenbank wolle die Wiederwahl des Präsidenten 2020 verhindern. Dabei spiegeln die, verglichen mit Europa, höheren Leitsätze in den USA nur die bessere Wirtschaftsentwicklung in den Vereinigten Staaten wider. Trump jedoch sieht diese Zusammenhänge nicht. Es sei "eine einmalige Chance, die wir verpassen", schrieb er am Mittwoch, "wegen ein paar Dummköpfen".

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Quelle:
SZ vom 12.09.2019
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