Öl-Desaster:BP-Chef Hayward sagt nur noch: "Sorry"

Tony Hayward steht ein schwerer Gang bevor: Der BP-Chef muss dem Energieaussschuss des US-Kongresses die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes erklären. Der Brite gibt sich zerknirscht.

Dieser Tag wird hart für den Chef des Erdölkonzerns BP: Tony Hayward muss sich vor dem Energieausschuss des US-Repräsentantenhauses zur Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon verantworten, für elf Tote und die anschließende Ölpest im Golf von Mexiko. Er sei wegen der Katastrophe "am Boden zerstört" und sie tue ihm "zutiefst leid", ließ er in einer schriftlichen Erklärung kurz vor seinem Auftritt wissen.

Tony Hayward

Kein leichter Gang: BP-Chef Tony Hayward auf dem Weg zu seiner Unterredung mit US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus.

(Foto: ap)

In dem Papier, über das der US-Nachrichtensender CNN am Mittwoch vorab berichtete, gab Konzenchef Hayward zu, dass die Sicherheitsmaßnahmen und -technologien bei Tiefseebohrungen "deutlich" verbessert werden müssten. Er erklärt, dass die Katastrophe "niemals hätte geschehen dürfen". BP werde tun, "was wir können, um sicherzustellen, dass das nicht noch einmal passiert".

Auch der weitere Wortlaut des Papiers zeugt von Zerknirschung: "Ich begreife die schreckliche Realität der Situation voll und ganz." Die Unglücksursache sei noch nicht geklärt. Der BP-Chef spricht von einem komplexen Vorfall und einer noch nie dagewesenen Kombination von Problemen. Seine "Trauer" über das Unglück sei mit jedem Tag gewachsen, schildert er weiter.

Sparen für den Hilfsfonds

Bereits zuvor hatte sich der britische Konzern bereiterklärt, 20 Milliarden Dollar in einen Treuhandfonds für Geschädigte der Ölpest einzuzahlen. Aus diesem Topf sollen die Ölpest-Opfer entschädigt werden.

Ersetzen will BP Zerstörungen der natürlichen Ressourcen und Kosten für staatliche und regionale Einsätze. Geldbußen und Strafmaßnahmen sind ausgenommen. Wer wie viel Geld aus dem Fonds erhält, sollen eine unabhängige Schadensersatzbehörde, Gerichte oder BP selbst entscheiden. Sollte Geld übrig bleiben, erhält BP es zurück.Außerdem will BP 100 Millionen Dollar für Ölarbeiter bereitstellen, die durch die Katastrophe arbeitslos geworden sind.

BP gab auch eine Schätzung für die Belastung durch den Hilfsfonds für die Konzernbilanzen bekannt. Die Einzahlung von 20 Milliarden Dollar werde dreieinhalb Jahre dauern, teilte der Ölmulti mit. Im dritten Quartal werden demnach drei Milliarden Dollar überwiesen, im vierten Quartal zwei Milliarden Dollar. Bis Ende 2013 werde BP 1,25 Milliarden Dollar vierteljährlich einzahlen. Solange der Zahlungsplan läuft, will BP genauso viel Geld beiseitelegen.

Entschuldigung im Namen aller Beschäftigten

Diese Maßnahmen gestanden Hayward und der BP-Aufsichtsratsvorsitzende Carl-Henric Svanberg bei einem Treffen mit Präsident Barack Obama im Weißen Haus zu. Anschließend teilte Svanberg mit, dass BP angesichts der Katastrophen-Kosten vorläufig keine Dividenden an seine Teilhaber auszahlen werde. Er entschuldigte sich außerdem im Namen der BP-Beschäftigten für die Tragödie.

Dividende gestrichen, Aktie steigt trotzdem

Die Streichung der Dividenden gelte zunächst nur für die ersten drei Quartale dieses Jahres, konkretisierte BP später. Über eine Zahlung für das vierte Quartal werde im kommenden Frühjahr entschieden, wenn der Geschäftsbericht vorgelegt wird. Bis dahin wolle der Konzern ein klareres Bild über die eigenen Langzeitfolgen der Katastrophe haben.

Trotz aller Empörung in der Öffentlichkeit hatte BP lange gezögert, die Dividende zu streichen. Der Konzern fürchtet, dass etliche Pensionsfonds, die unter den Anteilseignern zu finden sind, dem Titel den Rücken kehren, wenn die Ausschüttungen ausbleiben. Das wiederum würde die Talfahrt der BP-Papiere beschleunigen und die Krise des Konzerns verschärfen. Doch am Donnerstag reagierten die Börsianer auf die Ankündigung des Hilfsfonds und die gestrichene Dividende mit Wohlwollen. Im frühen Handel legten die Anteilscheine in London um 6,80 Prozent auf 359,90 Pence zu.

Abgesehen von der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko geht es BP wirtschaftlich nach wir vor auch blendend. Die Einnahmen sprudelten weiterhin, bekräftigte der Konzern, der in Deutschland Aral anbietet. Ohne die Belastungen der Ölpest rechnen die Londoner in diesem Jahr mit mehr als 30 Milliarden Dollar aus der Förderung und Produktion. Im vergangenen Jahr waren es 24,8 Milliarden Dollar.

Sturm der Kritik

Um die verfügbaren Geldmittel zu erhöhen, will der Aufsichtsrat Investitionen deutlich drosseln und geplante Veräußerungen auf rund 10 Milliarden Dollar in den kommenden zwölf Monaten erhöhen.

Trotz aller Zugeständnisse muss sich BP-Chef Hayward bei seinem Auftritt vor dem Energie- und Handelsausschuss des Abgeordnetenhauses auf einen Sturm der Kritik einstellen. Der Konzernchef ist in den acht Wochen seit Beginn der Katastrophe in den USA sozusagen zum "Gesicht der bösen BP" geworden.

Nicht nur spielte er das Ausmaß des Desasters zunächst herunter, er beklagte sich auch darüber, wie zeitaufwändig der Kampf gegen die Katastrophe sei: "Ich will mein Leben zurückhaben." Obama selbst war so wütend auf Hayward, dass er noch vor kurzem in einem Interview sagte, dass er den BP-Chef schon längst gefeuert hätte - wenn er es könnte.

Der 53-jährige Brite Hayward steht seit Mai 2007 an der Spitze des BP-Konzerns. Der promovierte Geologe löste damals John Browne ab, der 2006 wegen seiner Kosteneinsparungen, Wartungspannen bei der Alaska-Pipeline sowie die Explosion einer texanischen Raffinerie mit 15 Todesopfern im Jahr 2005 in die Kritik geraten war.

Hayward, damals noch Executive Vice President und CEO der Upstream-Sparte bei BP, profilierte sich im Dezember 2006 mit einer öffentlichen Stellungnahme, sie prangerte den rigiden Führungsstil Brownes an.

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