US-Finanzminister:"America First" auch in Berlin

German Finance Minister Schaeuble Meets New U.S. Treasury Secretary Mnuchin

Vorerst sind beide ausgesprochen höflich zueinander: Die Finanzminister Deutschlands und der USA, Wolfgang Schäuble und Steven Mnuchin, bei ihrem ersten Treffen.

(Foto: Getty Images)
  • Bei ihrem ersten Treffen beschwören Wolfgang Schäuble und Steven Mnuchin die deutsch-amerikanische Freundschaft.
  • Inhaltlich sind die Differenzen zwischen den Finanzministern Deutschlands und der USA jedoch beträchtlich.
  • Ein Bekenntnis zum Freihandel und gegen Protektionismus gibt es von Mnuchin daher nicht.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Schon am Gewimmel vor dem Bundesfinanzministerium in der Wilhelmstraße ist zu erkennen: Es dürfte ein besonderer Gast bei Wolfgang Schäuble sitzen. Ein knappes Dutzend Motorräder, mehrere schwarze Limousinen und Personal am Eingang, das den vorbeifahrenden Wagen winkend bedeutet, nicht stehen zu bleiben. Für den amerikanischen Finanzminister Steven Mnuchin gilt die höchste Sicherheitsstufe.

Es ist 18.15 Uhr, als die Kameras klicken. Der Gast Mnuchin schreitet in den Saal im Finanzministerium auf die Bühne, Schäuble ist hinter ihm. Es folgen mehr als ein Dutzend Fachbeamte, alle mit Aktenmappen unter dem Arm. Die Minister müssen tatsächlich über Sachthemen geredet haben.

Vorerst sind beide ausgesprochen höflich zueinander. Schäuble spricht von der "großen Freude", Mnuchin in Berlin zu begrüßen. Mnuchin freut sich, in Berlin zu sein. Schäuble spricht davon, eine "sehr freundschaftliche, offene und harmonische Diskussion" gehabt zu haben. Mnuchin betonte die "starke Partnerschaft". Aber auch, dass es für die USA "essentiell sei, eine Führungsrolle in der Weltwirtschaft" zu spielen. Was das genau bedeutet, bleibt im Vagen.

Der amerikanische Finanzminister, das bestätigt er am Donnerstag in Berlin selbst, hatte um das Treffen mit Schäuble gebeten. Er wollte den Bundesfinanzminister bilateral sprechen, jenseits der ohnehin geplanten Gespräche in Baden-Baden, wo am Freitag und Samstag die Finanzminister und Notenbankchefs der G-20-Staaten beraten werden über die Aussichten für die Weltwirtschaft, über Finanzmärkte, Handelsbilanzen und Steuerpolitik. Die große Unbekannte bei dem Treffen ist die neue US-Regierung.

Für Schäuble und die gesamte Bundesregierung ist das doppelt ungünstig. Einmal, weil Deutschland als größte Volkswirtschaft und Exportweltmeister spürbar von etwaigen protektionistischen Maßnahmen der US-Regierung betroffen sein wird. Außerdem, weil Deutschland in diesem Jahr die G-20-Präsidentschaft innehat und damit Gastgeber für das Treffen ist. Schäuble muss damit die Interessen der Gäste aus den zwanzig mächtigsten Volkswirtschaften moderieren statt eigene Themen durchzusetzen.

Während Mnuchin und Schäuble in Berlin sprechen, laufen in Baden-Baden die Verhandlungen um die gemeinsamen Absichtserklärungen heiß. Wie aus verschiedenen Delegationen verlautet, ist nicht nur die Handelspolitik strittig. Normalerweise findet sich in der Abschlusserklärung stets ein Bekenntnis zum Freihandel und gegen Protektionismus. Darauf drängen auch dieses Mal einige Staaten, darunter Frankreich und Kanada. Die USA lehnen dies ab. Ihr neuer Präsident Donald Trump ist kein Freund des Freihandels.

Und am Ende grinst Mnuchin

Die Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs sind das eigentliche Herz der G-20. Einst gegründet in der Finanzkrise, haben sie sich seither als Forum bewährt, in dem die größten Volkswirtschaften und deren Organisationen, Instrumente und Wege zur Bewältigung von Krisen und effektive Frühwarnsysteme diskutierten. Über die Jahre gab es gewichtige politische Beschlüsse, etwa um Währungskriege zu verhindern, Finanzmärkte, Finanzprodukte und Finanzinstitute zu regulieren oder Steuerschlupflöcher zu schließen. In diesem Jahr ist nichts dergleichen zu erwarten. "Wir können froh sein, wenn wir Erreichtes halten", heißt es in deutschen Verhandlungskreisen.

Ob Schäuble und Mnuchin eine gemeinsame Basis gefunden haben, ist auch nach ihrem ersten Treffen unklar. Mnuchin sitzt über dreißig Minuten mit beinahe unbewegter Miene auf der Bühne und verweist immer wieder darauf, was sein Präsident plane. Alle Vorhaben stünden unter der Prämisse, Arbeit und Wachstum zu schaffen in den USA. "Das ist gut für uns und für den Rest der Welt."

Von einem Währungskrieg will er nichts wissen, den deutschen Handelsbilanzüberschuss nicht bewerten. "Das ist Sache der Deutschen". Und die Grenzeintritts-Steuer, also die Steuer auf Importe, wird es die geben? "Sie ist eine Option von mehreren, die wir prüfen", sagt Mnuchin.

Dass der Euro eine manipulierte Währung sein könnte, wie sein Chef in einem Interview behauptet hatte, verneint er indirekt. "Der Euro ist eine Währung, die von vielen Ländern genutzt wird. Das können wir nicht mit dem Dollar vergleichen, der von einem Land kontrolliert wird." Schäuble lächelt dazu. Und ganz am Schluss, als er zu den Beziehungen der USA zur Europäischen Union befragt wird, zieht sich auch ein breites Grinsen über Mnuchins Gesicht. Diese komplizierte Frage könne nur kompliziert beantwortet werden. Die USA pflegten Beziehungen sowohl zur EU als Gemeinschaft, als auch zu jedem einzelnen Land. Was immer das bedeuten mag.

Nach einem gemeinsamen Abendessen trennen sich Wege der Minister vorerst. Schäuble fliegt nach Baden-Baden, Mnuchin bleibt in Berlin.

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