Süddeutsche Zeitung

US-Banken:Ex-Merrill-Chef muss gehen

Kurz nach der Übernahme verlässt John Thain die Bank of America. Nachfolger wird der Topmanager Brian Moynihan, der bisher die Investmentabteilung der Bank leitete.

Die Bank of America (BoA) zieht nach ihrem Rekordverlust personelle Konsequenzen. Drei Wochen nach der im Eilverfahren vollzogenen Übernahme der Investmentbank Merrill Lynch entließ sie am Donnerstag den früheren Merrill-Chef John Thain (53) mit sofortiger Wirkung. Nachfolger wird der 49-jährige Topmanager Brian Moynihan, der bis zur Fusion bei der BoA die Investmentabteilung leitete. Die BoA-Aktien stürzten nach Bekanntwerden des Rücktritts um mehr als zwölf Prozent ab.

Rekordverlust von 15 Milliarden Dollar

Thain habe gemeinsam mit Vorstandschef Kenneth Lewis festgestellt, dass eine Zusammenarbeit nicht funktioniere, teilte das Institut nach einer Unterredung der beiden in New York mit. Lewis hatte sich in der vergangenen Woche entsetzt über das Ausmaß risikobelasteter Hypotheken und Schulden geäußert, die Merrill Lynch mit in den Konzern brachte. Wegen der Mitgift machte die BoA im vierten Quartal einen Rekordverlust von über 15 Milliarden Dollar und drohte mit einem Rückzug aus der Partnerschaft. Die US-Regierung half dem Institut mit einer Finanzspritze von 20 Milliarden Dollar und umfangreichen Garantien. Zuvor hatte es Berichte gegeben, das schwer angeschlagene Bankhaus Merrill Lynch habe trotz der Milliardenverluste großzügige Jahresboni an das Management ausgezahlt.

Büroeinrichtung für 1,2 Millionen Dollar

Nach dem Zusammenschluss mit der BoA war Thain in dem neuen Finanzkonzern zuständig für das weltweite Bankgeschäft, das Wertpapiergeschäft und die Vermögensverwaltung. Er galt zudem als möglicher Nachfolger des 61-jährigen Lewis. Thain führte Merrill Lynch seit Dezember 2007. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt soll er einem Bericht des Fernsehsenders CNBC zufolge sein Büro für mehr als 1,2 Millionen Dollar neu ausgestattet haben. Thain strich im vergangenen Jahr ein Gehalt von 83 Millionen Dollar ein.

Nach Ansicht vieler Investoren und Analysten verlief die Übernahme von Merrill Lynch übereilt. Auch der Kaufpreis von 24 Milliarden Dollar ist in ihren Augen überhöht. Daher laufen mehrere Klagen gegen die Bank of America. Im Kreuzfeuer der Kritik stand vor allem Vorstandschef Lewis. Dieser hatte erklärt, hochrangige Regierungsvertreter hätten ihn zum schnellen Abschluss der Übernahme gedrängt.

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SZ vom 23.01.2009/Reuters/iko/mel
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